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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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vom Boot. Sowie du das unter dir hast, bist du sicher, denn die kleine ›Sally‹ holt kein anderes ein.«
    »Habt keine Angst um mich, Sir«, lachte aber der junge Mann. »Lange Jahre sind verflossen, seit wir hier am Ufer lagen, und schwerlich kennt noch einer den jungen Burschen, der damals ja kaum den Fuß an Land gesetzt. Aber wenn auch; was könnten sie mir im schlimmsten Fall beweisen? Überdies hab ich es mir nun einmal in den Kopf gesetzt, die Botschaft selber auszurichten. Ihr müßt mir meinen Willen schon lassen.«
    »Daß du ein Tollkopf bist, weiß ich lange«, lachte der Alte gutmütig vor sich hin, »aber du wirst jetzt niemanden sprechen können. Das ganze weiße Volk hier, den Aufseher ausgenommen, hält um diese Zeit Siesta und läßt sich um die Welt nicht stören.«
    »Was tut's?« erwiderte sein jüngerer Begleiter. »Ich habe noch ohnedies vorher ein anderes Geschäft abzumachen. Wißt Ihr nicht, daß ich Sally eine Decke für ihren Sattel von einem der hiesigen Alligatoren versprochen? Die muß ich mir vor allem anderen erst holen, denn wer weiß, ob ich nachher noch soviel Zeit behalte.«
    Der Alte schüttelte lachend den Kopf
    »Du wirst dir den Schädel wohl noch einmal einrennen«, meinte er, »aber was tut's; wer nicht einmal durch Schaden klug werden will, an dem ist doch Hopfen und Malz verloren. Nun, lauf, wohin du Lust hast, wir bleiben indessen hier im Schatten liegen, und kommst du nicht zur rechten Zeit zurück, so tafeln wir ohne dich. Gewartet wird auf keinen Fall.«
    Der junge Mann nickte den beiden freundlich zu und schritt dann langsam über den Fahrweg hin zur Gartentür, die beiden anderen aber stiegen wieder zum Flußrand zurück, wo sie, durch die Levée gedeckt, vom Land aus nicht gesehen werden konnten. Hier stand ein kleines Dickicht von Pecan- und Stechpalmbäumen, in deren Schatten sie sich behaglich lagerten und das weitere geduldig abzuwarten schienen. Das Boot lag dicht unter ihnen, von dem abschüssigen, aber jetzt nicht hohen Uferrand vollkommen gedeckt.
    Der junge Mann hatte indes die Gartentür erreicht, die er jedoch von innen verriegelt fand, um Unberufene daraus fernzuhalten, und er mußte in den schmalen Weg hinein, der am Garten hin dem hinter dem Haus liegenden Negerdorf zuführte. Alles war hier wie ausgestorben; selbst die Alten und Kinder schienen sich vor den brennenden Sonnenstrahlen in den Schatten der Gebäude zurückgezogen zu haben. Nur ein paar Hunde und Schweine trieben sich dort faul und schläfrig herum. Der Fremde blieb stehen und schien sich nach jemandem umzuschauen, von dem er irgendeine Auskunft erhalten könne, als er einen Reiter den in die Felder führenden Weg herabsprengen sah. Es dauerte auch gar nicht lange, bis dieser, ein langer, hagerer Mann, mit einem zwar finstern, aber sonst eben nicht bösartigen Gesicht, herankam und ihn artig fragte, ob er irgend jemanden suche.
    »Allerdings«, sagte der Fremde, »ich wünsche mit Mr. Beauchamps zu sprechen, wenn er gegenwärtig gerade auf der Plantage ist. Es betrifft eine Geschäftssache.«
    »Dann werde ich Sie bitten müssen, ein wenig zu warten«, erwiderte der Reiter. »Mr. Beauchamps hält jetzt gerade seine Siesta und läßt sich unter keiner Bedingung in derselben stören.
    »Und wann wäre die beste Zeit, ihn zu sprechen?«
    »Am besten etwa in anderthalb Stunden, bei oder nach dem Kaffee. Wenn Sie sich indessen in meiner kleinen Wohnung aufhalten wollen, steht Ihnen dieselbe mit Vergnügen zu Diensten.«
    »Ich danke Ihnen für Ihr freundliches Anerbieten«, sagte der Fremde, »aber ich habe mir schon lange gewünscht, einmal einen Alligator zu schießen und könnte die Zwischenzeit indessen wohl dazu benutzen. Sie haben doch deren hier in der Nähe?«
    »Du guter Gott«, lachte der Reiter, »die könnten wir Ihnen beim Schock ablassen, und ich wollte nur, daß wir so viele Ballen Baumwolle jährlich zögen, wie Alligatoren hier auf unserem Grund und Boden innerhalb des Waldstreifens liegen, den Sie dort drüben sehen.«
    »Sie sind der Aufseher der Pflanzung?«
    »Zu dienen.«
    »Und kann ich die Erlaubnis bekommen, dort hinzugehen?«
    »Deren bedürfen Sie gar nicht«, sagte der Aufseher, »unsere Alligatoren stehen Ihnen mit Vergnügen zu Diensten. Wenn Sie übrigens einen Augenblick hier warten, oder nur langsam jenen Weg, den ich eben gekommen, vorangehen wollen, so werde ich Sie selber begleiten. Ich habe nur einige Aufträge zu besorgen und werde Sie bald wieder
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