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Der Ewige Held

Der Ewige Held

Titel: Der Ewige Held
Autoren: Michael Moorcock
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allein, so leiden soll.
    Nicht du allein leidest. Die Menschheit leidet mir dir.
    Es ist ungerecht!
    Dann sorge für Gerechtigkeit!
    Ich kann es nicht. Ich bin nur ein Mensch.
    Du bist der Held! Du bist der Ewige Held!
    Ich bin ein Mensch!
    Du bist ein Mann! Du bist der Held der Ewigkeit!
    Ich bin nur ein Mensch!
    Du bist der Held!
    Ich bin Elric! Ich bin Urlik! Ich bin Erekose! Ich bin Corum! Zu viele bin ich! Viel zu viele!
    Du bist eins!
    Und nun empfand Hawkmoon in seinen Träumen (wenn es Träume waren) für einen flüchtigen Moment den Frieden - ein Gefühl, das zu groß für Worte war. Er war eins. Er war eins.
    Doch schon war es vorbei und wieder war er viele. Und er schrie in seinem Bett und flehte um Frieden.
    Yisselda klammerte sich an ihn, als er um sich schlug und sich aufbäumte. Und Yisselda weinte. Da fiel Licht durch das Fenster auf sein Gesicht. Der Morgen graute.
    „Dorian! Dorian!"
    „Yisselda!"
    Tief atmete er ein. „O Yisselda!" Er war zutiefst dankbar, daß zumindest sie ihm nicht genommen worden war, denn außer ihr hatte er keinen Trost auf der ganzen Welt, auf all den Welten, die sich ihm während des Schlafes offenbarten. Und so hielt er sie in seinen starken Armen an sich gedrückt und weinte ein wenig, und sie weinte mit ihm. Dann standen sie auf, kleideten sich schweigend an und verließen in aller Stille, ohne zu frühstücken, das Gasthaus. Sie stiegen auf die Pferde, die für sie bereitstanden, und ritten aus Karlye, die Küste entlang, durch den dichten Regen, den die graue, aufgewühlte See ihnen entgegenzuschicken schien, bis sie die Silberbrücke erreichten, die sich über die dreißig Meilen Wasser zwischen dem Festland und der Insel von Granbretanien erstreckte.
    Die Silberbrücke war nicht mehr, wie Hawkmoon sie in den vergangenen Jahren gekannt hatte. Ihre hohen Pfeiler, im Augenblick von Nebel, Regen und hoch oben auch von Wolken verborgen, trugen nicht länger kriegerische Reliefs, die vom Ruhm des Dunklen Imperiums zeugen sollten. Statt dessen schmückten neue Bilder sie, eines zum Andenken an jede Stadt des Kontinents, die die granbretanischen Kriegsherren dereinst geplündert und geschändet hatten. Eine große Anzahl von Bildern war es, die alle harmonisch die Natur priesen. Die gewaltige Brücke war auch jetzt noch eine Viertelmeile breit, doch keine Kriegsmaschinen wurden jetzt darüber geschleppt; keine der Tierkrieger des Dunklen Imperiums überquerten sie mehr. Prächtige Handelskarawanen zogen in jede der beiden Richtungen, und Reisende aus Normandia, Italia, Slavien, Polanz, Skandien, den Bulgarbergen, den großen deutschen Stadtstaaten, Pescht, Ulm, Wien und Krakhov, ja selbst dem fernen, geheimnisumwitterten Muskovien. Fuhrwerke rollten über sie, gezogen von Pferden, von Ochsen, sogar von Elefanten. Kamele und Maultiere und Esel wurden darüber getrieben. Seltsame uralte Wagen, die mechanisch bewegt wurden, waren zu sehen. Nicht immer funktionierten sie noch einwandfrei, und wenn sie stehenblieben, war es schwierig, sie wieder in Gang zu bringen, denn das Prinzip ihres Antriebs war vielleicht lediglich noch einer Handvoll kluger Männer und Frauen bekannt. Reiter trabten über die Silberbrücke, und Männer, die Hunderte von Meilen zu Fuß zurückgelegt hatten, nur um dieses Wunderwerk zu sehen, schritten ehrfurchtsvoll darüber. Die unterschiedliche Kleidung, die zu sehen war, zeugte zuweilen von fremden Landen, so manche war unansehnlich, geflickt, staubig, manche protzig in ihrem übertriebenen Prunk. Pelz, Leder, Seide, Wolle, die Häute fremder Tiere, die Federn seltener Vögel schmückten Kopf und Rücken der Reisenden. Jene in den kostbarsten Gewändern litten am meisten unter dem kalten Regen, denn er drang durch kunstvoll gefärbte Stoffe und fand die nackte, frierende Haut darunter. Hawkmoon und Yisselda trugen ihre einfache warme Reisekleidung ohne jegliche Verzierung, und ihre Pferde waren gute, kräftige Tiere, die unermüdlich dahintrabten. Bald schon hatten sie sich der Menge angeschlossen, die westwärts zog, dem dereinst gefürchteten Land entgegen, das jetzt von Königin Flana in ein Zentrum der Kultur und des Handels verwandelt worden war und von einer gerechten Regierung verwaltet wurde. Es hätte schnellere Möglichkeiten gegeben, Londra zu erreichen, aber Hawkmoon trieb das Verlangen, die Stadt auf jenem Weg zu erreichen, auf dem er sie zum erstenmal verlassen hatte.
    Seine Laune wurde besser, als er auf die zitternden Trossen schaute,
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