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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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hier in dem Wasser schwimmen wenigstens ein paar Tonnen Alligatorfett umher. Jetzt machen Sie sich fertig, und Ned, der Junge, mag ein paar für uns zu Gaste laden.«
    Ned, ein kleiner, außerordentlich schmutziger Negerjunge, schien aber keine besondere Lust zu haben, der Aufforderung Folge zu leisten. Er sah sich mit den großen, stieren Augen rings um und blickte ängstlich nach dem Wasser hinüber.
    »Aha!« lachte der Aufseher. »Er hat sein neuliches Abenteuer noch nicht vergessen. Vor ein paar Tagen ging der Dummkopf hier allein auf den Damm, setzte sich in der Mitte hin, fing an zu quietschen und wäre beinahe von einem großen Alligator von dem Damm heruntergeholt worden. Seit der Zeit mag er nichts mehr davon wissen. Na komm, mein Bursche - häng erst mein Pferd dort drüben an und dann klettere auf die kleine Eiche dort hinauf. Da geschieht dir nichts und du kannst locken nach Herzenslust.«
    Der Junge gehorchte rasch dem Befehl, und der Fremde stand indes wie träumend an dem schmalen, langen Damm. Alte Zeiten und Szenen zogen im Geist vor seiner inneren Seele vorüber, und er hörte nicht einmal, wie der kleine Bursche jetzt auf das täuschendste das Quietschen eines kleinen Ferkels aus den Ästen des niedern Baumes heraus nachahmte.
»Da kommen sie schon«, flüsterte der Aufseher da plötzlich, den Arm des neben ihm stehenden Fremden ergreifend.
    »Wer?« rief dieser, erschreckt emporfahrend.
    »Wer? Nun, ein halbes Dutzend bärenmäßig großer Alligatoren«, lachte der Aufseher. »Sehen Sie nicht die dunklen Flecke, die wie Stücke schwarzgebrannten Holzes auf dem Wasser schwimmen? Das sind sie.«
    »Ach ja - wahrhaftig«, sagte der Fremde, rasch gesammelt und die Büchse schußfertig aufnehmend, »und tüchtige Kerle dazu.«
    »Schießen Sie - da vorn ist schon einer auf kaum zehn Schritte.«
    »Halt, noch nicht. Wir wollen erst warten, bis er sich ein wenig dreht; die Kugel könnte sonst abprallen.
    »Jetzt - jetzt ist die Zeit.«
    Die Büchse hob sich, und wie der scharfe Strahl dem Rohr entzischte, zeigte der Alligator auch schon den aufgedrehten weißen Bauch. Der Aufseher stand indessen mit der gehobenen Harpune wurffertig am äußersten Rand des Damms, und wie der lange Bursche mit dem Schwanz im Todeskampf das Wasser peitschend näher zum Land kam, warf er ihm das mit Widerhaken versehene Eisen kräftig in den Wanst. Gleich darauf hatte er auch, von seinem Begleiter dabei unterstützt, die wütend um sich schlagende Bestie herangezogen, und der Fremde trennte ihr hier mit seinem breiten, schweren Messer den Kopf vom Rumpf.
    Die übrigen waren indessen, durch den Schuß erschreckt, ein Stück zurückgeschwommen. Sobald aber der Negerbursche sein Locken wieder begann und der Fremde seine Büchse kaum geladen hatte, kehrten sie auch wieder um und kamen gierig näher.
    Als sich auch der zweite nach dem Schuß überschlug, rief der Aufseher erstaunt aus:
    »Sie schießen wie der helle Teufel, und ich glaube treffen auch, wohin Sie sehen. Wäre mir nicht lieb, wenn Sie einmal auf mich zielen sollten.«
    »Würde auch wohl schwerlich vorkommen«, lachte der Fremde, »auf einen Alligator schießt sich's überhaupt besser wie auf einen Menschen.«
    »Haben Sie's schon einmal versucht?«
    »Wüßte nicht wo«, sagte der Fremde. »Im Krieg bin ich noch nicht gewesen, und bei uns im Norden gibt es keine Menschenjagden.«
    »Sie leben im Norden?« rief der Aufseher rasch und erstaunt. Der elegante, leichte Sommeranzug des Fremden wie der Panamahut, hatten ihn glauben machen, daß er es mit irgendeinem Pflanzer zu tun hätte und war vielleicht auch Ursache seiner außerordentlichen Gefälligkeit gewesen. Als er hörte, daß der Fremde aber im Norden daheim sei, fiel ihm auf einmal ein, wie es nötig wäre, daß er nach seinen Leuten sähe. Er versprach übrigens, augenblicklich einen der darin geschickten jungen Burschen herüberzuschicken, die Alligatoren abzustreifen - das konnte er keinem Weißen überlassen - wie zugleich das Fett für sich herauszunehmen.
    »Wenn Sie jetzt langsam dem Haus zugehen«, sagte er dabei, »denk ich, daß Sie den Herrn wohl munter treffen. Da, Ned, nimm die Harpune und geh nach Hause. Auf Wiedersehen«, nickte er noch grüßend dem Fremden zu, und in den Sattel springend, trabte er rasch zu seinen im Feld arbeitenden Negern zurück.
    Der Fremde blieb noch lange auf der Stelle, und unter der kleinen Gruppe von Bäumen hingeworfen, überschaute er sinnend und ganz in seine
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