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Der Fehler des Colonels

Der Fehler des Colonels

Titel: Der Fehler des Colonels
Autoren: Dan Mayland
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und darauf bestanden, dass er – dass die amerikanische Regierung! – Derek Simpson zwingen sollte, die Verantwortung für das Leben zu übernehmen, das er gezeugt hatte.
    Das hatte er nie getan.
    Amato schlug die Augen auf und sah triste Betonmauern und schmutziges Wasser. Plötzlich ging ihm auf, dass er in wenigen Sekunden hier in diesem Dreckloch sterben würde. Wenn er auch nur eine Chance auf Erlösung haben wollte, musste er Gott um Verzeihung bitten. Jetzt. Für das, was er seiner Tochter angetan hatte. Es war eine Todsünde. Und während all der Jahre hatte er sie nie gebeichtet.
    Dann sah er Daria an, die über ihm stand. Ihr Blick war glasig, sie schien nichts wahrzunehmen. Aber es waren dieselben Augen, die er vor all den Jahren gesehen hatte.
    »Rette sie!«, rief er und bat Gott nicht um sein Seelenheil, sondern um das ihre.
    Seine Stimme war nur ein gurgelndes, unhörbares Wispern.
    »Rette sie!«

81
    Amato kniete vor Daria und geriet ins Wanken. Er sah alt aus, traurig und besiegt. Der iranische Soldat, den er in die Brust geschossen hatte, brach an der Wand zusammen.
    Daria zitterte wie ein Schilfrohr im Wind, als hätte sie im Kampf gegen Amato ihr letztes bisschen Kraft verbraucht. Mit schweren Lidern ließ sie den Blick durch den Raum wandern.
    Weitere Gewehrschüsse dröhnten aus einem anderen Teil des Gebäudes herüber. Amato sackte zusammen, dann tauchte sein Kopf unter Wasser.
    »Daria«, sagte Mark. »Ich bin hier.«
    Sie drehte sich um und sah ihm zum ersten Mal in die Augen.
    »Wir müssen hier raus«, sagte er.
    Daria trat näher. Sie war wacklig auf den Beinen und ihr rechter Arm war deformiert. Mark hatte das Gefühl, eine leichte Brise könnte sie umwehen. Ihr Gesicht, und was damit gemacht worden war, erfüllte ihn mit jäher Verzweiflung.
    »Kannst du mich losbinden?«, fragte er.
    Daria nickte, bewegte sich aber nicht. Ob es Drogen waren oder das Trauma oder eine Kombination aus beidem, sie war nur halb bei Bewusstsein.
    »Du kannst das«, sagte er.
    Daria sah ihn wieder an und Mark nickte ihr zu. »Wir haben’s fast geschafft.«
    Sie machte ein paar Schritte, kniete sich dann neben ihm ins Wasser und versuchte, die Gurte zu lösen, die ihn fesselten. Aber mit der linken Hand konnte sie die Schnallen nicht öffnen und als sie versuchte, die rechte zu benutzen, verzerrte sich ihr Gesicht vor Schmerz und Erschöpfung. Die Finger ihres gebrochenen Armes bewegten sich nicht.
    »Ich kann nicht«, flüsterte sie, »ich kann nicht …«
    Mark spürte, wie ihre gesunde Hand an seinen gefesselten Handgelenken entlang streifte. Er nahm ihre Hand zwischen die seinen und sagte: »Hör auf, es zu versuchen.«
    Daria ließ ihren Kopf auf seine Brust sinken. Er spürte die Wärme ihrer Wange auf seiner nackten Haut.
    Eine Minute verstrich. Auf dem Flur wurde geschossen. Dann kam eine Stimme: »Mark! Bist du hier? Mark!«
    »Ich habe sie!«
    Sekunden später tauchte John Decker auf, in voller Kampfmontur, ein Maschinengewehr im Anschlag.
    »Mannomann«, sagte er, als er sie sah. Erst dachte Mark, Decker meinte Darias Zustand, aber dann ging ihm auf, dass Daria ihr Gesicht abgewandt hatte und Decker ihn anschaute.
    »Mir geht’s gut«, sagte Mark. »Ihr nicht.«
    Daria rührte sich nicht, als Decker ihn losband. Sie ruhte immer noch mit geschlossenen Augen auf seiner Brust. Decker war schon im Begriff, sie hochzuheben, da sagte Mark: »Ich nehme sie. Du führst uns raus. Gib mir deine Pistole.«
    Decker holte die 9mm-Glock aus dem Holster an seiner Taille und reichte sie ihm. Mark setzte sich mit Daria auf und feuerte zwei Schüsse auf den iranischen Soldaten ab, den Amato niedergeschossen hatte, weil der Mann noch atmete.
    »Hauen wir ab, Boss, wir haben ein Boot draußen.«
    Mark trug Daria auf seinen Armen und stapfte hinter Decker her durch das Wasser. Am Eingang lagen tote Soldaten, deren Blut das schmutzige Wasser rot färbte.
    Draußen hatte es angefangen zu regnen. Mark zwinkerte kurz, ehe er die sieben nicht gekennzeichneten Landungsboote aus der Sowjetära sah – dieselben alten Boote, die regelmäßig die Außenposten auf Neft Dashlari mit Lieferungen versorgten. Durchs flache Wasser watend und auf den Booten stehend bewachten aserbaidschanische Soldaten die Stege in der Nähe.
    Mark stolperte auf das nächste Boot zu und brach, Daria immer noch auf den Armen, am Heck zusammen.

E PILOG
    Baku, zwei Wochen später
    Mark warf einen Blick in sein Gästezimmer. Daria schlief
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