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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast
Autoren: Charlotte Link
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Schluck.«
    »Ich muss aber etwas trinken. Ich glaube, ich kann sonst nicht einen Schritt mehr weitergehen!«
    Marius ließ den riesigen Rucksack zu Boden gleiten, öffnete eine Seitentasche und holte eine Plastikflasche mit Wasser hervor. Sie war knapp zu einem Viertel voll. Trotzdem griff Inga gierig danach, setzte sie an und hätte ein Vermögen gegeben, sie austrinken zu können. Anständigerweise musste sie natürlich die Hälfte für Marius übrig lassen. Es kostete sie körperliche Überwindung, ihm die Flasche mit dem lauwarmen Inhalt zurückzureichen.
    »Hier. Für dich.«

    Marius trank den Rest und pfefferte die leere Flasche auf ein verwildertes Grundstück zu ihrer Rechten. Normalerweise hätte Inga, die Umweltschützerin, protestiert, aber dazu fehlte ihr in diesem Moment die Kraft.
    »So«, sagte Marius, »das war’s. Jetzt haben wir kein Wasser mehr!«
    »Aber irgendwo muss es hier doch einen Laden geben. Die Leute in diesem Scheißkaff kaufen doch auch Lebensmittel ein!« Inga sah sich um. Eine menschenleere Dorfstraße. Häuser rechts und links mit verschlossenen Fensterläden. Totenstille. Natürlich ließ sich bei dieser Hitze um die Mittagszeit niemand draußen blicken. Nur zwei verrückte Touristen mit Campingzelt konnten es fertig bringen, hier entlangzuschleichen und einen Hitzschlag zu riskieren.
    »Bestimmt gibt es einen Laden«, meinte Marius, »aber wahrscheinlich irgendwo mehr im Inneren des Dorfes. Offensichtlich nicht hier an der Dorfstraße. «
    » Ich habe nicht die Kraft, jetzt das Dorf abzulaufen. « Inga ließ ihren Rucksack von den Schultern gleiten und setzte sich dann darauf. Ihre Beine zitterten leicht. »Vielleicht sollten wir irgendwo klingeln und um etwas Wasser bitten.«
    »Hm«, machte Marius und sah sich nun ebenfalls um, so als könne in der Zwischenzeit von irgendwoher ein menschliches Wesen aufgetaucht sein. Aber noch immer rührte sich nichts, und nicht einmal der leiseste Anflug eines Windhauchs wehte über die Straße.
    Inga war den Tränen nahe. Sie hätte nicht stehen bleiben sollen. Nicht trinken. Und schon überhaupt nicht sich hinsetzen. Denn nun hatte sie den Eindruck, um nichts in der Welt jemals wieder aufstehen und weitergehen zu können.
    » Ach, Marius, warum … ich meine, wie konnten wir überhaupt im Juli per Anhalter ans Mittelmeer aufbrechen? «
    Im Grunde konnte sie sich ihre Frage ganz einfach selbst
beantworten: Weil Marius wieder einmal eine umwerfende Idee gehabt hatte, und weil sich – wie meist – am Ende herausgestellt hatte, dass doch nicht alles so einfach lief, wie er geglaubt hatte. Was ihn aber – und auch das war typisch – keineswegs von seinem Plan hatte Abstand nehmen lassen.
    »Inga, tolle Neuigkeiten!«, hatte er am Telefon herausgesprudelt. Inga hatte in den Semesterferien im Rahmen ihres Geschichtsstudiums an einem zweiwöchigen Arbeitskreis in Berlin teilgenommen, während Marius allein daheim in München zurückgeblieben war. Natürlich hatten sie jeden Abend telefoniert.
    »Ich kann an ein Auto kommen! Ein Bekannter leiht mir seinen Wagen. Ich hab mir gedacht, wir fahren damit ans Mittelmeer, wenn du wieder da bist, und lassen es uns richtig gut gehen!«
    »Wer verleiht denn seinen Wagen? Wer ist der Bekannte?«
    »Kennst du nicht. Ich hab ihm bei seinem Schein geholfen, und da will er sich revanchieren! Ist das nicht eine tolle Aussicht? «
    Sie hatte die Skepsis verflucht, die sie jedes Mal befiel, wenn Marius mit Ideen, Vorschlägen, Plänen ankam. Warum musste sie stets sofort die Gouvernante herauskehren, die auf Probleme hinwies und Marius’ überschäumende Begeisterung abkühlte?
    »Wir haben doch dort gar kein Quartier. Und wir bekommen auch ganz sicher keines mehr.«
    » Wir campen. «
    » Wir haben doch aber gar keine …«
    » Kriegen wir auch. Ein Zelt, Schlafsäcke, Kocher, Campinggeschirr. Kein Problem.«
    »Dieser Bekannte muss dir ja ganz schön dankbar sein …«
    »Na, krieg du mal so eine Hausarbeit fast vollständig geschrieben! Der kann mir noch jahrelang die Füße küssen!«

    »Weißt du, Marius, ich fürchte, im Juli am Mittelmeer ist es einfach nur heiß und voll und …«
    »Aber wir sind doch beweglich. Wir können uns an ganz ruhige Orte zurückziehen. Wenn es uns irgendwo nicht gefällt, fahren wir weiter. Inga, komm, benimm dich nicht wie deine eigene Großmutter! Sag einfach ja und freu dich auf unsere Reise!«
    Was war ihr anderes übrig geblieben? Sie hatte zugestimmt, hatte sich
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