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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb
Autoren: Ellis Peters
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der Männer und Pferde zu winden, die ihn umgaben. Doch Robert Bossus beide Knappen standen ihm im Wege und hinderten ihn daran.
    »Ich glaube«, sagte sie, »daß es einen in unserer Mitte gibt, der Reichtümer in seiner Satteltasche versteckt hat, die nicht sein Eigentum sind. Ich glaube, daß er sie in der Flutnacht gestohlen hat, als in der Kirche Chaos und Durcheinander herrschten. Ich weiß nicht, ob Aldhelm es hätte erzählen können, doch selbst wenn nur die entfernteste Gefahr bestand – wäre das nicht Grund genug gewesen, ihn auszuschalten?
    Wenn ich einen unschuldigen Mann verdächtige, was ich nicht ausschließen kann«, sagte Daalny mit fester Stimme, »so will ich es wiedergutmachen, so gut ich kann. Aber laßt ihn durchsuchen, Vater, und überzeugt Euch.« Und dann wandte sie sich um und sah Bénezet an, ihr Gesicht so weiß wie eine weißglühende Flamme; sie wandte sich um und deutete auf ihn.
    Und er war so fest eingepfercht in den Kreis, daß er nur mit Gewalt würde ausbrechen können; und Gewalt würde ihn sofort verraten, und vielleicht war er ja noch nicht ganz am Ende.
    »In der Satteltasche an seiner Seite ist etwas, das er seit der Flutnacht versteckt. Wenn er es ehrlich erworben hätte, oder wenn es schon vorher sein Eigentum gewesen wäre, hätte er es nicht verstecken müssen. Euer Ehren, Vater Abt, laßt mir Gerechtigkeit widerfahren, und, wenn ich mich täusche, dann ihm. Aber laßt ihn durchsuchen, und überzeugt Euch selbst.«
    Einen Augenblick hatte es geschienen, als wollte Bénezet über die Anschuldigung lachen, sie mit einem Achselzucken abtun und verächtlich sagen, daß Daalny log. Doch dann sammelte er sich, um zu antworten, während alle Augen auf ihn gerichtet waren. Es war allemal zu spät, um noch empört zu tun und den Unschuldigen zu spielen. Auch er hatte den richtigen Zeitpunkt verpaßt und seine Chance vertan, wie gering sie auch gewesen war.
    »Seid Ihr des Wahnsinns? Das ist eine blanke Lüge. Ich habe nichts hier, was nicht mir gehörte. Herr, sprecht an meiner Statt.
    Habt Ihr je einen Grund gehabt, Schlechtes von mir denken?
    Wie kann sie es wagen, mich derart zu beschuldigen?«
    »Ich habe Bénezet immer für vertrauenswürdig gehalten«, sagte Rémy selbstsicher, wenn auch mit gewissem Unbehagen.
    »Ich kann nicht glauben, daß er stehlen würde. Und überhaupt, ist hier etwas vermißt worden? Meines Wissens nicht. Gibt es irgend etwas, was seit dem Hochwasser vermißt wird? Mir ist nichts zu Ohren gekommen.«
    »Auch ich habe nichts dergleichen gehört«, stimmte der Abt zögernd und stirnrunzelnd zu.
    »Es gibt einen einfachen Weg, meine Behauptung zu beweisen oder zu widerlegen«, sagte Daalny unbeirrt. »Öffnet seine Satteltasche! Wenn er nichts zu verbergen hat, so laßt es ihn beweisen, und alle Schande über mich. Wenn ich mich nicht fürchte, warum sollte er’s?«
    »Mich fürchten?« schrie Bénezet. »Bei einer solchen Verleumdung? Was in meinem Gepäck ist, gehört mir, und ich bin keine Antwort schuldig gegenüber einem falschen Verdacht.
    Nein, ich werde meine Habseligkeiten nicht vor aller Augen ausbreiten, um deinen böswilligen Forderungen Genüge zu leisten. Warum du solche Lügen gegen mich vorbringst, kann ich nicht einmal ahnen. Was habe ich dir je getan? Deine Lügen sind vergebens, denn mein Herr kennt mich besser.«
    »Ihr tätet klug daran, Eure Taschen zu öffnen und Eure Unschuld zu beweisen«, ließ sich Graf Robert mit nüchterner Strenge vernehmen, »da nicht alle hier Euch so gut kennen.
    Wenn sie lügt, so deckt ihre Lüge auf.« Er hatte seinen beiden jungen Knappen einen kurzen Blick zugeworfen und gebieterisch die Braue gehoben. Unmerklich fast traten sie, die Gesichter teilnahmslos, die Augen aber wachsam, einen Schritt näher zu Bénezet.
    »Wir sind es einem toten Mann schuldig«, sagte Abt Radulfus, »dem nachzugehen, was dieses Mädchen uns gegenüber als Diebstahl mit einem möglichen Zusammenhang zu dem Mord andeutet. Wenn das wirklich eine Möglichkeit ist, Licht ins Dunkel dieses Verbrechens zu bringen und den geringsten Zweifel von dem bisher Beschuldigten zu nehmen, so sind wir wohl dazu verpflichtet. Zeigt Eure Satteltasche her.«
    »Nein!« Er hielt die Tasche mit einem schützenden Arm umklammert. »Das ist eine Demütigung… Ich habe nichts Unrechtes getan! Warum sollte ich mich derart verleumden lassen?«
    »Nehmt die Tasche«, sagte Robert Bossu.
    Bénezet sah sich mit wildem, loderndem Blick um, als die
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