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Der Fluss

Der Fluss

Titel: Der Fluss
Autoren: Gary Paulsen
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zischenden Laut, um sie zu schmecken. Aber da war nichts Besonderes. Nichts als Sommerdüfte. Die Würze der Kiefern in der milden Luft, etwas Moder und faulende Vegetation. Keine Tierspuren, zumindest keine frischen.
    Derek hatte die Veränderung gesehen, die mit Brian vorgegangen war, und starrte ihn an. »Was ist passiert?«
    Brian schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    »Doch, da war etwas. Du hast dich verändert. Völlig verändert. Du bist nicht mehr derselbe Mensch.«
    Brian zuckte die Schultern. »Habe mich nur mal um gesehen. Um alles … zu sehen.«
    »Erzähl mir«, sagte Derek. Er zog ein Notizbuch aus der Tasche. »Erzähl mir alles, was du gesehen hast.«
    »Jetzt gleich?«
    »Ja.«
    »Sollten wir nicht zuerst den Piloten fortschicken?«
    Derek drehte sich um und starrte das Flugzeug an, als sähe er es zum ersten Mal. »Ach, ja. Hätte ich fast verges sen. Er muss ja zurück. Lass uns auspacken, dann kann er fliegen und du erzählst mir -«
    »Nein.«
    »Was?«
    Brian hatte seine Entscheidung getroffen, während er im Flugzeug schlummerte, sie hatte sich im Schlaf in ihm festgesetzt. Er wusste jetzt, was das Richtige war.
    »Wir werden nicht auspacken.«
    »Was redest du da?«
    Brian blickte über den See und die Lichtung und die Wolken. Sieben, acht Stunden noch bis zum Regen. »Ich meine, falls wir diesen Krempel ausladen – alles, bis auf die Spülmaschine, wie du sagtest – , wäre das ganze Vor haben ruiniert. Verschwendete Zeit.«
    »Ich versteh dich nicht. Und was ist, wenn wir Schwie rigkeiten haben?«
    Brian nickte. »Genau. Wir haben schon eine Schwie rigkeit. Du möchtest etwas über den Ernstfall lernen, aber mit dieser ganzen Ausrüstung ist es doch nur ein Spiel. Es stimmt nicht. Es wäre keine echte Situation, nicht wahr?«
    »Aber wir brauchen die Sachen nicht zu benutzen. Wir brauchen nicht eine davon zu benutzen.«
    Brian lächelte – ein kleines, beinah trauriges Lächeln. »Ich verspreche dir, dass wir, wenn die Sachen da sind, sie auch benutzen werden. Das kann ich dir versprechen. Am dritten Tag, wenn der Hunger wirklich quälend wird und die Moskitos ohne Unterlass angreifen und es weder ein Zelt noch Essen gibt und wir wissen: die Sachen sind da, wohlverpackt und in Reichweite – dann kann ich dir garantieren, dass wir sie benutzen werden. Es wird ganz unmöglich sein, sie nicht zu benutzen.«
    So viele Worte, dachte Brian. Nichts als Gerede und Geschwätz, die ganze Zeit. Wie Papageien. Wir stehen da und schwatzen, aber in sieben bis acht Stunden wird es hier regnen, und wir haben keinen Unterstand und kein trockenes Holz zum Feuermachen. Geschwätz.
    »Lass alles im Flugzeug. Lass es liegen oder ich fliege gleich wieder zurück. Ich weiß, was uns bevorsteht und ich will keine Zeit verlieren.«
    »Aber wir haben deiner Mutter gesagt …«
    Brian zögerte. Dann seufzte er. »Ich weiß. Aber es bleibt dabei: Wenn wir auspacken, fliege ich nach Hause. Ich übernehme die Verantwortung.«
    Derek musterte sein Gesicht. »Du meinst es ernst?«
    »Völlig ernst.«
    »Wie wär’s mit einem Kompromiss?«
    »Welchem?«
    »Wir könnten das Funkgerät behalten, falls wir in Schwierigkeiten geraten, ernste Schwierigkeiten. Dann können wir wenigstens Hilfe rufen.«
    Brian rieb sich den Nacken und überlegte. Es wäre nicht mehr dasselbe. Selbst das Funkgerät würde die Sache verderben. Dennoch, er hatte seiner Mutter gesagt, sie brauche sich keine Sorgen zu machen. Und wenn er darauf beharrte, das Funkgerät nicht zu benutzen, es ab solut nicht zu benutzen …?
    »Na, schön.«
    Derek nickte und schob sich an ihm vorbei, balan cierte über den Schwimmer und beugte sich in die Fahr gastkabine. Er sprach ein paar Worte mit dem Piloten, der nickte und Brian durch die Windschutzscheibe ansah, mit einem seltsamen, forschenden Blick. Dann lä chelte er und winkte durch die Plastikscheibe und Brian nickte und winkte zurück.
    Derek kam mit dem Funkgerät wieder an Land – ein kleines Gerät, wasserdicht verpackt und mit frischen Nickel-Cadmium-Batterien versehen. Er brachte auch eine schmale Plastikmappe mit.
    »Für meine Papiere«, sagte er. »Ich muss mir doch No tizen machen. Über alles berichten.«
    Brian nickte und musste innerlich lächeln. Dereks Worte erinnerten ihn daran, wie er selbst sprach, wenn er bei seinen Eltern etwas erreichen wollte. Bettelnd. Für meine Papiere …
    Es war ein sonderbares Gefühl für Brian, mit einem Erwachsenen die Rollen zu tauschen. Er hatte die Verant
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