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Der Feind

Titel: Der Feind
Autoren: Vince Flynn
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sich mit einer schallgedämpften Pistole auf den Weg gemacht und sie ausgeknipst. Während dieser Aktion hörten sie vorsichtshalber den Polizeifunk ab, um es mitzubekommen, falls jemand sie beobachtet und der Polizei gemeldet haben sollte. In einer großen Stadt wie dieser dauerte es oft Monate, bis Straßenlaternen repariert wurden. Und auf diese Weise hatte jemand wie Khalil ein paar Tage Zeit, um sich an die leicht veränderte Umgebung zu gewöhnen.
    Coleman und seine Leute hatten Khalil dabei beobachtet, wie er in der ersten Nacht, nachdem sie für völlige Dunkelheit in der Gasse gesorgt hatten, nach Hause ging. Die Veränderung fiel ihm nicht einmal auf. Rapp staunte einmal mehr darüber, wie dumm sich der Kerl verhielt. Er hatte offensichtlich keine Ahnung, in was für eine ernste Lage er sich manövriert hatte. Da rekrutierte er junge Männer, damit sie für seine extremistische Auslegung des Islam kämpften, und er wähnte sich doch tatsächlich in Sicherheit, nur weil ein hochrangiger kanadischer Politiker befürchtete, dass man ihm Intoleranz vorwerfen könnte.
    Rapp sah sich als Soldat in einem Krieg, und dieser Khalil war ein feindlicher Soldat. Nein, das stimmte nicht einmal. Der Mann war nicht einmal ein Soldat. Wäre er selbst in die Schlacht gezogen, um für seine Sache zu kämpfen, so hätte Rapp zumindest einen Funken Respekt für ihn aufgebracht. Die Selbstmordattentäter waren, wenn man ihre Ziele einmal außer Acht ließ, wenigstens keine Feiglinge. Es verlangte schon eine Menge Mumm, sich eine Weste vollgepackt mit Sprengstoff umzuschnallen, mitten in eine Menschenmenge zu treten und sich selbst in die Luft zu jagen. Natürlich verlangte das auch ein ziemlich krankes Gehirn, aber Feiglinge waren sie ganz sicher nicht.
    Nein, der Kerl hier würde Rapp keine Gewissensbisse bereiten. Khalil war ein ausgemachter Feigling. Er stellte sich jeden Freitag auf seinen Minbar , die Kanzel seiner Moschee, und verbreitete seine Hasstiraden gegen den Westen im Allgemeinen und gegen Amerika im Besonderen. Er vergiftete die Köpfe von jungen Männern, die leicht zu beeindrucken waren, und verführte sie dazu, sich seinem Dschihad anzuschließen. Zusammen mit den anderen Feiglingen seines Schlages machte er die jungen Leute zu willenlosen Sklaven und irgendwann zu menschlichen Bomben. Khalil riskierte nicht das Geringste, und dementsprechend würde Rapp nicht das Geringste dabei empfinden, wenn er ihn ausschaltete.
    Rapp kam am anderen Ende der Gasse an. Es war völlig dunkel ringsum. Im Osten hob sich die schmale Mondsichel empor, die jedoch kaum Helligkeit spendete. Hier stand, so wie Coleman es ihm beschrieben hatte, eine Mauer und danach ein Müllcontainer – die ideale Stelle, um zuzuschlagen. Selbst ein gefährlicherer Gegner hätte gegen einen solchen Hinterhalt kaum eine Chance gehabt. Allerdings hätte er in diesem Fall nicht das Messer, sondern die Pistole benutzt. Rapps Augen gewöhnten sich an das schwache Licht, das den Platz kaum zu erhellen vermochte. Er ging in die Knie, um sich den Boden genauer anzusehen, und fand eine Limonadendose und mehrere Bierflaschen. Lautlos hob er sie mit seinen behandschuhten Händen auf und stellte sie unter den Müllcontainer. Das Letzte, was er in dieser Situation gebrauchen konnte, war, dass er gegen eine Flasche stieß und damit den Mann, auf den er es abgesehen hatte, auf sich aufmerksam machte.
    Rapp blieb direkt an der Mauer stehen. Jetzt musste es gleich so weit sein. Er hatte seine Ankunft so getimt, dass er nicht zu lange hier warten musste, wo die Gefahr bestand, gesehen zu werden. Coleman meldete über Funk, dass Khalil gerade die Moschee zusperrte. Bei ihm standen einige Männer, die mit ihm sprachen. Nichts Ungewöhnliches, fügte Coleman hinzu. Nun brach Khalil auf und ging in Rapps Richtung.
    Rapp lehnte sich an die Mauer und wartete. Sein Puls war genauso, wie er ihn haben wollte. Er befand sich im idealen Gleichgewicht zwischen Lockerheit und Anspannung – absolut bereit, um zuzuschlagen und es hinter sich zu bringen.
    Wenige Augenblicke später kam das erste Anzeichen, dass es Ärger geben könnte. Rapp hörte Colemans raue, etwas frustriert klingende Stimme im Ohrhörer. »Wir haben ein Problem. Er ist nicht allein.«
    »Wie viele?«, flüsterte Rapp in das winzige Mikrofon am Kragen seiner Jacke.
    »Unser Mann plus zwei andere.«
    »Scheiße«, murmelte Rapp. »Wissen wir, wer die beiden anderen sind?«
    »Negativ.«
    Rapp ging in Gedanken
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