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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb
Autoren: Ellis Peters
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anvertraute, als er mit dem Wagen nach Ramsey aufbrach. Die Schatulle fanden wir wieder
    – aufgebrochen und weggeworfen…«
    »Ich erinnere mich gut«, kam Nicols Stimme heiser von der Türschwelle. »Ich trug den Schlüssel bei mir, also brach man den Deckel auf, stahl die Schätze und warf den Behälter danach fort… So stellte es sich uns wenigstens dar!«
    Ja, alle hatten geglaubt, daß es sich so verhalten hatte. All diese Spenden für das verwüstete Kloster, all diese Zeugnisse des Wohlwollens waren in der Schatulle auf dem Marienaltar gewesen, um vor den nächtlichen Wasserfluten sicher zu sein, selbst wenn diese noch so hoch steigen sollten. Sicher vor dem Flußwasser, doch offenbar nicht sicher vor Dieben, die unter dem Vorwand, die geheiligten Objekte retten zu wollen, die Gelegenheit nutzten, das an sich zu raffen, was so verlockend vor ihnen lag. Der Schlüssel hatte im Schloß gesteckt, man hatte die Truhe also nicht einmal aufbrechen müssen. Es war ein Kinderspiel gewesen, den Beutel herauszunehmen und die Schatulle mit Steinen und Lumpen zu füllen, um das fehlende Gewicht auszugleichen, dann die Schatulle wieder zu verschließen und auf den Wagen verladen zu lassen, wo sie dann Nicol anvertraut war. Und daraufhin, dachte Cadfael, die Augen auf Donatas wohltätige Spende gerichtet, die Beute irgendwo zu verstecken, bis die Zeit kam, Shrewsbury zu verlassen. Irgendwo abseits, wo, selbst wenn sie entdeckt werden sollte, niemand wüßte, wer sie dort verborgen hatte, aber wo sie höchstwahrscheinlich unentdeckt bliebe. Bénezet hatte dabei geholfen, die Pferde aus den tiefergelegenen Klosterställen zu den Ställen am Pferdemarkt zu führen. Es hatte ihn weder Zeit noch Mühen gekostet, seine Beute am Boden des Getreidebehälters zu verbergen, der für den kurzen Aufenthalt der Tiere dort neu aufgefüllt worden war. Es stand kaum zu befürchten, daß die Pferde so lange dort blieben und das Futter aufbrauchten, so daß der fremde Gegenstand zum Vorschein käme. Und dort war er weit sicherer als im Schlafsaal des Gästehauses, wo man bei dem Kommen und Gehen der Übernachtungsgäste nie ungestört war. Auch Diebe können ausgeraubt werden, und neugierige Nachbarn können Dinge finden, die irgendwo verborgen sind.
    »Die Spenden haben Shrewsbury nie verlassen!« sagte Hugh und starrte auf den Haufen Gold und Silber. »Vater Herluin, es hat den Anschein, daß Euch Gott und die Heiligen Euer Eigentum zurückgegeben haben.«
    »Wobei wir auch Eurem Mädchen zu Dank verpflichtet sind, Rémy«, sagte Robert Bossu trocken. »Sie hat den Beweis für ihren Verdacht geliefert. Sollten wir uns nicht bei ihr bedanken?
    Wo ist sie jetzt?«
    »Sie ist in der Kirche«, sagte Cadfael, »und bittet um Eure Erlaubnis, ein Weilchen allein sein zu dürfen, bevor Ihr aufbrecht. Sie hat nur einen Kratzer abbekommen, was ihren Leib betrifft, und kann die Reise antreten, aber ihre Seele verlangt nach einem Augenblick der Ruhe.«
    »Den wollen wir ihr gewähren«, sagte der Graf. »Und ich muß gestehen, Hugh, daß ich gern sehen würde, wie die Geschichte nun ausgeht. Wenn Eure Männer den Dieb lebend zurückbringen, um so besser, auch für mich, denn er hat, en passant sozusagen, ein gutes Pferd von mir gestohlen. Er hat allerhand auf dem Gewissen.«
    »Mehr als nur Diebstahl«, sagte Cadfael finster.
    Er hatte den Stapel mit Kleidern, der Bénezets Beute bedeckt hatte, zur Seite gelegt und war mit der Hand in die Tiefen der Satteltasche getaucht und auf ein gefaltetes Kleidungsstück gestoßen, das unter dem Lederbeutel verstaut gewesen war. Er zog es heraus, ein Leinenhemd – sauber zwar, aber ohne Bügelfalten – , starrte auf den Aufschlag des einen Ärmels, drehte und betrachtete ihn von allen Seiten. Offenbar ein Mann, der für sich selber sorgen konnte, dieser Bénezet, sehr ordentlich in der Art und Weise, wie er seine Sachen versorgte, einer, der keine Frau brauchte, die für ihn wusch und putzte.
    Aber nicht reich genug, um ein Hemd fortzuschmeißen, selbst wenn er genügend Gelegenheit dazu gehabt hatte, auch hier, eingeschlossen in den Klostermauern, während Rémy seiner Suche nach einem Gönner nachging. Er hatte es gewaschen und am Grund seiner Satteltasche verstaut, um es wohl erst Meilen von hier entfernt und Wochen später wieder hervorzuziehen. Aber es gibt Flecken, die sich nicht leicht auswaschen lassen. Cadfael breitete den Ärmelaufschlag vor den erstaunten Augen von Hugh aus, und Graf Robert
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