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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant
Autoren: Terry Pratchett
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wurde.«
    »Ich dachte, es sei verboten…«, begann Mumm.
    »Gestern habe ich angeordnet, die alten Silberminen wieder zu
    öffnen«, sagte der König freundlich. »Es schien mir ein günstiger
    Zeitpunkt zu sein. Bald können wir entsprechendes Erz verkaufen,
    und ich wäre sehr dankbar, wenn Lady Sybil darauf verzichten
    würde, an Verhandlungen über den Preis teilzunehmen – ich
    fürchte, sie könnte unseren Bankrott herbeiführen«, fügte der Kö-
    nig hinzu. »Wie ich sehe, beehrt uns Fräulein Kleinpo heute nicht
    mit modischen Extravaganzen.«
    Grinsi starrte wortlos.
    »Du trägst kein Kleid«, erklärte der König.
    »Nein, Majestät.«
    »Al erdings bemerke ich Anzeichen der zurückhaltenden Ver-
    wendung von Wimperntusche und Lidschatten.«
    »Ja, Majestät«, quiekte Grinsi und erweckte den Eindruck, allein
    durch den Schock sterben zu können.
    »Das ist nett. Bitte vergiss nicht, mir die Namen und Adresse
    deiner Schneiderin mitzuteilen«, fuhr der König fort. »Es könnte
    bald Arbeit für sie geben. Ich habe lange und gründlich nachge-
    dacht…«
    Mumm blinzelte. Grinsi war erblasst. Hatte sonst jemand die
    letzten Worte vernommen? Hatte er selbst richtig gehört?
    Sybil gab ihm einen Stoß in die Rippen. »Dein Mund steht offen,
    Sam«, flüsterte sie.
    Er hatte also richtig gehört…
    Erneut erklang die Stimme des Königs. »… und ein Beutel mit
    Gold ist in jedem Fall akzeptabel.«
    Grinsi starrte noch immer.
    Mumm schüttelte sie vorsichtig an der Schulter.
    »D-danke, Majestät.«
    Der König streckte die Hand aus. Mumm rüttelte Grinsi noch
    einmal, daraufhin hob sie ebenfal s wie hypnotisiert die Hand. Der
    König ergriff sie.
    Schockiertes Flüstern breitete sich hinter Mumm aus. Der König
    hatte die Hand eines Zwerges geschüttelt, der sich ganz offen als
    Frau zu erkennen gab…
    »Und damit bleibt noch… Detritus«, sagte der König. »Ich weiß
    nicht recht, was ein Zwerg einem Troll geben könnte – viel eicht
    das, was auch ein Zwerg von mir bekommen würde. Du erhältst
    also einen Beutel Gold. Hoffentlich kannst du etwas damit anfan-
    gen. Und…«
    Er stand auf und streckte die Hand aus.
    In den fernen Regionen von Überwald kämpften Zwerge und
    Trolle noch immer gegeneinander. In den übrigen Gebieten
    herrschte jene Art von Frieden, die sich ergibt, wenn beide Seiten
    mit Aufrüsten beschäftigt sind.
    Das Flüstern verstummte. Stille dehnte sich aus, bis in alle Win-
    kel der riesigen Höhle.
    Detritus blinzelte. Dann griff er ganz vorsichtig nach der Hand
    und versuchte, sie nicht zu zerquetschen.
    Das Flüstern erhob sich erneut. Und diesmal, so wusste Mumm,
    würde es sich viele Meilen weit fortsetzen.
    Indem er zwei Hände schüttelte, bewirkte dieser alte Zwerg mit
    dem weißen Bart mehr, als ein Dutzend gut geplanter Verschwö-
    rungen jemals erreichen konnten. Kleine Wel en gingen von dieser
    Höhle aus, breiteten sich in ganz Überwald aus und schwollen
    dabei immer mehr an, bis sie schließlich zu einer regelrechten Flut
    wurden. Dreißig Männer und ein Hund waren nichts dagegen.
    »Hmmm?«
    »Ich habe gefragt, was ein König einem Mumm geben könnte«,
    sagte der König.
    »Äh, nichts, glaube ich«, erwiderte Mumm geistesabwesend.
    Zwei geschüttelte Hände! In al er Ruhe, begleitet von einem sanf-
    ten Lächeln, hatte der König die alten Bräuche der Zwerge auf den
    Kopf gestel t – so sanft, dass man noch jahrelang darüber reden
    würde…
    »Sam!«, schnappte Sybil.
    »Nun, dann möchte ich dir etwas für deine Nachkommen ge-
    ben«, sagte der König weiterhin völlig gelassen. Man brachte ihm
    eine lange, flache Schachtel. Als er sie öffnete, kam eine Zwerge-
    naxt zum Vorschein – neues Metal glänzte auf schwarzem Samt.
    »Im Lauf der Zeit wird dies zur Axt eines Großvaters«, sagte der
    König. »Wenn genügend Jahre verstrichen sind, braucht sie sicher
    einen neuen Stiel und eine neue Klinge. Nach einigen Jahrhunder-
    ten verändert sich vielleicht die Form, um neuen ästhetischen Vor-
    stel ungen zu genügen. Trotzdem bleibt sie in jeder Hinsicht und
    in jedem einzelnen Detail die Axt, die ich dir heute gebe. Und weil
    sie sich im Laufe der Zeit ändern wird, bleibt die Klinge immer
    scharf. Ein Körnchen Wahrheit steckt in ihr. Freut mich sehr, dich
    kennen gelernt zu haben. Ich wünsche dir eine angenehme Heim-
    reise, Euer Exzellenz.«

    Sie schwiegen in der Kutsche, die sie zur Botschaft zurückbrachte.
    Schließlich sagte Grinsi: »Der
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