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Der Fluch des Salamanders

Der Fluch des Salamanders

Titel: Der Fluch des Salamanders
Autoren: Ruediger Bertram
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ohne sich zu rühren.
    Den Zwillingen erschien die Zeit endlos. Schließlich hielten sie das Warten nicht mehr aus. Sie wechselten einen kurzen Blick und robbten hinter Pablo her.
    Was sie sahen, verschlug ihnen den Atem. Sie blickten in den Krater eines erloschenen Vulkans, in dessen Mitte sich eine Maya-Pyramide erhob, die ringsherum vom Urwald umgeben war. Lea und John hatten schon auf der Fahrt vom Flughafen einige dieser uralten, steinernen Mayabauwerke mit ihren endlos scheinenden Treppen gesehen. Manche waren halb zugewuchert, andere halb zerfallen. Alle sahen sie düster und abweisend aus, weil die Steine durch Moose und Abgase grau und unansehnlich geworden waren. Die Pyramide in dem Vulkankegel vor ihnen aber strahlte so weiß, als hätte man sie mit Milch übergossen.
    An den Seiten der Pyramide lagen Maisfelder, ein kleiner See und Hütten, zwischen denen Menschen geschäftig hin und her liefen.
    Über den Bäumen absolvierten große Vögel eindrucksvolle Flugmanöver. Nicht einer oder zwei, sondern Dutzende, die aussahen, als wären sie zuvor versehentlich in einem Farbtopf gelandet. Es waren Quetzals, die Nationalvögel Guatemalas, deren Bild Lea bisher nur auf dem Cover ihres Reiseführers gesehen hatte.

    (aus Leas Notizbuch)
    »Was ist das da unten?«, fragte Lea und zeigte hinunter in den Kessel vor ihnen.
    »Keine Ahnung, aber vielleicht haben die was zuessen. Ich meine, was anderes als Tortillas und Bohnen«, sagte John.
    »Schon möglich«, antwortete Pablo zurückhaltend.
    »Dann lasst uns runtergehen«, drängte Lea.
    »Aber vorsichtig!«, mahnte Pablo, doch da war Lea bereits aufgesprungen.
    Von dem Ausgang des Tunnels führte ein Pfad hinunter in den Kessel des Vulkans. Pablo bestand darauf, vorauszugehen. Erst auf sein Zeichen sollten ihm die Zwillinge folgen. Aber Lea war viel zu neugierig und John wollte auch nicht alleine zurückbleiben, obwohl sein Fuß von dem Sturz am Hügel noch immer höllisch wehtat.
    Es dauerte nicht lange, bis der Pfad, der sich an den steinigen Flanken des Vulkans entlanggezogen hatte, im Urwald verschwand. Sie brauchten eine halbe Stunde, bis sie den Rand der Lichtung erreicht hatten. Pablo ging sofort hinter einem Baum in Deckung und bedeutete den Zwillingen, es genauso zu machen. Vor ihnen erstreckte sich ein Maisfeld, durch das der Pfad weiter zu den Hütten führte. Zwischen den einfachen Behausungen suchte ein zahmer Ameisenbär nach Futter.

    (aus Leas Notizbuch)
    Ein lautes Räuspern ließ Lea, John und auch Pablo vor Schreck zusammenfahren. Sie drehten sich um und starrten in das Gesicht eines Indios, der sie freundlich anlächelte. Er war Mitte zwanzig und trug genau wie Pablo ein T-Shirt zu einer hellblauen Jeans. Schuhe hatte er keine und eine Waffe konnten die Zwillinge an ihm auch nicht entdecken.
    »Willkommen! Mein Name ist Balam«, begrüßte er sie auf Englisch. Dann wandte er sich an Pablo und sagte etwas in einer Sprache, die die Zwillinge nicht verstanden. Pablo antwortete knapp und betrachtete den Fremden misstrauisch, was diesen aber nicht zu stören schien.
    »Kommt! Ihr seht hungrig aus und ehrlich gesagt, ein Bad würde euch guttun! Ihr stinkt ein wenig«, wechselte er wieder ins Englische und er hatte recht. Sie waren hungrig und in ihren Haaren und an ihren Kleidern klebte immer noch der Kot der Fledermäuse. Mit einer Geste lud der Fremde sie ein, mitzukommen. Lea und sogar John zögerten keine Sekunde. Der Indio sah nett aus, ganz anders als die Männer, die am Fluss nach Gold gesucht hatten. Pablo schien weniger überzeugt. Missmutigschlurfte er hinter ihnen her. Als sie das Dorf erreichten, kamen Menschen aus den Hütten, die sie ebenso neugierig begrüßten wie der Ameisenbär, der wie ein Dackel an Johns Bein schnüffelte.
    (aus Johns Notizbuch)
    Der Weg durch das Dorf führte direkt auf die Pyramide zu. Als die Zwillinge davorstanden, wirkte das Bauwerk noch größer und überwältigender als aus der Ferne. Beindruckt starrten sie auf die weißen Stufen, die direkt in den Himmel zu führen schienen.
    »Ihr könnt euch waschen, dann kriegt ihr was Frisches zum Anziehen, und wenn wir essen, erzählt ihr mir, was drei Kinder wie ihr ganz allein im Dschungel zu suchen haben«, sagte Balam und deutete auf den Teich, der am Rande des Dorfes lag.
    Pablo war zusammengezuckt, als der Indio »drei Kinder« gesagt hatte. Trotzdem schwieg er. Wortlos begleitete er Lea und John zu dem kleinen See. Er hatte ein Bad genauso dringend nötig wie
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