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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna
Autoren: Rosa Cerrato
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nur zu gut kannte. War das nicht das gleiche Gesicht, das ihr morgens aus dem Spiegel entgegenblickte? Verrannt in einen immer verbisseneren Kampf mit sich selbst und dem Leben, in einer Stadt, die zu einem Schützengraben geworden war.
    »Dem Jungen geht’s ganz gut. Die Designschule macht ihm Spaß, er will sich auf Fotografie spezialisieren. Vielleicht. Ich glaube, er ist froh, nicht in Genua zu sein. Mit Monica scheint es wirklich aus zu sein. Na ja, mal abwarten, bei den beiden weiß man’s nie so genau. Er hat ein Zimmer in einer WG mit zwei anderen Studenten gefunden, beim Teufel auf der Rinne, aber für Mailänder Verhältnisse erschwinglich. Zu Weihnachten ist er nicht nach Hause gekommen. Das war hart für mich, aber was soll’s? Ich kann es verstehen.«
    »Und Monica?«
    Monica, dieses kleine Hexchen. So traurig und verzweifelt, nachdem sie das Kind verloren hatte. So anders.
    »Sie ist in London. Geht da auf irgendeine Super-Akademie. Von der sieht und hört man auch nichts mehr.«
    »Wie schade.«
    Sandra seufzte. Sie sahen einander in die Augen, in denen sich zahllose gescheiterte Geschichten spiegelten. Eigene und fremde. Liebe und Schmerz und Hoffnung und Ende, Enttäuschung und Einsamkeit. Nelly schluckte. Deshalb habe ich dich nicht getroffen, Sa. Ich bin so schon frustriert genug. Bring mich doch zum Lachen.
    »Es braucht schon einiges, um das eigene Gleichgewicht zu finden. Und dann verliert man es womöglich doch wieder. Du wirst es nicht glauben, aber mit Giorgio scheint’s zu funktionieren.«
    »Wie schön für dich! Ist ein interessanter Typ. Wollt ihr zusammenziehen?« Heuchlerin.
    »Nicht im Traum! Wir sind beide gegen das Zusammenleben. Wir wollen, wie soll man es sagen ... den Zauber nicht brechen.«
    Giorgio, dieser Armleuchter. Was findest du bloß an dem? Natürlich willst du mit dem nicht zusammenziehen ... Im Geiste sah Nelly Sandras derzeitigen Freund Giorgio Del Vecchio mit am Tisch sitzen. Fünf Jahre jünger als sie, mittelgroß, kahl an den Schläfen, Intellektuellenbrille. Leichtes Übergewicht. Einigermaßen erfolgreicher Schriftsteller und Journalist. Ätzend, aggressiv und nervtötend. Nellys Typ war er nicht, aber wenn Sandra mit ihm glücklich war, bitte.
    »Sandra, ich bin echt froh, ein bisschen Zeit mit dir zu verbringen, aber ich hab den Eindruck, es gibt einen Grund für dieses Tête-à-Tête, oder irre ich mich?«
    Sie hatte sich ein wenig vorgebeugt und lächelnd den Kopf zur Seite gelegt. Wie ertappt riss Sandra kurz die Augen auf und brach in ein leicht gewolltes Lachen aus.
    »Mit euch Bullen kann man wohl nicht mal ein kleines Schwätzchen halten, was? Immer müsst ihr ermitteln und herumstochern. Du hast recht. Es gibt einen Grund für unser heutiges Treffen. Eine Art Familienangelegenheit, wenn auch einigermaßen entfernt.«
    Sie machte es sich auf ihrem Stuhl bequem, um zu erzählen. Nelly ließ sich ebenfalls gegen die Lehne sinken.
    »Meine Mutter stammt aus Sardinien, wie du weißt. Ihr Mädchenname ist Pisu, ihre Familie kommt aus einem Dorf im Landesinneren, in der Nähe von Tempio Pausania. Luras. Deshalb hat sie hier in Genua auch nicht viele Verwandte, nur einen ein wenig älteren Cousin, der mit einer Frau aus dem Dorf verheiratet ist. Sie waren immer in Kontakt, zumindest bis zu seinem Tod vor sechs Monaten. Dieser Cousin, Giacomo, hatte vier Kinder. Zwei Jungen und zwei Mädchen.«
    O Himmel, muss das sein. Nelly bemühte sich, ein interessiertes Gesicht zu machen, aber sie war zu Tode gelangweilt. Familiengeschichten konnte sie einfach nicht ausstehen. Sie merkte, dass sie gähnen musste, und unterdrückte den Reflex mit einer seltsamen Fratze, was der Freundin nicht entging.
    »Gedulde dich und bleib wach. Ich muss dir den Hintergrund erklären, dann komme ich zum Punkt. Sagt dir der Name Alceo Pisu was?«
    » Der Alceo Pisu? Der Regisseur?«
    »Genau. Er ist das dritte der Kinder. Der Erstgeborene ist Anselmo, der ist ...«
    »Anwalt. Und ein erfolgreicher dazu. Ich kenne ihn vom Sehen, auch wenn ich nie direkt etwas mit ihm zu tun hatte. Ich habe gehört, er sei vor ein paar Tagen den Treppenschacht seines Hauses hinabgestürzt. Ich hatte keine Ahnung, dass er mit dir verwandt ist.«
    »Die Zweite ist Marilena. Vielleicht kennst du sie unter dem Namen Pizzi.«
    »Die Schönheitschirurgin? Ziemlich bekannt. Gehört ihr nicht diese VIP-Privatklinik in Novi Ligure?«
    »Genau die. Die Vierte kennst du bestimmt nicht. Sie heißt Maria Grazia und
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