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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder
Autoren: Wolfgang Burger
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denen kommt ja zurzeit nicht viel Gutes, nicht wahr? Jung ist er gewesen. Zwanzig, maximal fünfundzwanzig. Und schlank und nicht besonders groß. Dunkelhaarig, sagte ich das schon? Und so einen stechenden Blick hat der gehabt, ist einem durch und durch gegangen.«
    Â»Wann haben Sie den jungen Mann zum ersten Mal hier gesehen? Und wann zuletzt?«
    Â»Zum ersten Mal …« Er dachte nach, ohne den Blick von dem immer noch qualmenden Wrack zu wenden. »Anfang der Woche dürfte das gewesen sein. Montag oder Dienstag.« Endlich sah er mir ins Gesicht. »Und zuletzt? Vor einer halben Stunde vielleicht. Vorhin ist er jedenfalls noch da gewesen, da bin ich mir sicher. Jetzt ist er natürlich verschwunden.«
    Unwillkürlich sahen wir uns beide um, aber ein Mann, auf den die Beschreibung passte, war nirgendwo zu entdecken.
    Â»Wo hat er gestanden?«
    Â»Immer da drüben.« Mein Gesprächspartner deutete auf die Ecke der Bank, wo sich der Eingang befand und die Schröderstraße in die Brückenstraße mündete.
    Â»Und was hat er gemacht?«
    Â»Na, geguckt.«
    Â»Wohin?«
    Â»Da rüber!« Eine ungeduldige Handbewegung zur gegenüberliegenden Straßenseite hin. »Der baldowert was aus, habe ich mir schon am ersten Tag gedacht. Hat nicht viel gefehlt, und ich hätte die Polizei gerufen. Hab ich dann aber doch lieber gelassen. Man weiß ja, wie das ist mit den Ausländern.«
    Aus irgendeinem Grund, und nicht nur wegen seines Körpergeruchs, war mir der Mann unsympathisch. Deshalb klang es vermutlich nicht allzu freundlich, als ich fragte: »Wie ist es denn so mit den Ausländern?«
    Â»Na ja, am Ende steht man als ausländerfeindlich da. Und deshalb habe ich dann doch nicht angerufen. Und jetzt ist es zu spät. Jetzt haben wir den Salat.«
    Die Löscharbeiten waren beendet, die Feuerwehrleute schon dabei, ihre Gerätschaften zusammenzupacken. Ich pickte mir den Ranghöchsten meiner immer zahlreicher werdenden uniformierten Kollegen heraus, einen Polizeihauptmeister mit Eselsgesicht, und gab einige Anweisungen.
    Â»Das Wrack absperren, damit keiner anfängt, hier Souvenirs zu sammeln. Zeugen identifizieren. Niemand geht hier weg, bevor seine Personalien aufgenommen sind und gegebenenfalls seine Aussage notiert ist. Ich erwarte später eine Liste von Ihnen mit sämtlichen Namen und allen Fahrzeugen, die in der Straße parken. Außerdem lassen Sie in den umliegenden Häusern an jeder Tür klingeln und fragen, ob jemand zufällig aus dem Fenster gesehen und etwas beobachtet hat. Und, ach ja, fordern Sie die Spurensicherung an und einen Brandsachverständigen.«
    Der überrumpelte Kollege, so viel Verantwortung sichtlich nicht gewohnt, nickte betroffen zu jedem meiner Sätze.
    Â»Wird gemacht«, stammelte er. »Sie können sich auf mich verlassen, Herr Kriminaloberrat.«
    Vermutlich hatte er die Hälfte schon wieder vergessen.
    Â»Da können Sie gleich bei mir anfangen«, erklärte der Glatzkopf fröhlich. »Ich habe zwar nichts gesehen, aber umso mehr gehört. Ich wohne nämlich zwei Stockwerke über der Bank. Ehrlich gesagt, ich dachte, das Haus stürzt ein!«
    Große Dieselmotoren wurden angelassen. Die Feuerwehr rückte ab. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass die Alarmsirene schon seit Sekunden schwieg. Der schwarz uniformierte Mitarbeiter eines privaten Wachdienstes, der sie ausgeschaltet hatte, kletterte eben wieder in seinen ebenfalls schwarzen Kleinwagen. Ich lief zu ihm, packte ihn am Ärmel.
    Â»Bei der Bank ist alles in Ordnung?«, fragte ich.
    Er strahlte mich mit sonnigem Lächeln an. »In bester Ordnung sogar. Waren nur die Glasbruchsensoren an den Scheiben, die den Alarm ausgelöst haben.«
    Er nickte mir freundlich zu und fuhr davon.
    Auch ein erster Pressefotograf war inzwischen aufgetaucht und schoss aus allen denkbaren Perspektiven Fotos vom sensationellen Event-»Bombenanschlag in Heidelberg«. Ich sah die Schlagzeilen schon vor mir. »Al-Qaida jetzt auch in der Kurpfalz?«
    Mitdenkende Kollegen hatten inzwischen die Straße mit Flatterband abgesperrt, wodurch natürlich auch der Straßenbahnverkehr zum Erliegen gekommen war. Aber daran war im Moment nichts zu ändern. Die Fahrer der Wagen, die nicht weiterkamen, versuchten zu wenden, was den meisten auch gelang. Allmählich kehrte wieder so etwas wie Ordnung und vor allem Ruhe
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