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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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einholen. Ich muß doch dorthin zurück, und wenn Sie einen oder ein paar Alligatoren schießen, ist es mir sogar recht, denn wir können das Fett derselben jetzt vortrefflich zum Einölen unserer Baumwoll-Reinigungsmaschinen gebrauchen.«
    Der Fremde war gern damit einverstanden und schritt langsam den bezeichneten Weg entlang. Rechts und links davon arbeiteten die Neger, und vor ihm dehnte sich der weite, wassergefüllte Sumpf aus, von einem Zypressen- und Sumpfeichenwald begrenzt. Ehe er übrigens das Ende der Felder erreichte, hörte er schon wieder die Hufschläge eines galoppierenden Pferds hinter sich und sah den Aufseher herankommen, der einen kleinen Negerjungen hinter sich auf dem Pferd hatte und eine lange, dreizinkige Harpune in der Hand trug.
    »So«, rief er lachend, als er den Fremden überholte, während der kleine Bursche wie eine Schlange vom Pferd herunterglitt und hinter ihnen dreinlief, »nun können wir unsere Jagd beginnen. Hier ist eine Harpune, um damit, was etwa geschossen wird, aus dem Wasser zu holen, und der kleine Bursche da soll uns die Gesellschaft herbeilocken, daß sie ordentlich zum Schuß kommt.«
    »Kann er bellen?« fragte der Fremde.
    »Ah! Sie sind auch nicht zum erstenmal dabei«, meinte der Aufseher, »das merk ich wohl. Nein, bellen kann er nicht, aber täuschend wie ein Ferkel quietschen, und Sie sollen einmal sehen, wie toll die Bestien darauf sind. Aber was wollten Sie mit dem Alligator anfangen? Ihn essen?«
    »Nein, das nicht, obgleich mir gesagt wurde, daß die Schwänze derselben leidlich schmecken. Ich wünschte nur Haut genug für ein paar Satteldecken zu bekommen.«
    »Ja, dazu sind sie vortrefflich und sehen allerliebst aus. Waren Sie schon früher in dieser Gegend?«
    »Ich? Nein - ich bin zum erstenmal in Louisiana«, sagte der Fremde, während er sich abwandte, um nach einem über ihnen hinstreichenden blauen Falken zu sehen: »Nur oben am Red River habe ich einmal einen Alligator geschossen.«
    »Dort gibt es Massen«, bestätigte der Aufseher, »ich war selber vier Jahre im ›roten Land‹ Overseer auf einer Plantage, und wir konnten uns dort vor ihnen manchmal kaum retten. Hier gibt es aber ebenso viele, wenn nicht noch mehr!«
    »Sind Sie schon lange auf dieser Plantage?«
    »Beinahe drei Jahre - seit der letzte Aufseher von einem Negerdieb erschossen wurde.«
    »Ah, ich habe von der Geschichte gehört«, sagte der Fremde gleichgültig, »wurde nicht eine Frau damals geraubt?«
    »Eine Frau nicht, ein junges Quadroonmädchen, die mordsmäßig hübsch gewesen sein soll. Ich bin übrigens aus der Geschichte selber nicht so recht klug geworden, denn die Neger mochte ich nicht fragen, und die Herrschaft mag nicht gern an die Geschichte erinnert werden. So viel nur hab ich gehört, daß sie das Mädchen über jenen Damm, der da vor uns liegt, nach einer Lichtung geschickt hatten, die dort ein Amerikaner angelegt. Den jungen Damen war ein kleiner Hund verlorengegangen, der sich dorthin verlaufen, und das Mädchen sollte ihn abholen. Ob sie ihn nun boshafterweise einem Alligator vorgeworfen oder ob sie Unglück damit hatte, kurz, die kleine Kröte wurde unterwegs gefressen, und das Mädchen bekam eine tüchtige Portion Schläge dafür. Dieselbe Nacht lief sie davon, wie es hieß, auf Veranlassung eines Flatbootmanns, die sich fortwährend hier an den Ufern herumtreiben, und als Mr. Hoof, der frühere Aufseher, ihnen mit einigen Leuten nachsetzte, wurde er dabei von dem Negerdieb erschossen.«
    »Und haben sie das Mädchen wiederbekommen?« fragte der Fremde.
    »Oh, Gott bewahre«, brummte der Aufseher, »ja den Teufel auch, der Mississippi ist breit und der Wald dicht, und so schwer es einem Schwarzen allein werden sollte, hier herauszukommen, so läßt sich die Sache machen, wenn ein Weißer dabei ist, der als der Herr desselben gelten kann. Neger werden hier deshalb auch fortwährend gestohlen, und nur dadurch, daß wir eben außerordentlich kurze Umstände mit erwischten Dieben machen, können wir die Burschen ein klein wenig im Zaum halten.«
    »Aber was tun Sie mit ihnen?« fragte der Fremde. »Soviel ich weiß, steht Zuchthausstrafe darauf«
    »Ja«, lachte der Aufseher, »wenn wir sie dem Sheriff ausliefern. Gewöhnlich aber machen wir kurzen Prozeß mit ihnen und hängen sie an den nächsten Baum . In den letzten Jahren sind drei so abgefertigt worden. Aber hier ist der Platz«, unterbrach er sich rasch, »da sehen Sie - dort geht der Damm hinüber, und
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