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Der Fall von Thormain

Der Fall von Thormain

Titel: Der Fall von Thormain
Autoren: Ernst Vlcek
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gesellte sich zu O'Marn, der sein Kommen überhaupt nicht zu bemerken schien.
    Mythor war enttäuscht, als er feststellen musste, dass die Aussicht nicht so gut war, wie er gehofft hatte. Das Gelände stieg hinter der Steilküste noch etwas an und versperrte den Blick ins Landesinnere.
    »Ich habe erwartet, dass du mich aufsuchst, Mythor«, brach O'Marn das Schweigen. »Du musst denken, dass es zwischen uns einiges zu bereden gibt. Aber dem ist nicht so. Wenn du so alt wärst wie ich und meine Erfahrung hättest, würdest du erkennen, dass es Dinge gibt, über die man nicht sprechen kann.«
    »Dafür habe ich Verständnis«, sagte Mythor.
    O'Marn winkte ab. »Das sagst du so, aber du denkst anders. Es ist das Vorrecht der Jugend, nach Wissen zu streben. Ich bewundere dich, Mythor, denn du besitzt Mut und Entschlossenheit. Und du bist klug, fast zu klug für dein Alter. Du strebst große Ziele an, aber dabei übernimmst du dich.«
    »Willst du mir den Mut nehmen, für die gute Sache zu kämpfen, Coerl?« fragte Mythor. »Es stimmt, ich habe noch nicht viel von der Welt kennengelernt, aber ich habe bereits so viel Ungerechtigkeit und Grausamkeit mit ansehen müssen, dass es mir graut. Ich kann nicht tatenlos daneben stehen. Und die meisten Greuel, die ich kennengelernt habe, kamen von deinem Volk.«
    »Caer ist nicht gleich Caer«, sagte O'Marn. »Aber ich weiß, dass du unsere Priester meinst. Von ihnen geht alles Böse aus, und es wird noch mehr kommen.«
    »Ich werde mich dagegenstellen.«
    O'Marn nickte wissend. »Ich werde dir die Augen öffnen, Mythor«, sagte er dann. »Ich bin kein Mann großer Worte, ich habe schon zu viel geredet. Ich will nicht mehr sagen. Aber ich werde dir zeigen, was die Welt erwartet. Du sollst einen Vorgeschmack dessen bekommen, was die Zukunft bringen wird.«
    »Wann?«
    »Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es dabei nicht an«, sagte O'Marn. »Wir haben Zeit, uns auszuruhen und zu Kräften zu kommen.«
    »Mehr willst du dazu nicht sagen?«
    »Lass mich wieder allein, Mythor.« Mythor kletterte von der Felsnadel, aber er kehrte nicht sogleich zum Lager zurück. Er suchte sich einen Platz, an dem er ungestört war. Dort holte er das Pergament hervor und betrachtete das Bildnis der Unbekannten. Der Anblick half ihm, O'Marns düstere Worte zu vergessen.
    Das Pergament gab ihm die Kraft, die er im Kampf gegen das Böse brauchte. Nein, er stand nicht allein gegen die Übermacht der Caer-Priester. Die Welt war nicht dem Bösen verfallen; er glaubte an das Gute.
    Er hatte Gleichgesinnte gefunden und würde eines Tages noch viele um sich sammeln. Er stand erst am Anfang, während sich die Mächte des Bösen lange und ausgiebig auf ihren Vernichtungsschlag hatten vorbereiten können.
    Er hatte erst drei Stützpunkte des Lichts aufgesucht und nur einen Teil des Vermächtnisses des Lichtboten an sich gebracht. Als nächstes warteten Einhorn, Schneefalke und Bitterwolf auf ihn. Und aus unbekannter Ferne lockte ein überirdisches Wesen in der Gestalt einer feenhaften Frau. Er trug ihr Andenken am Herzen, es gab ihm Kraft.
    Mythor verstaute das Pergament unter seiner Jacke und kehrte frohen Mutes zu den Gefährten zurück. Er war nun sicher, dass er auch Ritter Coerl O'Marn für sich gewinnen würde.
    *
    Yargh Mainer hatte die erste Angriffswelle der Caer gut überstanden und war auch den Trupps entgangen, die die Häuser nach versteckten Piraten durchsuchten. Der erste Sturm war abgeebbt, die Caer hatten ihre Wildheit verloren und machten sich daran, ihren Sieg zu feiern. In der Schenke Zum Nöffenwurm ging es hoch her. Yargh wurde übel, als er sah, dass Dhalins Kopf von dem steinernen Lindwurm über dem Eingang baumelte, und er wandte sich ab.
    Bis auf diesen Zwischenfall kam er ganz gut voran. Seine Zeit war nun gekommen, das wusste er.
    Vor ihm tauchte in der Straße eine Horde grölender Caer auf. Als sie ihn sahen, verstummten sie erschrocken und machten, dass sie ihm aus dem Wege gingen.
    Yargh kicherte in seine Maske. Seine Tarnung war vollkommen. Wie gut, dass er sein Kostüm vom letzten Umzug aufgehoben hatte. Als er damals das Gewand eines Caer-Priesters trug und sich hinter der roten und silberdurchsetzten Gesichtsmaske verbarg, hatte er nur wenig Erfolg gehabt. Anstatt damit den Piraten Furcht einzujagen, hatte er sie geradezu herausgefordert, üble Scherze mit ihm zu treiben. Aber das war vorbei, jetzt wehte ein anderer Wind in Thormain.
    Die Caer hatten das Kommando übernommen,
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