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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius
Autoren: John Maddox Roberts
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Assistenten. Die meisten meiner Kollegen haben Söhne, die erste Erfahrungen im öffentlichen Dienst sammeln müssen. Allerdings übersteigen selbst die banalsten Pflichten des Censorenamtes die Fähigkeiten der meisten bei weitem.«
    »Es freut mich zu hören, daß du mich höherer Aufgaben für würdig befindest.«
    »Der Zufall will es, daß man deine Dienste bereits angefragt hat. Celer kandidiert im nächsten Jahr als Konsul und möchte, daß du ihm im Wahlkampf hilfst.«
    Mein Herz schlug höher. Das wäre weit aufregender als eine Arbeit im Censorat. Quintus Caecilius Metellus Celer war ein Verwandter und in Gallien mein Kommandant gewesen. Er war früher nach Rom zurückgekehrt, um seine Kampagne vorzubereiten, und hatte seine friedliche Provinz unter dem Oberbefehl seines Legaten zurückgelassen.
    »Ich werde ihm mit größtem Vergnügen zu Diensten sein«, sagte ich. »Und was das Vermeiden jeglichen Ärgers angeht das sollte kein Problem sein, wo Clodius doch außerhalb weilt.«
    »Publius Clodius ist noch immer in Rom«, sagte Vater.
    »Was?« rief ich fassungslos. »Vor Monaten hat man mir berichtet, daß er sein Quaestorenamt errungen hätte und nach Sizilien abkommandiert worden sei! Warum ist er noch nicht weg?« Die gegenseitige Verachtung, die Pompeius und Crassus füreinander übrig hatten, war brüderliche Liebe verglichen mit dem, was mich mit Clodius verband, »Er hat seine Abreise verschoben, warum weiß ich nicht«, sagte Vater, noch immer knurrend. Er konnte gut knurren und tat es oft. »Was immer die Gründe sein mögen, du gehst ihm gefälligst aus dem Weg. Er hat sich hier in Rom eine solide Machtbasis geschaffen. So dekadent sind die Zeiten geworden, in denen wir leben.« Ständig lamentierte er über die Würdelosigkeit der heutigen Zeit. Ich persönlich glaube nicht, daß die Zeiten je anders gewesen sind als dekadent. Es sah nicht so aus, als wollte er mich zum Abendessen einladen, also erhob ich mich.
    »Ich gehe jetzt nach Hause und ziehe mich um. Danach werde ich Celer einen Besuch abstatten. Mit deiner Erlaubnis möchte ich mich verabschieden.«
    »Einen Moment noch«, sagte Vater. »Da war noch was, was ich dir geben wollte. Was war es nur? Ach ja.« Er machte ein Zeichen, und ein Sklave erschien. »In dem Schrank im Atrium in der Schublade unter den Totenmasken liegt ein Paket. Lauf und hol es.« Der Sklave rannte los und war in Sekundenschnelle wieder zurück. »Für dich«, sagte Vater.
    Verblüfft nahm ich das in feinstes Papier eingeschlagene Paket entgegen und packte es aus. Es enthielt ein zusammengerolltes Kleidungsstück, das ich zu voller Größe entfaltete. Es war eine weiße Tunika, schlicht bis auf einen breiten purpurnen Streifen, der vom Kragen bis zum Saum lief.
    Es war eine Tunika, wie sie jeder römische Mann hätte tragen können, aber der purpurne Streifen blieb allein den Senatoren vorbehalten.
    »Ich habe dir dein erstes Schwert geschenkt, also hab' ich mir gedacht, ich könnte dir genausogut auch das hier schenken«, sagte Vater. »Hortalus und ich konnten keinen zwingenden Grund finden, dir den Zutritt zu verwehren, also haben wir dich im letzten Monat in die Liste der Senatoren aufgenommen.« Zu meiner größten Beschämung füllten sich meine Augen mit Tränen. Vater rettete mich in gewohnter Manier vor der Schande.
    »Daß dir das bloß nicht zu Kopf steigt. Jeder Idiot kann Senator werden. Du wirst noch früh genug merken, daß die meisten deiner Mitsenatoren Schwachköpfe oder Schurken sind oder beides. Jetzt hör mir gut zu!« Er hob mahnend den Finger.
    »Du wirst schön brav ganz hinten in der Kammer des Senats sitzen. Und daß du mir keine Reden hältst, bevor du dir nicht einen gewissen Namen gemacht hast. Bei Abstimmungen stimmst du immer mit der Familie, und deine Stimme erhebst du nur, um deine Zustimmung zu einem von unserer Familie oder einem unserer Anhänger vorgebrachten Argument zu bekunden.
    Vor allem aber, halt dich aus allem Ärger raus, Clodius hin oder her. So, nun hast du meine Erlaubnis, dich zu entfernen.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Schriftrollen zu.
    Ich ging. Auch an strahlenden Sommertagen konnte Vater vor sich hinknurren und ein Gesicht machen wie sieben Tage Regenwetter, das war so seine Art. Ich war jedenfalls glücklich über meine neue Tunika. Ich hatte in Erwartung meiner Zulassung zum Senat selbst schon ein paar in Auftrag gegeben, aber die Tunika meines Vaters bedeutete mir trotzdem viel, und seine
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