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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant
Autoren: Terry Pratchett
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Herr.«
    Mumm öffnete die Tür des Salons. »Es ist vorbei«, sagte er.
    »Hast du jemanden verletzt?«, fragte Sybil.
    »Nur Wolfgang.«
    »Er wird zurückkehren«, sagte Angua.
    »Nein.«
    »Hast du ihn getötet?«
    »Ich habe ihn unschädlich gemacht. Wie ich sehe, bist du wieder auf den Beinen, Hauptmann.«
    Karotte erhob sich ein wenig unbeholfen und salutierte. »Tut mir
    Leid, dass ich dir nicht helfen konnte, Herr.«
    »Du hast den falschen Zeitpunkt gewählt, um fair zu kämpfen.
    Geht es dir gut genug, um mitzukommen?«
    »Äh, Angua und ich möchten hier bleiben, wenn du nichts dage-
    gen hast, Herr. Wir müssen über gewisse Dinge reden. Und…
    äh… nicht nur reden.«

    Es war die erste Krönungszeremonie, an der Mumm teilnahm. Er
    hatte sie sich anders vorgestellt, seltsamer und voller… Glorie.
    Stattdessen war sie ziemlich langweilig. Aber wenigstens handelte
    es sich um große Langeweile, die man über Jahrtausende hinweg destilliert und kultiviert hatte, bis sie einen beeindruckenden Glanz bekam, so wie sogar Dreck, wenn man ihn lange genug putzt. Es
    war eine Langeweile, die man in die Form einer Zeremonie ge-
    hämmert hatte.
    Sie eignete sich bestens dafür, die Kapazität einer durchschnittli-
    chen Blase zu testen.
    Mehrere Zwerge lasen aus uralten Schriftrollen vor. Es klang
    nach Auszügen aus der Koboldeanischen Sage, und Mumm fragte
    sich verzweifelt, ob ihnen eine weitere Oper drohte. Aber nach nur
    einer Stunde ging dieser Teil des Rituals zu Ende. Andere Zwerge
    lasen andere Dinge vor. Der König stand allein in einem Kreis aus
    Kerzen, und an einer Stelle reichte man ihm einen Lederbeutel,
    eine kleine Bergbauaxt und einen Rubin. Mumm wusste nicht, was
    es damit auf sich hatte, aber die Geräusche deuteten darauf hin,
    dass jedem Gegenstand enorme Bedeutung zukam, zumindest für
    Tausende von Zwergen hinter Mumm. Tausende? Es mussten
    Zehntausende sein. Die Zwerge bildeten zahl ose Reihen in der
    riesigen Höhle. Vielleicht waren es sogar hunderttausend…
    Und Mumm stand ganz vorn. Niemand hatte ein Wort gesagt.
    Mumm und seine drei Begleiter waren einfach nach vorn geführt
    und dort sich selbst überlassen worden. Allerdings wies gelegentli-
    ches Murmeln darauf hin, dass die Anwesenheit von Detritus al es
    andere als unbemerkt blieb. Überal um sie herum standen alte,
    würdevol gekleidete Zwerge mit langen Bärten.
    Jemand wurde unterwiesen. Mumm fragte sich, wem die Lektion
    galt.
    Schließlich brachten sie die Steinsemmel herein. Zwar war sie
    nicht besonders groß und auch nicht übermäßig schwer, aber vier-
    undzwanzig Zwerge trugen sie auf einer Trage. Vol er Ehrfurcht
    legten sie sie auf einen Stuhl.
    Mumm spürte, wie sich die Atmosphäre in der gewaltigen Höhle
    veränderte, und erneut dachte er: Hier gibt es weder Magie noch
    Geschichte, ihr armen Teufel. Ich wette meinen Sold, dass die
    Form dieses Objekts auf das Gummi eines Bottichs zurückgeht,
    der zur Herstellung von Keinesorges »Sicher und zuverlässig«
    diente. Heilige Relikte können einen sehr seltsamen Ursprung ha-
    ben…
    Erneut wurde vorgelesen, aber diesmal nicht mehr so lange.
    Dann zogen sich diejenigen Zwerge zurück, die während der
    endlosen und verwirrenden Stunden auf die eine oder andere Wei-
    se aktiv geworden waren. Der König blieb allein zurück, wirkte
    plötzlich so klein und verlassen wie die Semmel.
    Er sah sich um. Im Halbdunkel konnte er Mumm in dem viele
    tausend Personen zählenden Publikum bestimmt nicht erkennen,
    aber der Botschafter von Ankh-Morpork gewann trotzdem den
    Eindruck, dass der Blick des Zwergs kurz auf ihm verweilte.
    Der König setzte sich.
    Ein Seufzen hob an. Es wurde lauter und lauter, ein Orkan aus
    dem Atem einer Nation. Es hal te von den Felswänden wider, ü-
    bertönte al e anderen Geräusche.
    Mumm hatte halb damit gerechnet, dass die Semmel explodierte
    oder zerbröckelte oder plötzlich rot glühte. Aber das ist natürlich
    Unsinn, sagte eine leiser werdende Stimme in Mumm. Es ist eine
    Fälschung, ein in Ankh-Morpork hergestel tes Ding, das Geld und
    mehreren Personen das Leben gekostet hat. Es kann nicht echt sein.
    Doch im lauten Rauschen wusste er, dass es Realität war in ei-
    nem unerschütterlich festen Glauben, und daraufhin begriff
    Mumm. Wahrheit und Fakt waren nicht miteinander identisch.
    Das wusste er jetzt, gestern und morgen – das Ding und die Ge-
    samtheit des Dings.

    Angua merkte, dass Karotte müheloser ging, als sie den Wald
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