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Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff
Autoren: James Gunn
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auseinander, die einzelnen Teile versagen.«
    »Sein Vater wurde einundneunzig, seine Mutter sechsundneunzig.«
    Dr. Pearce sah Jansen gleichmütig an. »Sie haben nicht eine Million Dollar gemacht. Wir leben in einer Zeit, die gegen jede Krankheit ein Mittel weiß, aber dafür muß ein Preis entrichtet werden. Die Belastung des modernen Lebens reißt uns auseinander. Jede Million, die Weaver gemacht hat, kostet ihn fünf Jahre.«
    »Was wollen Sie tun – ihn einfach sterben lassen?«
    Dr. Pearces Augen waren ebenso kalt wie die seines Gegenübers. »Wir führen so schnell wie möglich eine Bluttransfusion durch. Hat er Verwandte oder enge Freunde?«
    »Niemand, der ihm nähersteht als ich.«
    »Wir brauchen einen Liter Blut für jeden halben, den Weaver bekommt. Kümmern Sie sich darum.«
    »Mr. Weaver bezahlt alles, was er braucht.«
    »Er wird es ersetzen, wenn es irgend geht. Das ist Vorschrift hier.«
    Jansen wich seinem Blick aus. »Im Büro werden sich Freiwillige genug melden.«
    Als Dr. Pearce gegangen war, sagte Jansen: »Können wir nicht einen anderen bekommen? Er gefällt mir nicht.«
    »Das kommt nur daher, weil er härter ist als Sie«, meinte Easter leichthin. »Er wäre ein guter Gegner für Weaver gewesen, zu seiner Zeit.«
    »Er ist zu jung.«
    »Deshalb ist er ja gut. Der beste Fachmann für Geriatrie im Mittelwesten. Er kann objektiv sein und über der Sache stehen. Alle Ärzte bedürfen einer Spur Rücksichtslosigkeit. Pearce braucht mehr als andere.«
    Easter sah Jansen lächelnd an. »In unserem Alter wird man weichherzig und dem Tod gegenüber subjektiv.«
     
    Die Anforderung über einen halben Liter Blut traf bei der Blutbank ein. Die übliche Prozedur begann. Eine Assistentin aus dem Labor im Erdgeschoß entnahm einer Vene des alten Mannes fünf Kubikzentimeter Blut, das beinahe purpurrot den schmalen Zylinder der Spritze füllte.
    Der alte Mann bewegte sich nicht. Seine Atmung klang röchelnd.
    Am Labortisch stellte die Assistentin die Blutgruppe fest. Sie schrieb die Angaben auf ein Formular: Name des Patienten, Datum, Zimmernummer, behandelnder Arzt … Gruppe 0. Rhesusfaktor negativ.
    Die Assistentin öffnete die rechte Tür des Kühlschranks und studierte die Etiketten der Flaschen im mittleren Fach. Sie nahm eine heraus und vermerkte auf dem Formular den Namen des Spenders, die Nummer der Flache, die Blutgruppe und den Rhesusfaktor.
    Dann ließ sie Blut vom Spender und vom Patienten in zwei kleine Reagenzgläser tropfen. Ein Tropfen des Spenderserums in das Blut des Patienten: die roten Blutkörperchen formten sich nicht zu Klumpen, und sogar unter dem Mikroskop nach der Zentrifugierung zeigten sich die Blutkörperchen gleichmäßig verteilt. Ein, zwei Tropfen des Patientenserums in das Blut des Spenders, und die Gegenprobe war bestanden.
    Die Assistentin unterschrieb das Formular und verständigte die Stationsschwester telefonisch, daß das Blut zur Abholung bereitstehe. Die Schwester holte es wenige Minuten später ab. Die Assistentin schrieb auf ein rotumrandetes Etikett:
     
    ›Für
    Leroy Weaver
    9.4.
    Zimmer 305
    Dr. Pearce‹
     
    und klebte es neben das Originaletikett auf die Flasche. Die Stationsschwester nickte und nahm die Flasche mit.
    Dr. Pearce studierte das Krankenblatt. Er nahm sich den Bericht des hämatologischen Laboratoriums vor. Blutbild: 2,360000 mm 3 . Anämie. Schlimmer als er vermutet hatte. Das Zwölffingerdarmgeschwür blutete stark.
    Die Transfusion würde nützlich sein. Vorübergehend nur, aber mehr ließ sich nie erreichen. Letzten Endes war alles eine Frage der Zeit. Vielleicht würde sich Weaver soweit erholen, daß er Nahrung zu sich nehmen konnte. Es mochte durchaus sein, daß er sie alle überraschte und das Krankenhaus lebend verließ.
    Er nahm die Krankenakte und ging den langen, stillen Korridor entlang, in dem es roch wie in allen Krankenhäusern: nach Alkohol und Äther. Er öffnete die Tür zum Zimmer 305 und trat in die Kühle. Er nickte der diensttuenden Schwester zu, die nicht zum Krankenhauspersonal gehörte. Sie war eine von drei Pflegeschwestern, die Jansen engagiert hatte.
    Dr. Pearce nahm das Fieberkurvenblatt und starrte es an. Keine Veränderung. Er betrachtete das Gesicht des alten Mannes. Die Atmung war nicht besser geworden; verfärbte Lider verbargen immer noch seine eingesunkenen Augen.
    Wer war er? Sein Name: fünf Millionen Dollar. Die Personifizierung des Geldes. Er erfüllte keinen nützlichen Zweck. Er tat nichts für
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