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Der Fehler des Colonels

Der Fehler des Colonels

Titel: Der Fehler des Colonels
Autoren: Dan Mayland
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Regimegefängnis, in dem zahlreiche Verbrecher und politische Gefangene einsaßen. Mark wusste, dass Daria weder das eine noch das andere war, sondern CIA-Agentin, und noch dazu eine, die Privilegien genoss. Als Tochter wohlhabender Washingtoner Diplomaten hatte sie an der Duke- und an der Georgetown-University Jura studiert.
    »Ich bin in Untersuchungshaft.«
    »Weshalb?« Mark trat einen Schritt näher heran und umfasste die Gitterstäbe.
    »Hast du es nicht gehört?«
    Langsam schüttelte er den Kopf.
    »Kam es nicht im Fernsehen?«
    »Ich hab meinen Fernseher rausgeschmissen.«
    Sie trat näher an das Gitter heran und legte ihre Hände auf seine. »Jack Campbell wurde ermordet«, wisperte sie.
    Mark erinnerte sich an einen kompetenten, unumstrittenen stellvertretenden Verteidigungsminister, der zwei Jahre lang im Amt gewesen und vor über einem Jahrzehnt zurückgetreten war.
    »Wo?«
    »Hier! In Baku, bei der Öl- und Gasmesse. Kopfschuss.«
    In den vergangenen Jahren hatte Mark stets an der alljährlichen Kaspischen Öl- und Gasmesse in Baku teilgenommen. Aber dieses Jahr hatte er vergessen, dass sie überhaupt stattfand.
    »Es ist heute Nachmittag passiert, gegen vier.«
    Um vier war Mark noch mit Nika und ihrem neunjährigen Sohn am Strand gewesen und hatte mit ihm an einer riesigen Sandburg gebaut. Als sie schließlich gingen, hatte Nikas Sohn gefragt, ob sie im Auto einen russischen Popsender hören könnten. Nach vier Bier am Strand war Mark alles recht gewesen. Niemand war erpicht darauf gewesen, Nachrichten zu hören.
    »Er war wegen der Messe hier. Ein paar Minuten, bevor er seine Rede halten sollte, hat ihn jemand umgebracht.« Daria machte eine Pause. »Als er erschossen wurde, war ich mit ihm allein, Mark. Ich stand direkt neben ihm in einem Raum hinter der Bühne. Es war grauenhaft.«
    Mark starrte sie an. »Warum warst du mit ihm allein?«
    »Ich sollte seine Rede simultan dolmetschen.« Dann schilderte sie ihm Einzelheiten des Attentats und erwähnte, dass sie ihre Waffe bei sich gehabt und versucht hatte, das Feuer zu erwidern. »Die Aseris haben mich neben Campbell gefunden. Ich wollte ihm helfen, hielt seinen Kopf, aber nur ich war da und er hörte nicht auf zu bluten … Als die Aseris auftauchten, zerrten sie mich von ihm weg, und jetzt denken sie, ich hätte etwas damit zu tun.«
    Mark betrachtete die Flecken auf Darias Gesicht. Es war kein Schmutz, stellte er fest.
    Sie umklammerte seine Hände fester, was sein Unbehagen weckte. So zerbrechlich sie aussah, war Daria von allen CIA-Agenten, die je unter ihm gearbeitet hatten, am besten in der Lage, auf sich achtzugeben. Dass sie so durch den Wind war, konnte nur heißen, dass es noch schlimmer stand, als sie durchblicken ließ.
    Er versuchte, in ihren Augen zu lesen, was sie vor der Videokamera nicht laut sagen mochte. Und er überlegte, warum sie es für nötig gehalten hatte, bei der Konferenz eine Waffe zu tragen.
    »Die Botschaft weiß, dass du inhaftiert bist?«
    »Die iranische Botschaft schon.«
    »Großartig.«
    Anscheinend hatte Daria bei ihrer Festnahme ihren gefälschten iranischen Pass bei sich gehabt. Das hieß, die Aseris würden sich nicht scheuen, sie wie Dreck zu behandeln.
    »Schikanieren dich die Wächter?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Was ist passiert?«

3
    Daria wurde grob vorwärts geschubst.
    »Süretle!« Schneller!
    Obwohl man ihr die Augen verbunden hatte, verrieten ihr der Chor der Männerstimmen – fick mich, blas mir einen – und die Symphonie klirrender Schläge auf Gitter, dass sie sich in einem Gefängnis befand.
    Sie wurde einen Korridor entlang geführt, dann den nächsten. Das Klirren hörte auf. Ein Schlüssel drehte sich in einem Türschloss. Jemand stieß sie nach vorn und entfernte ihre Augenbinde. Sie sah eine Metallpritsche und ein schmutziges Toilettenloch.
    Einer der drei Wärter beförderte sie mit einem Tritt in den Hintern in die Zelle. Als sie sich auf den Knien aufrichtete, spürte sie einen stachligen Bart im Nacken, dann feuchte Lippen, dann eine Nase.
    Instinktiv warf sie mit aller Kraft den Kopf zurück.
    Der Wärter hinter ihr reagierte mit einem Faustschlag, der sie seitlich am Kopf traf. Hastig floh sie auf allen Vieren und konzentrierte sich auf einen der anderen Wärter – den, der einen Ehering trug, den, der sich zu schämen schien – und sah ihm in die Augen.
    »Buyurun! Bitte!«, rief sie, während sie den Wächter mit der blutenden Nase abzuwehren versuchte.
    »Lass
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