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Der Ewige Held

Der Ewige Held

Titel: Der Ewige Held
Autoren: Michael Moorcock
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die die Hängebrücke hielten, auf die kunstvolle Silberverzierung der mächtigen Stahlpfeiler, die nicht nur erbaut waren, um Millionen Tonnen zu tragen, sondern auch, um dem stetigen Schlagen der Wellen und dem Druck der Strömung weit unterhalb der Oberfläche zu widerstehen. Die Brücke war ein Monument der Leistung des Menschen, sowohl von Nutzen als auch großer Schönheit, und ohne jegliche übernatürliche Hilfe errichtet. Sein Leben lang hatte Hawkmoon die Philosophie abgelehnt, daß der Mensch allein nicht fähig war, Wunderwerke zu schaffen, daß er von höheren Wesen Unterstützung haben müßte (von Göttern, von fremden Intelligenzen von außerhalb des Sonnensystems), um das erreicht zu haben, was er bisher schuf. Nur jene, die Angst vor der Kraft in sich selbst hatten, brauchten einen solchen Glauben, dachte Hawkmoon. Er bemerkte, daß der Himmel sich aufhellte und ein paar zaghafte Sonnenstrahlen die silberbezogenen Trossen umschmeichelten und sie noch heller als zuvor glitzern ließen. Er holte einen tiefen Atemzug der ozonreichen Luft und blickte lächelnd zu den kreischenden Möwen hoch, die ein Schiff begleiteten, dessen Segel gerade unter der Brücke hinwegtauchten. Dann machte er Yisselda auf die Schönheit und Zartheit eines Reliefs aufmerksam, das ihm besonders gefiel, und auf die feine Silberfiligranarbeit an einer Strebe. Sowohl er als auch Yisselda fanden ein wenig innere Ruhe, während sie sich für dieses Meisterwerk einer Brücke interessierten, und für die Aussicht, die sie von hier hatten, und sie waren der gleichen Meinung, daß alle Schönheit, die sie in Londra erwartete, ganz sicher nicht mit der dieser neuerschaffenen Brücke vergleichbar sein konnte.
    Doch plötzlich schien es Hawkmoon, als senke sich ein Schweigen auf die Brücke herab. Das Knarren der Wagen und das Dröhnen der Hufe verstummte, genau wie das Kreischen der Möwen und das Donnern der Brandung. Er wollte sein Erstaunen darüber Yisselda mitteilen, aber sie war verschwunden. Erschrocken blickte er sich um und stellte mit wachsendem Entsetzen fest, daß er völlig allein auf der Brücke war.
    Ein dünner Schrei, wie aus weiter Ferne - vielleicht war es Yisselda, die ihn rief -, drang an sein Ohr, dann erstarb auch er.
    Hawkmoon wollte sein Pferd herumwirbeln, um zurückzureiten, in der Hoffnung, wenn er es schnell genug tat, wieder zu Yisselda zu gelangen.
    Aber sein Pferd weigerte sich. Es schnaubte, es stampfte auf das Metall der Brücke. Es wieherte.
    Und Hawkmoon schrie in seiner unbeschreibbaren Verzweiflung ein qualvolles: „NEIN!"

3.
    IM NEBEL
    „Nein!"
    Eine andere Stimme war es - eine dröhnende, schmerzerfüllte Stimme, viel lauter als Hawkmoons, lauter als ein Donner.
    Die Brücke schwankte, das Pferd bäumte sich auf, und Hawkmoon stürzte schwer auf den Metallboden. Er versuchte vergebens, sich zu erheben, wollte zurückkriechen, dorthin, wo er sicher war, Yisselda wiederzufinden.
    „Yisselda!" rief er.
    „Yisselda!"
    Ein boshaftes Lachen erschallte hinter ihm.
    Mit gespreizten Armen und Beinen lag er noch auf dem Bauch, aber es gelang ihm zumindest, den Kopf zu drehen. Er sah sein Pferd stürzen und an den Brückenrand rutschen, wo es mit zappelnden Beinen und rollenden Augen gegen das Geländer gepreßt wurde.
    Nun versuchte Hawkmoon, sein Schwert von unter dem Umhang hervorzuholen, aber er lag darauf, und es ließ sich nicht herausziehen.
    Wieder erschallte das Gelächter, aber seine Lautstärke und -höhe hatten sich verändert. Es klang weniger selbstsicher. Und dann dröhnte die Stimme erneut:
    „Nein!"
    Hawkmoon empfand eine grauenvolle Angst, eine Furcht, bei weitem größer als jede, die er bisher gekannt hatte. Er hatte nur einen Wunsch, fortzukriechen von der Quelle dieser Angst, aber er zwang sich, noch einmal seinen Kopf zu drehen und dieses Gesicht, das er aus dem Augenwinkel bemerkt hatte, anzusehen.
    Das Gesicht füllt den gesamten Horizont aus, es starrte aus dem Nebel, der um die schwankende Brücke wirbelte. Es war das dunkle Gesicht seiner Träume. Die Augen wirkten drohend und waren doch von einem eigenen Grauen erfüllt, und die riesigen Lippen formten erneut das Wort, das gleichzeitig eine Herausforderung, ein Befehl und eine Bitte war:
    „Nein!"
    Endlich glückte es Hawkmoon auf die Füße zu kommen. Mit gespreizten Beinen hielt er sein Gleichgewicht und erwiderte mit aller Willenskraft, einem Willen, der ihn selbst erstaunte, den starrenden Blick.
    „Wer bist du?" rief
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