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Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch
Autoren: Alexander Kröger
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wird einer sein,
und zwar ein exzellenter. Mit besten Referenzen und
Zeugnissen. Das ist deine dritte, wichtige Aufgabe.“
Mannas erhob sich, ging zu seinem Kommunater, entnahm
ihm eine Flasche Cognac und zwei Gläser, schenkte ein und
sagte: „Trinken wir darauf. Emzwei ist ein vigilanter Bursche,
du sagst es selbst. Er wird nicht lange brauchen, sich dort
einzuritzen. Die Ideenträger sind ohnehin andere. Sie brauchen
verständiges Fußvolk.“
Mannas prostete Cathleen zu.
„Die vierte…?“, fragte sie.
Mannas stutzte, dann lachte er kurz auf. „Ja, die vierte
Aufgabe: Du wirst während der gesamten Aktion die
Kontaktperson für Emzwei sein, natürlich mit vollster
Unterstützung unserer Agentur. Aber die Verbindung läuft
über deinen Kopf, dein Organisationstalent, kurz deine
Fähigkeiten für solche Aufgaben. Ich vertraue dir, und du wirst
es schaffen. Darauf noch einen Schluck!“
„Verstehe. Ich denke aber, es wird schwierig werden.“
„Das denke ich auch. Das Objekt wird mit Sicherheit
bewacht wie kaum ein zweites auf diesem Planeten. Denn so
wie wir werden sich noch andere dafür interessieren. Aber ich
bin sehr zuversichtlich. Wir sind stark und haben Erfahrung
und – dich!“ Er lächelte hintergründig.
Cathleen nickte nachdrücklich und lächelte zurück. „Bis ich
versage.“
Paolo Mannas blickte irritiert auf, seine Mitarbeiterin nahm
es scheinbar nicht zur Kenntnis.
„Also keine Vorschusslorbeeren bitte“, setzte sie hinzu. „Ich
werde mein Möglichstes tun.“
„In ein paar Stunden wird Emzwei eintreffen, empfange ihn
gebührend.“
„Weiß er, dass es einen Emeins gibt?“
„Wie die meisten – natürlich nicht.“
„Verstehe.“
    Milan Nowatschek erreichte die Nachricht, unverzüglich die
Zentrale aufzusuchen, unmittelbar nach einem erfolgreichen
Abschluss mit einer Firma, die Fertighäuser nach Thailand
verkaufte. Obwohl ihm natürlich bekannt war, dass seine
Tätigkeit gegenwärtig mit zum Aushängeschild der Firma
gehörte, für die Buchhaltung und die Behörden bestimmt,
freute er sich jedes Mal und war auch ein wenig stolz auf sich,
wenn es ihm gelang, erfolgreich zu arbeiten. So auch jetzt. Er
hatte gut abgeschlossen, im Augenblick nichts vor, und er
sagte sich, weshalb nicht einmal wieder Zentrale, eine Reise,
andere Umgebung, andere Menschen. Vielleicht ein Treffen
mit Cathleen… Bei diesem Gedanken lächelte Milan. „Ein
schöner Abend war das. Ob sie sich…? Es gibt keine
Wiederholung, kein ,Noch einmal’ hat sie gesagt. Ich werde,
muss mich daran halten – schade…“
    Was man von ihm in der Zentrale wollte, interessierte Milan
zunächst nicht. Mannas würde es ihm schon sagen. Ein
Schuldkonto gab es nicht, also konnte Schlimmes nicht
bevorstehen. So war man im Team erzogen. Die
Leistungssalärs stimmten, unnötiges Fragen und Schnüffeln
galten als verpönt, auf illegales Tun war man bestens
eingestimmt, das Risiko war jedermann bekannt, und bislang
kam noch jeder mit einem blauen Auge davon, wenn eine
Aktion einmal nicht gelang. Die Agentur hatte Freunde, und
das gab die Sicherheit.
    Milan hatte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Dingen, die
gegen Gesetze liefen, nichts zu schaffen. Er war eine Art
Aushängeschild. Skrupel aber, anderes, Risikobehaftetes zu
tun, hatte er nicht. Sozusagen als Kind des Unternehmens war
man darauf vorbereitet. Wenngleich eine gewisse Nestwärme
fehlte, wuchs man wie in einer Familie auf; es gab sie auch
irgendwie: warmherzige Betreuung im unternehmenseigenen
Waisenhaus, der Kindergarten mit wohl ausgebildeten
Erziehern, die öffentlich anerkannte Privatschule, im Vergleich
zu den staatlichen mit besten personellen und technischen
Voraussetzungen. Die Lehre oder das Studium, betreut von der
Firma: Selbstverständlichkeiten. Danach die Anstellung mit
dem Credo des Chefs: In einer korrupten Welt nicht korrupt zu
sein, ist eine Art Harakiri. Und so wurde das Umgehen der
geltenden Regeln sukzessive in das Ausbildungsprogramm
einbezogen, zu einem geistigen Sport, zum Gehirntraining.
    Milan Nowatschek sah sich als Kind dieser beispiellosen
Institution, empfand Dankbarkeit und fühlte sich geborgen in
der Gemeinschaft. Und es gab für jedermann individuelle
Freiräume. Psychologen sorgten dafür, dass niemand sich
gegängelt fühlte, ja es kam sogar vor, dass der eine oder
andere, aus welchen Gründen auch immer, die Gemeinschaft
verließ, ohne dass ihm daraus ein Nachteil erwachsen wäre. Es
sei denn, er verriete die
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