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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron
Autoren: Carl Hanser Verlag
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sei Dank, ihm ist nichts passiert!«
    »Wo?« Meras Blick folgte dem Fingerzeig ihres Freundes. Als sie Kip entdeckte, atmete sie erleichtert auf und befahl einem der Gurrländer, den Jungen zu ihnen zu bringen.
    Kip war während des Kampfes völlig unter die Beeinflussung durch die Artefakte geraten. Daher begriff er nicht, dass es seine Freunde waren, die auf dem Feuerthron saßen, sondern war nur von dem Wunsch beseelt, den Herren des Thrones mit aller Kraft zu dienen. Als die Soldaten ihn losließen, warf er sich ehrfürchtig zu Boden.
    »Was befehlt Ihr dem geringsten Eurer Knechte, Glorifizienzen?«
    Zuerst glaubte Mera, Kip würde sich einen Scherz mit ihnen erlauben, doch da sah sie seine glasigen Augen und wusste, was mit ihm geschehen war. Mit einem nachsichtigen Kopfschütteln rief sie ihn zu sich und begann, die beeinflussende Magie in seinem Kopf aufzulösen.
20
    Seit dem Ende der Herrschaft Wassurams waren n ur wenige Tage vergangen, und doch wirkte die große Halle, in der der Feuerthron stand, mit einem Mal freundlich, ja sogar anheimelnd. Gobelins, die jahrhundertelang in den Magazinen der Festung gelagert worden waren, schmückten nun die Wände, und mehrere Reihen Tische und Bänke füllten den Raum. Von den Gurrländern trugen nur noch die Gardisten eine Rüstung. Die anderen hatten auf Meras Befehl hin zivile Kleidung angezogen. Sie bedienten die Gäste so rasch und geschickt, als hätten sie nie etwas anderes getan. Sie konnten, wie Merala anerkennend zugeben musste, sogar recht passabel kochen.
    Da Mera und Girdhan den Feuerthron nicht gemeinsam verlassen und auch dann nur kurze Zeit ausbleiben durften, hatten sie sich so gemütlich darauf eingerichtet, wie es nur ging. Den schwarzen Kristall und seine magischen Flammen verhüllte ein schönes samtblaues Tuch, und da Mera nicht so hart sitzen wollte, hatte sie sich ein Kissen besorgen lassen. Dazu kam ein Tischchen, das ein gurrländischer Schreiner für sie angefertigt hatte. Dieses konnten Girdhan und sie zwischen sich stellen, um sich ihre Mahlzeiten darauf servieren zu lassen.
    Zwei junge Gurrländerinnen, die ebenso wie die Männer vorspringende Kinnpartien und starke Eckzähne in den Unterkiefern besaßen, bedienten die beiden, und man konnte den Frauen ansehen, dass diese Arbeit ihnen mehr zusagte, als in den großen Manufakturhallen der Stadt tagaus, tagein Uniformen zu nähen. Vor ihnen an den Tischen saßen jene, die geholfen hatten, den Kaiser zu stürzen, Seite an Seite mit den ehemaligen Königen und Fürsten der Inseln. Auch ein paar Einheimische waren dabei, die sich das Mittagsmahl schmecken ließen, als seien sie halb verhungert. Bei diesen handelte es sich um die früheren Anführer der Gurrländer,die Wassuram abgesetzt hatte, nachdem es ihm gelungen war, den Runi Menandhol zu beherrschen und mit dessen Hilfe beinahe so gut über den Feuerthron zu verfügen wie zu seinen Lebzeiten. Mera und Girdhan hofften, die Männer und Frauen, die sie aus der Sklaverei befreit hatten, würden ihnen helfen, aus Gurrland wieder eine Insel zu machen, auf der es sich frei leben ließ. Bis jetzt hatten sie noch keine Entscheidungen getroffen, was mit den anderen Reichen des Archipels geschehen sollte. Königin Ilna, König Tendel, die Regentin Talena und die anderen gekrönten Häupter wurden langsam ungeduldig, doch sie wagten nicht, Mera und Girdhan direkt anzusprechen. Allerdings hatte Ilna mit Merala gesprochen und sie gebeten, sich bei ihrer Enkelin für sie einzusetzen.
    »Na, Hannez, schmeckt das Bier?«, fragte Meras Großmutter, um das Gespräch in Gang zu setzen.
    Hannez trank seinen Krug aus und stellte ihn hin. »Nicht übel, das Gebräu, aber mit Meranehs Bier kommt es nicht mit. Bei Ilyna, was würde ich darum geben, wenn wir jetzt alle im ›Blauen Fisch‹ zusammensitzen und es uns gut gehen lassen könnten.«
    »Ich hätte auch nichts dagegen!«, warf Mera wehmütig ein. Ihr war ebenso klar wie Girdhan, dass sie auf Gurrland bleiben mussten. Wenn sie den Feuerthron verwaist zurückließen, würde das monströse Artefakt nur zum Ziel ehrgeiziger Magier und Hexen werden, die sich von ihm Macht und Größe erhofften.
    »Leider gibt es den ›Blauen Fisch‹ nicht mehr. Wie ich gehört habe, wurde er von den Gurrländern zerstört«, antwortete Merala traurig.
    »Das waren nicht die Gurrländer, sondern die Büttel der Königin«, korrigierte ihre Tochter sie in bissigem Tonfall.
    »Das bleibt sich gleich! Ohne die Bedrohung durch
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