Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann
Autoren: Max Bentow
Vom Netzwerk:
an.
    Kurz darauf hockten sie auf ihrem Sofa, und Doro schlug die Beine unter. Sie trug bloß ein überlanges T-Shirt, war wohl gerade unter der Dusche hervorgekommen, der Duft ihrer Haut erinnerte ihn seltsamerweise an Pistazieneis, was durchaus angenehm war. Seine Hand lag auf der Rückenlehne, da begannen seine Finger mit einer Haarsträhne von ihr zu spielen.

    »Hättest dich ja mal früher bei mir melden können.«
    »Ich weiß, Doro, ich weiß.«
    Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier.
    »Wie läuft es an der Uni?«
    Sie lachte.
    »Wird Zeit, dass ich zum Ende komme.«
    Doro war neunundzwanzig und noch immer Studentin der Kulturwissenschaft. Trojan fand es zum Teil interessant, zum Teil äußerst verwirrend, womit sie sich dort so intensiv beschäftigte.
    »Geht es noch immer um ›Die Simpsons‹?«
    »Unter anderem, ja.«
    »Ich finde Homer Simpson ja witzig, aber –«
    »Ich hab dir doch schon zu erklären versucht, dass diese Serie einiges über unseren postmodernen Alltag aussagt.« Sie grinste ihn an. »Und was tut sich auf dem kriminellen Sektor?«
    »Zur Zeit ist alles verdächtig ruhig.«
    Sie rückte ein Stück näher und kuschelte sich in seinen Arm.
    »Wo hast du gesteckt so lange?«
    »War ein bisschen zerstreut, du weißt schon, das Übliche. «
    »Gib mir ’nen Kuss.«
    Er wusste, dass es albern war, sich noch länger über ihr ungeklärtes Verhältnis den Kopf zu zerbrechen, also küsste er sie.
    Sie fingerte an seiner Gürtelschnalle, und Trojan seufzte. Er wünschte sich manchmal ihre unkomplizierte Art, an die Dinge heranzugehen. Ihre Affäre hatte begonnen, als Emily
gerade bei ihm eingezogen war. Er hatte versucht, es vor ihr zu verheimlichen, doch da sie nun mal Nachbarn waren, ließ sich das nicht allzu lange bewerkstelligen. Als sich zu seiner Überraschung herausstellte, dass sich die beiden äußerst gut verstanden, befürchtete er, Emily könnte in Doro eine Art große Schwester sehen, und welche Rolle würde er dann in diesem Trio spielen? Doro lachte ihn nur aus, wenn er ihr etwas von seiner Konfusion mitzuteilen versuchte, also ließ er es lieber bleiben.
    Er hatte eh den Verdacht, dass es da noch jemanden gab, mit dem sie gelegentlich das Bett teilte, was die Sache nicht unbedingt einfacher machte.
    Er küsste ihren Hals, und sie rutschte tiefer.
    Trojan schloss die Augen. Für einen Moment stellte er sich vor, mit der Psychologin auf dem Sofa zu liegen, ein Gedanke, für den er sich umgehend schämte.
    Wie ertappt hielt er inne.
    »Hör auf zu grübeln, Bulle«, murmelte Doro mit dem Anflug eines Lächelns, nahm seine Hände und führte sie unter ihr T-Shirt.
     
    Coralie stand im Bademantel vorm Herd und rührte in der Pfanne. Das Gemüse war fast gar. Sie entkorkte eine Flasche Wein, schenkte sich ein und nahm einen Schluck. Sie hatte beschlossen, es sich im Schlafzimmer gemütlich zu machen und dort auf Achims Anruf zu warten.
    Sie überprüfte noch einmal ihr Handy, doch auf dem Display wurde keine Nachricht angezeigt.
    Schließlich drehte sie den Herd aus und häufte das Gemüse auf den Teller. Sie nahm die Flasche und das Glas und
brachte beides ins Schlafzimmer. Sie ging noch einmal zurück in die Küche, um das Abendessen zu holen.
    In der einen Hand hielt sie den Teller, mit der anderen griff sie nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Dann schlug sie die Bettdecke zurück.
    Vor Entsetzen ließ sie den Teller fallen und schrie auf.
    In ihrem Bett lag ein Vogel.
    Blutverschmiert, zerfetzt, ausgeweidet.
    Und er hatte keine Federn mehr.
    Coralie taumelte zurück.
    In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie nicht allein in der Wohnung war. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich, sie ballte die Fäuste und wich langsam zurück.
    Sie trat in die Porzellanscherben, in den Brei aus Gemüse und Reis. Sie begann zu wimmern, stolperte.
    Dann starrte sie zum Vorhang. Jetzt wusste sie es. Dahinter war etwas, es hatte auf sie gelauert, die ganze Zeit.
    Ihr Atem stockte.
    Ihr Mund weitete sich zu einem Schrei.
    Doch sie brachte keinen Ton heraus.
    Da glitt der Vorhang zurück, und Coralie wurde kurzzeitig schwarz vor Augen.
    Sie wehrte sich gegen die Ohnmacht, sie musste sich wehren.
    Das Zimmer drehte sich um sie herum. Ich muss hier raus, durchfuhr es sie.
    Sie verlor den Boden unter den Füßen.
    »Nein«, wimmerte sie, »nein.«

DREI
    A chims Hand zitterte. Immer wieder betätigte er die Wahlwiederholungstaste auf seinem Handy, aber Maja hob nicht ab. Vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher