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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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Gärten standen die letzten windzerfetzten Stockrosen hochaufragend Wache. Von einer Kirche war weit und breit nichts zu sehen.
    Joss holte tief Luft und stieß die Tür zum Laden auf. Zu ihrer Überraschung war er wesentlich moderner, als sie angenommen hatte. Links von ihr war das Fenster der kleinen Poststelle von Ständern mit Postkarten, Briefpapier und Bonbons umgeben; rechts stand eine einladende, gut sortierte Lebensmitteltheke. Die Frau, die dort bediente, war klein und untersetzt und etwa sechzig Jahre alt; sie hatte fliegendes weißes Haar und durchdringende graue Augen. Während sie mit einer behandschuhten Hand nach dem Stück Salbeikäse in der Theke griff, warf sie Joss ein Lächeln zu. »Sie sind gleich an der Reihe.«
    Die Frau, die vor Joss an der Theke stand, gab ihrer Neugier nach und drehte sich um. Sie war großgewachsen, hatte dunkle Haare, die unter ihrem verknoteten Kopftuch hervorlugten, und ein wettergegerbtes Gesicht, dem man die vielen Jahre ansah, die es dem kalten Ostwind ausgesetzt gewesen war. Auch sie lächelte Joss freundlich zu. »Es tut mir leid, ich habe praktisch den ganzen Laden aufgekauft. Aber jetzt bin ich gleich fertig.«
    »Das macht gar nichts«, erwiderte Joss zuvorkommend. »Ich wollte mich sowieso nur nach dem Weg nach Belheddon Hall erkundigen. «
    Die beiden Frauen warfen ihr einen erstaunten Blick zu. »Das ist oben bei der Kirche«, erklärte die Kundin mit zusammengekniffenen Augen. »Aber Sie wissen doch, daß es verschlossen ist? Dort wohnt niemand.«
    Joss biß sich auf die Lippe, um ihre Enttäuschung zu verbergen. »Also wohnen die Duncans nicht mehr dort?«

    Beide Frauen schüttelten den Kopf. »Das Haus steht schon seit Jahren leer.« Die Frau hinter der Theke schüttelte sich übertrieben. »Es spukt da oben.« Mit geübten Griffen wickelte sie den Käse in Frischhaltefolie und steckte ihn dann in eine Papiertüte. »Bitte«, sagte sie zu der Frau. »Das macht zusammen vier Pfund zehn Pence.« An Joss gewandt fuhr sie lächelnd fort: »Mein Mann und ich haben das Geschäft hier erst seit 89. Ich habe die Leute, die da oben gewohnt haben, nie kennengelernt.«
    »Ich auch nicht«, bestätigte die andere Frau. »Ich glaube, die alte Mrs. Duncan, die früher im Schulhaus wohnte, war mit ihnen verwandt. Aber sie ist vor ein paar Jahren gestorben.«
    Joss vergrub die Hände in ihrer Jackentasche. Diese Auskunft war eine herbe Enttäuschung. »Wissen Sie vielleicht, wer mir sagen könnte, was aus der Familie geworden ist?«
    Die Posthalterin schüttelte erneut den Kopf. »Soweit ich weiß, haben sie zum Schluß sehr zurückgezogen gelebt. Aber doch, Mary Sutton. Die könnte Ihnen vielleicht weiterhelfen. Sie hat früher dort oben gearbeitet. Manchmal macht sie einen etwas verwirrten Eindruck, aber bestimmt kann sie Ihnen Auskunft geben.«
    »Und wo finde ich sie?«
    »Im Apple Cottage. Direkt am Anger. Das Häuschen mit der blauen Pforte.«
     
    Das Gartentürchen war verzogen und ging nur schwer auf. Joss schritt den schmalen Pfad entlang und bemühte sich, den Disteln mit dem seidig glänzenden Samenkleid auszuweichen. An der Haustür entdeckte sie weder eine Klingel noch einen Klopfer, also schlug sie mit den Knöcheln dagegen. Fünf Minuten später gab sie auf. Offenbar war niemand zu Hause.
    Während sie an der Pforte stand, blickte sie sich um. Von hier, am Rand des Ortes, konnte sie auch den Kirchturm sehen, der hinter Bäumen verborgen auf der anderen Seite des Angers stand. Irgendwo dort drüben mußte auch das Haus sein.
    Sie ließ den Wagen stehen und begann, die Wiese zu überqueren.
    »Ihnen gefällt also unsere kleine Kirche? Sie ist aus dem 13. Jahrhundert, wissen Sie.« Die Stimme hinter ihr ließ Joss zusammenfahren ; sie hatte nachdenklich am überdachten Eingang
zum Friedhof gelehnt und den Pfad hinaufgeschaut, der hinter der Kirche verschwand.
    Hinter ihr stellte ein großer, dünner Mann gerade sein Fahrrad an der Hecke ab. Er bemerkte ihren Blick und zuckte die Achseln. »Mein Auto hat mich im Stich gelassen. Irgend etwas mit den Bremsen. Aber an einem schönen Herbsttag wie diesem habe ich auch nichts dagegen, mit dem Rad zu fahren.« Er hatte die Frau nachdenklich dastehen sehen, als er von der New Barn Road abgebogen war, und sie mehrere Minuten lang beobachtet, beeindruckt von ihrer vollkommenen Ruhe. Nun, als sie sich zu ihm umwandte, fiel ihm auf, daß sie ziemlich jung war — Ende zwanzig oder Anfang dreißig –, und auf eine
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