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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant
Autoren: Terry Pratchett
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schön«, brummte Colon zufrieden. Er ließ das Buch sinken
    und deutete über die Brücke hinweg.
    »Und nun… Siehst du die beiden Markierungen, die dort drüben
    aufs Kopfsteinpflaster gemalt sind?«
    »Ja.«
    »Und sie bedeuten…?«
    »Wenn ein Karren die Strecke dazwischen in weniger als einer
    Minute zurücklegt, ist er zu schnell«, erklärte die leise Stimme.
    »Ausgezeichnet. Woraufhin du…?«
    »Ich male ein Bild.«
    »Und was sollte darauf deutlich zu sehen sein?«
    »Das Gesicht des Kutschers oder die Nummer des Karrens.«
    »Und wenn es Nacht ist…«
    »Benutze ich einen Salamander, damit es hel wird.«
    »Gut, Rodney. Und an jedem Tag kommt einer von uns, um dei-
    ne Bilder zu holen. Hast du alles, was du brauchst?«
    »Ja.«
    »Was bedeutet das, Feldwebel?«
    Colon senkte den Blick und sah in ein sehr großes, braunes, nach
    oben gewandtes Gesicht. Er lächelte.
    »Guten Tag, Enorm«, sagte er und kletterte schwerfäl ig von der
    Leiter herunter. »Was du hier siehst, Herr Jolson, ist die moderne
    Wache für das neue Millenienienum… num.«
    »Ich weiß nicht, Fred«, erwiderte Enorm Jolson. »In dem kleinen
    Kasten habt ihr bestimmt nicht al e Platz.«
    »Ich meine, dies ist ein Werkzeug der neuen Stadtwache, E-
    norm.«
    »Ach so.«
    »Wenn hier ein Ochsenkarren zu schnel fährt, dann sieht sich
    Lord Vetinari am nächsten Morgen ein Bild davon an. Die Iko-
    nographen lügen nicht, Enorm.«
    »Da hast du ganz Recht, Fred. Weil sie zu dumm sind.«
    »Weißt du, Seine Exzel enz hat genug von Karren, die über die
    Brücke rasen, und er hat uns aufgefordert, etwas dagegen zu un-
    ternehmen. Ha, ich bin jetzt Leiter der Verkehrskontrolle!«
    »Ist das gut, Fred?«
    »Und ob!«, entgegnete Feldwebel Colon stolz. »Meine Aufgabe
    besteht darin, die, äh, Arterien der Stadt vor… Verstopfungen zu
    bewahren, die zu einem Zusammenbruch des Handels führen
    könnten, was für uns alle den Ruin bedeuten würde. Es ist also
    eine sehr wichtige Tätigkeit, vielleicht sogar die Wichtigste über-
    haupt.«
    »Und nur du kümmerst dich darum?«
    »Nun, hauptsächlich. Korporal Nobbs und die anderen Jungs
    helfen mir natürlich.«
    Enorm Jolson kratzte sich an der Nase. »Ich wol te über ein ähn-
    liches Thema mit dir reden, Fred«, sagte er.
    »Kein Problem, Enorm.«
    »Vor meinem Restaurant ist etwas Seltsames geschehen, Fred.«
    Feldwebel Colon folgte dem großen Mann um die Ecke. Er
    mochte Enorms Gesellschaft, weil er im Vergleich zu ihm gerade-
    zu dünn wirkte. Enorm Jolson war ein Mann, der in einem Atlas
    erschien und die Umlaufbahnen kleiner Planeten veränderte. In
    einem riesigen Körper vereinte er Ankh-Morporks besten Koch
    und hungrigsten Esser. Für ihn bestand das Paradies zum größten
    Teil aus Kartoffelbrei. An den eigentlichen Vornamen des Mannes
    erinnerte sich Feldwebel Colon nicht. Seinen Spitznamen verdank-
    te Jolson dem Umstand, dass al e, die ihn zum ersten Mal sahen,
    staunten: »Der Mann ist ja enorm .«
    Ein großer Karren stand auf dem Breiten Weg und behinderte
    den Verkehr. Andere Wagen versuchten, an dem Hindernis vor-
    beizugelangen.
    »Gegen Mittag wurde das Fleisch geliefert, und als der Fuhrmann
    auf die Straße zurückkehrte…« Jolson deutete auf ein großes, drei-
    eckiges Gebilde an einem Rad des Karrens. Es bestand aus Ei-
    chenholz und Stahl und war gelb angestrichen.
    Fred klopfte vorsichtig darauf. »Ich erkenne dein Problem ganz
    deutlich«, sagte er. »Wie lange war der Fuhrmann bei dir?«
    »Nun, er hat von mir ein Mittagessen bekommen…«
    »Und deine Mittagessen sind sehr gut, Enorm, das habe ich im-
    mer gesagt. Was war deine heutige Spezialität?«
    »Steak à la Dichhautsum mit Cremesoße und Leckerbeilage«, sag-
    te Enorm Jolson. »Zum Nachtisch Meringe à la Schwarzer Tod.«
    Einige Sekunden war es stil , während sich beide die Mahlzeit
    vorstellten. Fred Colon seufzte leise.
    »Mit Kräuterbutter auf der Leckerbeilage?«
    »Du willst mich doch nicht beleidigen, indem du andeutest, ich
    hätte sie weggelassen.«
    »Bei so einem Essen kann ein Mann recht lange verweilen«, sagte
    Fred. »Das Problem ist: Der Patrizier mag keine Karren, die länger
    als zehn Minuten auf der Straße parken, Enorm. Er hält das für
    eine Art Verbrechen.«
    »Es ist kein Verbrechen, sich zehn Minuten für eine meiner
    Mahlzeiten zu nehmen, Fred – so etwas ist eine Tragödie. Hier
    steht: Stadtwache, fünfzehn Dol ar für die Entfernung, Fred. Das
    ist der Verdienst
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