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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X
Autoren: Andre Norton
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keinen Fehler. Noch ehe die Tür sich öffnete, war er hinter dem Vorhang verschwunden.

 
2
     
    Trotz der schwachen Beleuchtung schimmerte die Gestalt, die den Raum betrat. Eiskristallen gleich glitzerten Sterne von einem breiten Kragen und von dem Gürtel, der Rang und Stand symbolisierte. Drustans! Diskan preßte sich noch flacher gegen den Fensterrahmen, spürte ihn schmerzhaft in seinem Rücken und versuchte, so flach wie möglich zu atmen. Rixa war schon schlimm genug, aber Drustans, ihrem Bruder, zu begegnen, würde eine doppelte Niederlage bedeuten!
    Der junge Vaan bewegte sich mit all der Geschmeidigkeit seiner Rasse auf den Schreibtisch zu. Dann zögerte er einen Augenblick. Diskan erwartete jeden Augenblick, daß er herumwirbelte, das Fenster musterte und den Eindringling mit seiner ganzen Willenskraft hinter dem Vorhang hervorholte. Selbstverständlich würde sich sein ernster Gesichtsausdruck kein bißchen verändern. Er würde weiterhin korrekt sein, immer in der Lage, zur richtigen Zeit das Rechte zu tun.
    Eine Regung dumpfer Wut kam in Diskan auf, vielleicht auch deshalb, weil er in diesem Raum in der Lage gewesen war, selbständig einen Entschluß zu fassen und ihn auch ohne unglückliche Zwischenfälle in die Tat umzusetzen. Sich jetzt Drustans ergeben zu müssen, wäre eine besonders schwere Enttäuschung. Drustans ging zu dem Regal mit den Scheiben und kniete davor nieder.
    Diskan preßte die Hand auf seine Gürteltasche. Hatte – konnte Drustans irgendwie den Diebstahl geahnt haben? Ja, die Hand des Vaan bewegte sich auf die roten Scheiben zu! Aber warum – wie?
    Drustans zog eine der Scheiben hervor – genau diejenige, welche Diskan bewegt hatte, um die entstandene Lücke zu vertuschen. Immer noch auf den Knien, tippte Drustans mit dem Zeigefinger auf die Scheibe und betrachtete sie. Dann steckte er sie in. eine Gürteltasche und verließ den Raum.
    Diskan holte tief Luft. Er war also nicht wegen ihm hiergewesen, sondern wegen dieser Scheibe. Und das konnte wegen der Verschiebung, die Diskan vorgenommen hatte, Schwierigkeiten bedeuten. Angenommen, Renfry hatte seinen Stiefsohn beauftragt, die Scheibe mit dem programmierten Band darin zu holen, weil er sich in einem Gespräch darauf bezogen hatte. Heute abend waren mindestens drei Besucher im Haus, die sich möglicherweise für Informationen über ›rote‹ Planeten interessierten – der Kapitän eines Freihandelsschiffes, Isin Ginzar; Zlismak, ein Attache von der Zacathanischen Botschaft, und noch ein Scout im Ruhestand, Bazilee Alpern.
    Sobald der Irrtum entdeckt war, würde Renfry augenblicklich hierher kommen – und das bedeutete, daß Diskan unverzüglich handeln mußte. Er konnte die Scheibe in einen anderen Schlitz stecken und sie so glauben machen, daß lediglich beim Sortieren ein Fehler gemacht worden war – aber er konnte sich einfach nicht dazu zwingen, jene paar Schritte zu tun, seinen Schlüssel wieder herzugeben, seinen Plan fallenzulassen! Er hatte sich das alles selbst ausgedacht und es auch ausgeführt. Und jetzt würde er auch weitermachen – er mußte es einfach!
    Außer den Dingen, die er in seinem Gürtel aufbewahrte, gab es nichts, das er aus diesem Haus mitnehmen wollte. Es war Nacht. Wenn er erst einmal draußen im Garten war, konnte er ganz einfach zum Raumhafen gelangen. Hier in der Umgebung kannte er sich gut genug aus.
    Er schwang sich aus dem Fenster. Der Garten war dreieckig, und vom schmälsten Punkt aus gelangte man auf eine Seitenstraße. Diskan sah an sich herunter. Die Brust seiner Tunika war verschmiert. Er war einfach nicht in der Lage, Kleidungsstücke länger als ein paar Augenblicke zu tragen, ohne sie zu verschmieren. Glücklicherweise war er trotz des Festtages sehr einfach gekleidet, ohne glitzernden Kragen und all das schmückende Beiwerk, das die Vaans so liebten. Wenn man ihn sah, konnte man ihn durchaus für einen Arbeiter vom Raumhafen halten, der sich verlaufen hatte.
     
    Vorsichtig schlich sich Diskan bis zur Spitze des Dreiecks vor.
    Irgendwie gelangte er über den gebrechlichen Zaun. Einen Ärmel hatte er sich an der Schulter ausgerissen, und jetzt hatte er auch noch einen blutenden, brennenden, breiten Kratzer über dem Ellbogen. Seine Stiefel machten kein Geräusch.
    Hier entlang – bis zu der Ecke, dann die erste Abzweigung – und er war direkt unterwegs zum Raumhafen. Er würde ziemlich weit entfernt von den Raumschiffen, zu denen er wollte, in den Raumhafen kommen, aber wenn
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