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Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Der Fluch der Totenleserin totenleserin4

Titel: Der Fluch der Totenleserin totenleserin4
Autoren: franklin
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doch in diesem Moment fuhr eine Böe in die Wedel der Palme über ihm, verwehte dem Mann das Haar, und das letzte Licht des Tages flackerte über ihn, wie es einst über eine wilde Gestalt auf einer Lichtung in Somerset geflackert war, wischte mit hellen Streifen über sein Gesicht, wie es das auch damals getan hatte.
    Die Augen flammten auf, als das Licht in sie fiel, und versanken gleich wieder im Dunkel. Sie sahen nicht zu den Marionetten herüber, sondern waren jetzt ganz auf die Baumwollstreifen vor dem Eingang des Standes konzentriert. Und schon blies die Böe, die ihn verraten hatte, die Baumwollstreifen beiseite und bot Adelia seinem Blick dar. Er lächelte.
    Sie sah seine Zähne. Und das Messer in seiner Hand.
    Sie konnte sich nicht bewegen.
    »Hier, Signora. Signora?«
    Das Band des schweren Pakets wurde ihr über die freie linke Hand geschoben. Immer noch rührte sie sich nicht.
    Diesen ganzen Weg hierher hatte er unverdächtigt sein todbringendes Spiel gespielt. Hatte getötet. Gelächelt und getötet … Wen? Sie vermochte sich nicht zu erinnern, nur dass sie tot waren. Jetzt war sie an der Reihe.
    Eine Gruppe Leute kam schwatzend über den Platz und ließ ihn einen Moment lang verschwinden. Als sie vorbei waren, war auch der Platz unter der Palme leer.
    Langsam begann sie sich rückwärts zu bewegen, zog Ward mit sich und spürte das Gewicht des Pakets an ihrem Arm, das gegen verschiedene Hindernisse stieß. Es war wie ein Wegschrumpfen, weniger aus Angst um ihr Leben, so groß die auch war, sondern aus einem schrecklichen Ekel heraus. Der Kerl da draußen war geisteskrank, war nicht länger ein Mensch, eher ein riesiges giftiges Insekt, das sich nicht zu kontrollieren vermochte. Seine Fühler hatten sie ausgemacht, und es würde seine Fangzähne in sie versenken, ob nun jemand zusah oder nicht.
    »Verschwinde. Verschwinde.« Sie wusste nicht, ob sie das zu dieser Kreatur sagte oder zu sich selbst.
    »Signora.«
    Immer weiter wich sie zurück, bis sie gegen den Marionettentisch stieß. Endlich drehte sie sich um und rannte zum rückseitigen Ausgang des Zeltes, Ward neben sich.
    Sie war in einer Gasse. Lauf nach links! Ja, wenn sie sich nach links wandte und dann noch mal nach links, musste sie weiter unten zurück auf die Piazza kommen. Dort würde er sie nicht mehr entdecken können. Lauf! Renn! Sie wollte so schnell rennen, wie es nur ging, die Kathedrale erreichen und in Sicherheit sein.
    Sie wandte sich nach links, aber dann gab es keine weitere Möglichkeit, nach links abzubiegen, nur eine Gasse nach rechts. Sie nahm sie. Und wieder keine Möglichkeit weiter nach links zu kommen.
    Sie rannte, machte kehrt und zwängte sich in die schmale Öffnung zwischen zwei Häusern, über sich baufällig wirkende Balkone, die ein Dach bildeten und ihre Schritte laut widerhallen ließen – und, wie sie in ihrer Panik glaubte, auch die eines anderen.
    Aber da war niemand. Alle waren auf den großen Straßen und Plätzen, um sich an den Feierlichkeiten zu beteiligen, und die Musik und das Singen verklangen langsam in der Stille, während sie sich tiefer und tiefer im ältesten und ärmsten Teil von La Kalsa verlief.
     
    Rowley stürmte durch die Straßen, stieß die Leute zur Seite und rief, ob jemand eine Dame mit einem Hund gesehen habe. Eine grell gekleidete Frau streckte die Arme nach ihm aus. »Eine Dame mit einem Hund«, schrie er sie an. Sie lachte, und er schob sie zur Seite.
    Ein Bettler versperrte ihm den Weg, und Rowley beförderte auch ihn unsanft aus dem Weg, begriff dann aber, dass der Kerl genickt hatte. Er wandte sich zurück und zog den Mann auf die Beine. »Eine Dame mit einem Hund?«
    »Schön gekleidet? Sie ist den Weg da hinunter, Sir. Habt Mitleid mit einem alten Kreuzfahrer!« Mit der einen Hand deutete er in Richtung der Piazza von La Kalsa, die andere streckte er um Geld bettelnd aus.
    Er bekam nichts.
    Rennend gelangte Rowley auf die Piazza. Sie war voller tanzender Männer, Frauen und Kinder. Er rief Adelias Namen und brach durch die Reihen der Tänzer, die sich hinter ihm gleich wieder schlossen.
    Jesus Christus, wo war sie? Was zum Teufel wollte sie hier? Wenn es tatsächlich
sie
gewesen war.
    Er lief die Stände entlang. »Eine Dame mit einem Hund? War die hier?«
    Und dann, Gott meinte es gut mit ihm, winkte ihn ein fetter Bursche draußen vor einem Puppentheater heran. »Die Dame mit dem Hund?«
    »War sie hier?«
    »So eine nette Signora, der Hund … nun gut. Hat meine
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