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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder
Autoren: Wolfgang Burger
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Gegenwart angekommen.
    Der junge Mann war größer als ich, schlaksig und muskulös zugleich und im Augenblick etwas blass um die Nase. Wie viele Großgewachsene versuchte er sich kleiner zu machen, indem er den Rücken beugte und den Kopf nach vorne neigte. Er trug einen hellgrauen Anzug und schwarze Halbschuhe aus einem jener Läden, in deren Schaufenstern die Preisschildchen immer so liegen, dass man sie nicht entziffern kann.
    Â» War meine Karre, muss man ja wohl sagen«, zeterte er. »Zahlt bei so was eigentlich die Versicherung?«
    Der Besitzer des Cayenne war dunkelhaarig und rollte das R, als stammte er aus dem Osten. Ansonsten war sein Deutsch nahezu akzentfrei. Auch seine kräftigen Hände waren dunkel behaart, an der Rechten protzte ein Siegelring. Und wenn er nicht gerade dabei zusah, wie sein geliebtes Auto sich in einen rußigen Schrotthaufen verwandelte, war er vermutlich gut gebräunt im Gesicht. Seine goldene Armbanduhr war gewiss mehr wert als mein altes Auto.
    Â»Ah!«, rief der Glatzkopf erfreut. »Die Bullerei ist auch schon da!«
    Gleich zwei Streifenwagen bremsten. Die Kollegen hatten sich offenbar während der Fahrt per Funk abgesprochen. Einer stellte sich etwa fünfzig Meter nördlich vom Ort der Explosion quer, der zweite ein Stück weiter südlich. Die Kollegen sprangen aus ihren Wagen und begannen, mit energischen Bewegungen den sich stauenden Verkehr weiterzuwinken, um Raum für die anrückende Feuerwehr zu schaffen. Und die kam auch schon. Der Jeep mit dem Einsatzleiter vorneweg, gefolgt von zwei schweren Gerätewagen.
    Die Martinshörner erstarben, und sofort hörte man wieder das nervenzermürbende Gejaule der Alarmanlage. Türen sprangen auf, Männer in schweren Monturen begannen, ohne Hast und Aufregung das zu tun, was sie schon tausendmal getan hatten.
    Â»Also, echt, Mann!« Der junge Mann im teuren Anzug trat mit dem Fuß auf wie ein trotziges Kind. »Diese dreimal verfickten Drecksäue!«
    Ich hielt ihm meinen Dienstausweis unter die Nase.
    Â»Gerlach, Kriminalpolizei«, erklärte ich dem verdutzten Angebertypen. »Können wir uns irgendwo unterhalten, wo es ein bisschen ruhiger ist?«
    Zwei uniformierte Kollegen kamen auf mich zugelaufen. Ein älterer, bulliger Mann und eine schmale, vielleicht dreißigjährige und offensichtlich gut trainierte Frau.
    Â»Sie?«, fragte der Mann keuchend. »Was macht denn der Kripochef persönlich hier? Und wie sind Sie überhaupt so schnell hergekommen?«
    Ich berichtete den beiden in knappen Worten, was in den letzten Minuten geschehen war.
    Â»Wenn das mal kein Anschlag auf Sie gewesen ist, Herr Kriminaloberrat!«, stieß die Kollegin mit runden Augen hervor.
    Â»Wie kommen Sie denn auf so was?«
    Noch während ich sprach, wurde mir bewusst, dass ihre Befürchtung nicht völlig unberechtigt war. In Sekundenschnelle ging ich die letzten Wochen und Monate durch. Wen hatte ich ins Gefängnis gebracht? Wer hatte mir gedroht, Verwünschungen ausgestoßen? Es fiel mir niemand ein. Als Täter kam natürlich auch jemand in Frage, den ich längst vergessen hatte. Der vor Jahren Rache geschworen hatte und vielleicht erst seit Kurzem wieder auf freiem Fuß war. Als Kripobeamter macht man sich eine Menge Feinde über die Jahre.
    Zwei behelmte Männer näherten sich dem brennenden Cayenne – den man inzwischen kaum noch als solchen erkannte – mit großen Feuerlöschern in den Händen. Schaum schoss ins Feuer. Tausendmal mehr Schaum als vorhin aus meinem Spielzeug.
    Und dann war es auch schon vorbei.
    Das Feuer war aus.
    Nur die Alarmanlage der Bank schien niemals wieder verstummen zu wollen.

2
    Â»Worauf haben Sie gewartet?«, fragte ich den immer noch schwitzenden Glatzkopf.
    Â»Was?« Verständnislos sah er mich an. »Wie?«
    Â»Sie sagten eben, Sie hätten praktisch damit gerechnet, dass hier mal etwas passiert.«
    Â»Ach, das.« Er wandte den Blick ab. Machte eine fahrige Bewegung zur Straße hin. »In letzter Zeit hat sich hier so ein komischer Kerl rumgetrieben. Mir war im ersten Moment klar, der führt nichts Gutes im Schilde, so …« Er schluckte. »Na ja, wie der ausgesehen hat.«
    Â»Wie genau hat er denn ausgesehen?«
    Â»Irgendwie südlich.« Er hob die gut gepolsterten Schultern. »Ich habe ihn für einen Araber gehalten, ehrlich gesagt, und von
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