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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay
Autoren: Kaye Dobbie
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Abmachung zwischen Cosmo und ihrem Vater. Cosmo sah sie und wollte sie besitzen. Ihr Vater dagegen sah die Gelegenheit, sich seiner Schulden zu entledigen. Was Ambrosine dachte oder fühlte, spielte keine Rolle. Dabei sollten wir die Schwachen schützen, finden Sie nicht, Alice?«
    Sie wusste keine Antwort und wollte weder über Ambrosine noch über das Empfangszimmer nachdenken. Und schon gar nicht über das Blut.
    »Vor nicht allzu langer Zeit habe ich Ada Cunningham getroffen. Sie erinnert mich an Cosmo. Der Junge tat mir immer leid, er kam nach seiner Mutter, der arme Teufel. Das gleiche sanfte, befangene Wesen, das sah man an seinen Augen. Sie versuchte immer, ihn zu schützen, hatte aber genug mit sich selbst zu tun. Trotzdem hoffte ich, sie würde Cosmo eines Tages verlassen. Sie sprach nie darüber, Alice, aber ich wusste, dass sie sehr unglücklich war. Ist Ihnen das nie aufgefallen? Sehr unglücklich und verzweifelt.« Er schüttelte den Kopf. »Tja, und nun sind sie beide schon so lange tot.«
    Alice schluckte. In ihrem Kopf hämmerte es. Nein, dachte sie. Nein, nein, nein! Was erlaubte sich Mr Marling? Was wusste er schon? Er gab vor, sich zu sorgen, doch damals war das Einzige, was ihn kümmerte, sein Verlangen nach dieser schwachen und selbstsüchtigen Frau gewesen. Er hatte sie ihrem Sohn entfremdet und ihrem Ehemann das Herz gebrochen.
    »Sie haben sie geliebt«, brach es aus ihr hervor.
    Mr Marling trat einen Schritt zurück. Sein Gesicht war faltiger, als sie es in Erinnerung hatte. Ihr Benehmen schien ihn zu überraschen. »Wahrscheinlich habe ich das«, entgegnete er schließlich. »Sie war eine wunderschöne Frau. Aber ich bin nie ihr Liebhaber gewesen, Alice.« Er lachte schäbig. Seine Stimme drückte einen Hauch des Bedauerns aus, ließ verpasste Gelegenheiten erahnen. »Ich hätte sie niemals Porträtieren können, wäre ich ihr Liebhaber gewesen.«
    Aber der Knopf, rief eine Stimme in Alice. Was ist mit dem Knopf? Und dann wusste sie auf einmal, was geschehen sein musste. Der Knopf hatte sich von Mr Marlings Weste gelöst und war zu Boden gefallen. Der Hund Cleo hatte ihn gefunden und in Ambrosines Schlafzimmer gebracht. Mr Marling war nie dort gewesen.
    Automatisch erwiderte Alice seine guten Wünsche und verabschiedete sich. Schon näherte sich die Trambahn vom anderen Ende der Straße. Sie dachte weder an den jungen Mann, mit dem sie sich treffen wollte, noch an das Loch in ihrem Strumpf. Die Vorübergehenden sahen sie seltsam an, doch auch das entging ihr. Sie erinnerte sich, Worte und Szenen überfluteten ihren Verstand. Heiß und bitter brannte es ihr in Augen und Kehle.
    Ihre Welt hatte jeden Halt verloren. Alice lief wie blind auf die Straße. Mr Marlings Warnruf verhallte ungehört. Ein Wagen ratterte direkt auf sie zu, doch ihr Blick war in den Himmel gerichtet. Sie fühlte nicht, wie er sie überrollte.
    ***
    Fast zwei Monate waren vergangen, seit die Polizei die Nachricht von Mark überbracht hatte. Er wurde nie gefunden. Rosamund erwartete das auch nicht. Die Behörden gingen davon aus, dass er zum Schwimmen gegangen war, in Schwierigkeiten geraten und ertrunken war. Es gab aber durchaus auch andere Stimmen, die davon sprachen, dass die Sache mit dem Bordell all seine politischen Ambitionen zerstört hätte.
    Rosamund wusste natürlich, dass es nie in Marks Absicht gelegen hatte, einfach baden zu gehen. Es war ihr klar, dass er in die Bucht hinausgeschwommen war, um sich umzubringen. Genau wie Cosmo.
    Sie versuchte, sich das kalte, salzige Wasser vorzustellen, vor dem er eine solche Furcht verspürte. Am Ende hatte er akzeptiert, dass das das Ende seines Traums war. Vielleicht konnte er dadurch sogar in Frieden gehen. Rosamund wünschte es ihm, schließlich hatte sie ihn einmal geliebt.
    Frederick Swann arbeitete weiter an Colonsay, und Rosamund kam mit dem Garten voran. Der kleine Hund begleitete sie häufig – Kerry hatte ihn in Ermangelung einer besseren Idee Wuschel genannt. Rosamund fand tiefe Befriedung in der Bearbeitung des Bodens, dem Graben und Pflanzen. Einen Swimmingpool würde es jedenfalls nicht geben.
    Mark hatte sein Vermögen einer Organisation für unterprivilegierte Kinder hinterlassen. Rosamund erhielt nur ein Vermächtnis, das wahrscheinlich gerade genügen würde, um die Renovierungsarbeiten zu bezahlen. Graham Peel-Johnson hatte das Testament kurz vor Marks Tod neu aufgesetzt. Rosamund fand es zuerst überraschend, konnte sich aber jetzt darüber
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