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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast
Autoren: Charlotte Link
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geworden, und das machte sie sensibler,
und ihre Sensibilität wiederum forderte ihn heraus, härter mit ihr umzuspringen. Was vielleicht nicht das war, was ein liebevoller Ehemann tun sollte, aber die menschliche Natur folgte ihren eigenen Gesetzen.
    Und die neuen Nachbarn waren es zumindest ganz sicher nicht wert, ihretwegen zu streiten.
    Die neuen Nachbarn …
    Kenzo hatte eine interessante Spur auf dem Asphalt entdeckt und erhöhte merklich sein Tempo. Karen musste schon beinahe traben, um mit ihm Schritt halten zu können. Sie stellte fest, dass so ein Dauerlauf durch den frühen Morgen tatsächlich viel besser war, als sich im Bett herumzuwälzen, aber leider gelang es ihr trotzdem nicht, alle unliebsamen Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen. Zum Beispiel wollte sie eigentlich keinesfalls über die Nachbarn nachdenken, und nun hatten gerade diese sich wieder eingeschlichen. Weil sie seit Tagen Probleme wegen ihnen hatte, und Probleme haben hieß bei ihr: unentwegt nach Lösungen suchen, keine finden, sich immer elender fühlen, ihrer Umgebung mit ihrem Gejammere auf die Nerven fallen. Jedenfalls hatte Wolf das neulich in einem längeren Vortrag, den er ihr hielt, so beschrieben.
    Das Problem mit den Nachbarn bestand darin, dass sie sie seit zwei Tagen nicht mehr erreichte. Und dringend erreichen musste, weil sie sie bitten wollte, sich ein wenig um den Garten und vor allem um die Post zu kümmern, während sie mit Wolf und den Kindern für zwei Wochen in die Türkei fliegen würde. Es waren jetzt noch etwa eineinhalb Wochen bis zum Beginn der Schulferien, eine weitere Woche später sollte es losgehen. Karen hatte bereits organisiert, dass Kenzo bei ihrer Mutter untergebracht würde, und sie fand, es sei wichtig, auch alles andere möglichst frühzeitig festzulegen. Sie hatte am gestrigen und vorgestrigen Tag bei den Nachbarn geklingelt, morgens, mittags und abends, aber nichts hatte sich gerührt.
Was ihr seltsam vorkam, war, dass am Sonntag noch gelegentlich die Rollläden vor den Fenstern unten, dann wieder vor einigen Fenstern nach oben gezogen waren und trotzdem niemand zu Hause zu sein schien.
    »Ich könnte schwören, sie sind daheim«, sagte sie zu Wolf, »aber ich habe sie nicht mehr im Garten gesehen, und niemand öffnet mir!«
    Wolf hatte ein wenig gequält dreingeblickt, wie immer, wenn Karen ihn mit Dingen behelligte, von denen er fand, sie solle sie bitte allein lösen. »Dann werden sie eben verreist sein! Das kommt doch vor!«
    » Aber die Rollläden …«
    » Vermutlich haben sie so ein automatisches Sicherheitssystem. Das steuert die Rollläden von selber. Damit eben niemand merkt, dass das Haus leer steht.«
    »Aber gestern Nacht …« Sie hatte in der Nacht von Sonntag auf Montag eine eigenartige Beobachtung gemacht. Sie hatte wieder einmal nicht schlafen können und war ins Bad gegangen, um ein Glas Wasser zu trinken. Dabei hatte sie aus dem Fenster gesehen und festgestellt, dass nebenan in einigen Räumen Licht brannte. Erleichtert hatte sie gedacht, dass die Nachbarn, wo immer sie gewesen sein mochten, nun offensichtlich zurückgekehrt waren, aber am nächsten Tag hatte sich dasselbe Spiel wiederholt: Niemand reagierte auf ihr Klingeln.
    » Dann gehören eben auch an – und ausgehende Lichter zu dem Sicherungssystem «, sagte Wolf genervt, als sie mit ihm darüber sprach. »Lieber Gott, Karen, mach doch nicht so einen Zirkus! Es sind noch über zwei Wochen, bis wir abreisen. Bis dahin tauchen sie schon wieder auf! Außerdem – hat er nicht noch am Samstag mit dir telefoniert?«
    Das stimmte. Der Nachbar hatte angerufen und sich beschwert, weil Karen ihren Wagen so ungeschickt vor ihrer
Garage geparkt hatte, dass angeblich auch die benachbarte Garage teilweise blockiert war. Karen hatte ihr Auto dann weggefahren und sich hinterher weinend in ihr Schlafzimmer zurückgezogen, weil sie das Gefühl hatte, unfreundlich und böse behandelt worden zu sein.
    »Warum hast du da denn nicht gleich wegen der Ferien gefragt? «, wollte Wolf wissen.
    » Weil er so unfreundlich war und ich …«
    » Weil er so unfreundlich war! Fällt dir eigentlich auf, dass du das inzwischen über fast alle Menschen sagst, mit denen du in irgendeiner Weise verkehrst? Alle behandeln sie dich unfreundlich! Alle sind sie gemein zu dir! Keiner liebt dich! Warum, beispielsweise, fragst du jetzt nicht einfach die Alte auf unserer anderen Seite, ob sie sich um unsere Post kümmern könnte? Ich kann es dir sagen: Weil sie bei
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