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Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch
Autoren: Alexander Kröger
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dafür keine
Konferenzschaltung aufzubauen, sondern sich zum gleichen
Zeitpunkt in Elmsen live zu treffen. Eine solche
Zusammenschaltung sei heute mehr denn je – so wurde der
Vorschlag begründet
– ein unsicheres, von jedem
einigermaßen fachlich Beschlagenen mit zu verfolgendes
Ereignis.
    Dieses Ansinnen ließ Milan aufhorchen. Wäre die Sachlage
eindeutig, das heißt, man beschlösse die Auflösung, könnten
das die heimlich Interessierten, die Initiatoren, an den
Monitoren durchaus miterleben. Dass nunmehr die andere
Form des Zusammentreffens gewählt werden sollte, deutete
wohl darauf hin, dass der Wunsch bestand, nicht für jedermann
Bestimmtes zu besprechen.
    So war es dann auch.
Nach Milans kurzer Begrüßung, der Darlegung des
Sachverhalts und der Entscheidungsvorschläge traten nicht,
wie zu befürchten gewesen wäre, große Bestürzung und
Lamento ein, sondern alles deutete darauf hin, dass unter den
meisten der Vertreter eine Möglichkeit gefunden worden war,
sich kurzfristig eine abgestimmte Meinung zu bilden zur
Frage, was wäre, wenn.
Björn Arnesund, ein couragierter Verfechter der Ziele der
Vereinigung, nahm sogleich das Wort: „Direkt hast du es nicht
gesagt, Milan. Wenn man aber zwischen deine Sätze gehört
hat, kann man zu der Meinung kommen, dass du unserer
Mission keine Chance mehr gibst und für die kompromisslose
Auflösung stimmst…“
„Du hast ein gutes Gehör“, warf Milan scherzend ein. Einige
lachten.
„Ich glaube, im Grunde sind die meisten von uns, nach Lage
der Dinge, für eine Auflösung – nach offizieller Lesart. Es
sollte keine Neuaufnahmen – zu Ausnahmen komme ich noch
– mehr geben, für ein anderes, ein zweites Leben. Aber wir
dürften keinen Schläfer im Stich lassen. Das heißt, wir müssten
aktiv sein, bis der Letzte erwacht ist. Jeder weiß, was das
bedeutet. Entweder wir wecken sofort oder betreuen, bis alle
Verträge ausgelaufen sind.“
„Da müssten wir ja dafür sorgen, dass die Vereinigung noch
mindestens hundertfünfzig Jahre… Das ist unter den
gegenwärtigen Verhältnissen ausgeschlossen“, warf Anna ein.
„Dieser Meinung bin ich natürlich auch“, antwortete Björn.
„Also die Schläfer wecken! Aber auch das wird eine Zeit lang
dauern. Und ich glaube, da dürften selbst die erbittertsten
Widersacher nichts dagegen haben.“
„Da bin ich nicht so sicher“, warf Nicole Doux, die
Vertreterin aus Straßburg, ein. „Es sind mehr, als bislang je
erweckt wurden. Wenn auch nicht jeder in seine vertraglich
vereinbarte Zukunft gerät, so doch in ein zweites Leben. Und
das, Freunde, macht alles andere als Reklame für den Klerus.
Er ist früher nicht davor zurückgescheut, so genannte
Ungläubige massenhaft hinzuschlachten. Und seine militanten
Vertreter heute, ich weiß nicht…“
„Ein Vorschlag!“ Tatjana Chlebkov meldete sich zu Wort.
„Wir bilden eine Gruppe, einen Kern sozusagen, dem
insbesondere unsere Techniker angehören. Sie sollten die
automatischen Stationen so weit perfektionieren, dass wir
damit wenigstens die Langzeitverträge erfüllen, auch wenn
eine personelle Betreuung nicht mehr stattfindet. Den anderen
Schläfern wird es auf einige Jahre früheres Erwachen
wahrscheinlich nicht ankommen. Sie werden diese gegen das
Sicherheitsrisiko, womöglich überhaupt nicht geweckt zu
werden, gern tauschen.“
„Und hoffentlich auf Sanktionen verzichten“, warf Eduardo
el Costa ein.
„Ja“, bestätigte Björn. „Ich komme auf das zurück, was ich
vorhin angedeutet habe. Wie immer wir uns entscheiden,
einige Aktivitäten mit großer Verantwortung bleiben, sie
werden über kurz oder lang in die Illegalität führen. Wir
brauchen eine straffe, zuverlässige Organisation und dafür eine
entsprechende Führung.“
„Die haben wir doch“, rief Fernando Citos, der Spanier.
„Ja“, fuhr Björn fort. „Unser Vorstand hat hervorragend
gearbeitet. Dennoch bin ich dafür, ihn der Sache wegen
abzulösen!“ Er hob Hände und Stimme gegen den allgemeinen
Protest. „Auf keinen von uns werden die Gegner in der
nächsten Zeit so ein Auge haben wie auf die Mitglieder des
Vorstands. Ich erwähne nur den Anschlag auf Milans
Wohnung. Unsere Oberen müssten ihre Kraft darauf richten,
den Beobachtungen und Nachstellungen zu entgehen, wären
dadurch hochgradig arbeitsunfähig. Wir brauchen Leute, die
bislang öffentlich nicht oder kaum in Erscheinung getreten
sind. Und wir sollten hier sogar die Ausnahme machen: Wenn
einer von unseren
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