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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius
Autoren: John Maddox Roberts
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strengen Anweisungen waren nicht mehr, als ich erwartet hatte. Barbaren glauben, daß jeder römische Senator ein veritabler Halbgott ist, aber wir wissen es besser. Mit Purpurstreifen oder ohne, ich war noch immer bloß ein Sohn.
    Ich bahnte mir einen Weg durch das geschäftige mittägliche Treiben und stand bald vor der vertrauten Pforte meines Hauses.
    Bevor ich noch anklopfen konnte, flog die Tür auf, und vor mir standen mein ältlicher Sklave Cato und seine gleichermaßen betagte Frau Cassandra.
    »Willkommen daheim, Senator!« rief er so laut, daß sich jeder Kopf in der Straße nach uns umwandte. Cassandra heulte, als hätte sie soeben die Nachricht von meinem Tod erhalten. Niemand kann einen Haussklaven in Sentimentalität überbieten.
    Mir fiel auf, daß es das erste Mal war, daß mich jemand mit meinem neuen Titel anredete, und ich entschied, daß mir der Klang ganz gut gefiel.
    Ich umarmte Cassandra, worauf sie mit doppelter Inbrunst aufschluchzte. »Ich schäme mich so, Herr! Dieser Junge ist vor einer Stunde mit deinem Pferd und deinen Sachen gekommen, und ich hatte keine Zeit mehr, das Haus zu richten. Es ist eine Schande.«
    »Ich bin sicher, alles ist tipptopp«, sagte ich, wohlwissend, daß sie das Haus stets in makelloser Ordnung hielten. Sie waren zu »Einen Moment noch«, sagte Vater. »Da war noch was, was ich dir geben wollte. Was war es nur? Ach ja.« Er machte ein Zeichen, und ein Sklave erschien. »In dem Schrank im Atrium in der Schublade unter den Totenmasken liegt ein Paket. Lauf und hol es.« Der Sklave rannte los und war in Sekundenschnelle wieder zurück. »Für dich«, sagte Vater.
    Verblüfft nahm ich das in feinstes Papier eingeschlagene Paket entgegen und packte es aus. Es enthielt ein zusammengerolltes Kleidungsstück, das ich zu voller Größe entfaltete. Es war eine weiße Tunika, schlicht bis auf einen breiten purpurnen Streifen, der vom Kragen bis zum Saum lief.
    Es war eine Tunika, wie sie jeder römische Mann hätte tragen können, aber der purpurne Streifen blieb allein den Senatoren vorbehalten.
    »Ich habe dir dein erstes Schwert geschenkt, also hab' ich mir gedacht, ich könnte dir genausogut auch das hier schenken«, sagte Vater. »Hortalus und ich konnten keinen zwingenden Grund finden, dir den Zutritt zu verwehren, also haben wir dich im letzten Monat in die Liste der Senatoren aufgenommen.«
    Zu meiner größten Beschämung füllten sich meine Augen mit Tränen. Vater rettete mich in gewohnter Manier vor der Schande.
    »Daß dir das bloß nicht zu Kopf steigt. Jeder Idiot kann Senator werden. Du wirst noch früh genug merken, daß die meisten deiner Mitsenatoren Schwachköpfe oder Schurken sind oder beides. Jetzt hör mir gut zu!« Er hob mahnend den Finger.
    »Du wirst schön brav ganz hinten in der Kammer des Senats sitzen. Und daß du mir keine Reden hältst, bevor du dir nicht einen gewissen Namen gemacht hast. Bei Abstimmungen stimmst du immer mit der Familie, und deine Stimme erhebst du nur, um deine Zustimmung zu einem von unserer Familie oder einem unserer Anhänger vorgebrachten Argument zu bekunden.
    Vor allem aber, halt dich aus allem Ärger raus, Clodius hin oder her. So, nun hast du meine Erlaubnis, dich zu entfernen.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Schriftrollen zu.
    Ich ging. Auch an strahlenden Sommertagen konnte Vater vor sich hinknurren und ein Gesicht machen wie sieben Tage Regenwetter, das war so seine Art. Ich war jedenfalls glücklich über meine neue Tunika. Ich hatte in Erwartung meiner Zulassung zum Senat selbst schon ein paar in Auftrag gegeben, aber die Tunika meines Vaters bedeutete mir trotzdem viel, und seine strengen Anweisungen waren nicht mehr, als ich erwartet hatte. Barbaren glauben, daß jeder römische Senator ein veritabler Halbgott ist, aber wir wissen es besser. Mit Purpurstreifen oder ohne, ich war noch immer bloß ein Sohn.
    Ich bahnte mir einen Weg durch das geschäftige mittägliche Treiben und stand bald vor der vertrauten Pforte meines Hauses.
    Bevor ich noch anklopfen konnte, flog die Tür auf, und vor mir standen mein ältlicher Sklave Cato und seine gleichermaßen betagte Frau Cassandra.
    »Willkommen daheim, Senator!« rief er so laut, daß sich jeder Kopf in der Straße nach uns umwandte. Cassandra heulte, als hätte sie soeben die Nachricht von meinem Tod erhalten.
    Niemand kann einen Haussklaven in Sentimentalität überbieten.
    Mir fiel auf, daß es das erste Mal war, daß mich jemand mit meinem neuen
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