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Der Fremde ohne Gesicht

Der Fremde ohne Gesicht

Titel: Der Fremde ohne Gesicht
Autoren: Nigel McCrery
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Bett lag Sophie Clarke, gefesselt und sichtlich verängstigt auf das Unvermeidliche wartend. Während sie fassungslos auf den Bildschirm starrten, erschien Michael Rogers und begann die hilflose Sophie Clarke zu missbrauchen. Sam registrierte, dass Rogers während der ganzen Attacke peinlich darauf achtete, ein Kondom zu tragen. Es fiel ihr schwer, die Aufnahmen anzusehen, aber ihr war klar, dass sie es tun musste. In verschiedenen Einstellungen, nah und weit, total und wieder extrem nah, zeigte die Kamera die Vergewaltigung in allen Einzelheiten. Obwohl Sophie Clarke furchtbaren Foltern ausgesetzt wurde, war sie noch am Leben, als das Band endete. Hudd war völlig benommen und brachte kein Wort hervor. Als das Band weiterlief, rief Sam plötzlich: »Stopp! Halten Sie das Band an!«
    Sharman reagierte sofort, aber nicht schnell genug. Sam deutete aufgeregt auf den Bildschirm. »Zurück. Spulen Sie zurück zu den Händen.« Er ließ das Band langsam rückwärts laufen, bis auf dem Bildschirm Sophie Clarkes Hände zu sehen waren. Sie waren zusammen eng an einen der metallenen Bettpfosten gefesselt.
    »Da, halten Sie an.«
    Sharman fror das Bild ein. Verwirrt sah er zu ihr hinüber. »Was soll denn da zu sehen sein?«
    Sam stand auf und zeigte mit dem Finger auf die Mattscheibe. »Da, an ihren Händen. Die Ringe.«
    Sharman und Hudd kniffen die Augen zusammen, während Sam rasch zum Tisch ging und die Ringe holte, die sie in Spades Päckchen gefunden hatten. Dann lief sie zurück zum Fernseher und hielt die Ringe vor das Bild mit Sophie Clarkes Händen. »Seht, es sind dieselben.«
    Sharman schaute auf die Ringe und dann wieder auf das Bild. Er wusste sofort, dass Sam Recht hatte. Es waren dieselben Ringe.
    Hudd studierte das Standbild und sah dann Sam an. »Wurden an ihrer Leiche irgendwelche anderen Ringe gefunden?«
    Sam sah sich das Bild noch einmal an. Sophie trug an fast jedem Finger einen Ring. »Nein, sie müssen alle von ihrer Leiche gestohlen worden sein. Ich frage mich, wo sie jetzt sind.«
    Sharmans Blick wanderte langsam vom Bildschirm zu Sam. »Ich glaube, ich weiß, wo.«
     
    Nach einer letzten Übernachtung im Hotel traten die drei den Rückweg nach Cambridge an. Sie hatten sich alle früh ins Bett gelegt, denn sie brauchten dringend Schlaf und wollten nichts anderes, als wenigstens für eine Weile den Gedanken an die Ereignisse des Vortages zu entfliehen. Doch viel Schlaf fand keiner von ihnen. Am nächsten Morgen brach Sharman vor den beiden anderen auf. Wie er sagte, hätte er eine Verabredung mit einem Briefträger, eine Bemerkung, die Sam nicht verstand, auf die sie jedoch im Moment nicht eingehen wollte. Sie und Hudd verbrachten den Großteil der Heimfahrt schweigend. Beiden lag schwer auf der Seele, dass jemand fehlte. Zu dritt waren sie voller Eifer aufgebrochen und jetzt kehrten sie nur zu zweit zurück. Sams Trauer um den Verlust und ihre Schuldgefühle meldeten sich mit Macht zurück. Im Kofferraum lag Kates Gepäck. Sam hatte alles säuberlich zusammengelegt und in den Koffer gepackt. Das Einzige, was sie an sich genommen hatte, war ein Foto von Sharman und Kate, aufgenommen während eines Abendessens mit Freunden. Sie sahen so glücklich aus. Wenn sie Sharman das nächste Mal sah, wollte sie es ihm geben. Falls Stan mit den Ringen Recht hatte, würde das schon bald der Fall sein. Als sie hinter dem Trinity College ankamen, parkte Sam den Wagen und wandte sich an Hudd. »Tut mir Leid, dass ich Sie in das alles hineingezogen habe.«
    Er winkte ab. »Mir nicht. Natürlich tut es mir sehr Leid um Kate, aber mein Gott, es war aufregend. Und ich habe endlich mein Foto von Claire bekommen. Vielleicht kann ich ihr jetzt gerecht werden. Ich brauche nur ein paar Tage, um sie zurückzuholen.«
    Sam musterte ihn und ließ sich durch den Kopf gehen, was er gerade gesagt hatte. »Sie waren es, stimmt’s?«
    Er spielte den Ahnungslosen. »Was?«
    »Sie haben die Büste selbst zerstört. Warum?«
    Er zuckte die Achseln und lächelte verlegen. »Es war nicht sie. Sie war einfach nicht da und das spürte ich. Ich konnte sie nicht zurückholen, solange ich nicht an das glaubte, was ich da tat. Sie ist mir wichtig geworden. Ich glaube fast, ich habe mich in sie verliebt.«
    Sie sah ihn verblüfft an. »Aber sie war tot.«
    Er blickte entlang der Fassade des Colleges hinüber zum Fluss und der Rückseite der Wren-Bibliothek. »Der Geist ist niemals tot, nur der Körper. Aber es war mir nicht gelungen, ihren
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