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Der erste Tod der Cass McBride

Der erste Tod der Cass McBride

Titel: Der erste Tod der Cass McBride
Autoren: Gail Giles
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einmal getroffen. Er hat Mom ein Auto verkauft. Scheiße. Ich kann nicht glauben, wie ähnlich sich meine Mom und Cass’ Dad sind. Ihrem Vater geht es ums Verkaufen, meiner Mutter ums Quälen, aber es funktioniert nach demselben Prinzip: Ködere jemanden, indem du den Preis ganz knapp außer Reichweite ansetzt. Wenn du es dem Gegenüber zu leicht machst, kann er einfach gehen ...
    Als ich Cass zurückgelassen habe, sagte ich mir, dass ich mit ihr fertig sei. Ich hatte ihr klarmachen wollen, dass sie da unten war für das, was sie David angetan hatte. Sie sollte begreifen, was für ein Stück Dreck sie ist und in der Kiste leiden. Wahnsinnig vor Angst werden. Aber letztlich schüttete ich ihr mein Herz aus. Ich bin weggegangen, weil ich wusste, dass sie dabei war, Macht über mich zu bekommen. Mittlerweile ist mir ein Licht aufgegangen: Ihr Dad ist nur eine andere Version meiner Mom. Beide sind Schlangen, aber meine Mom ist eine Giftschlange, ihr Dad eine Würgeschlange.«
    Ich rieb mir wieder das Gesicht. Hmmm, ob ihre Mutter wohl ein Fußabtreter ist wie mein Dad?
    »Das Verrückteste an der ganzen Sache ist, dass ... sosehr ich sie auch immer noch hasse, auch wenn sie allen Grund hat, mich zu hassen, dass Cass mir alle Antworten geliefert hat. Ich weiß, das klingt seltsam, aber ... irgendwie habe ich mich gern mit ihr unterhalten.«

CASS
    Ich wollte schreien. Ich wollte raus aus der Kiste, nur um ihm in sein dummes, sein unglaublich dummes Gesicht zu schlagen. Aber ich war zu müde, um mehr als ein Krächzen hervorzubringen. Die Diskolichter, die hinter meinen geschlossenen Augenlidern tanzten, wurden blasser und ich war schläfrig. Mein Kopf fühlte sich an wie mein Mund, wie Watte, aber eine Sache war klar: Ich lag aus den völlig falschen Gründen hier unten.
    Kyle war nicht einmal böse auf mich.
    »Wenn du das durchschaust, dann ... na ja, ich weiß nicht, wie es dir damit gehen wird«, sagte ich.
    »Was soll das denn heißen?«
    »Dass du völlig daneben liegst. Du möchtest gar nicht mich in dieser Kiste haben. Ich bin gar nicht dein Problem. Wenn du dich besser fühlen willst, die Genugtuung verspüren willst, deinen Bruder gerächt zu haben, dann quäle den Menschen, der deinen Bruder gequält hat - schnapp dir deine Mutter und sperr sie in die Kiste. Die Frau hat deinen Bruder jeden Tag seines Lebens wie Dreck behandelt. Sie hat ihm nicht einmal zu essen gegeben. Ihrem eigenen Kind. Hast du seine Nachricht eigentlich wirklich verstanden? Hätte David mir die Schuld gegeben, dann hätte er sich meinen Zettel auch an die Brust gepinnt. Hab ich recht?«
    Nichts.
    Ich musste weiterreden. Das Dröhnen in meinem Kopf war schrill. Eine Bandsäge verarbeitete meinen Schädel zu Kleinholz. Ich musste das jetzt loswerden, weil ich wusste, dass mir keine Zeit mehr blieb.
    »Davids Nachricht war gezielt an deine Mutter gerichtet. Ihre Worte sind Zähne. Er möchte, dass sie >seine Leiche verschlingt<. Er hat sich in eurem Vorgarten aufgehängt. Er wollte, dass die Leute begreifen, dass sie wissen, was sie ihm angetan hat.«
    Immer noch nichts.
    »Wie kannst du dich besser fühlen, wenn ich sterbe und sie lebt? So geht sie erst recht als Siegerin hervor.«
    Weiter nichts.
    Und dann schaltete sich das Funkgerät mit einem Klicken aus. Ich hörte ein lang gezogenes, qualerfülltes Heulen. So laut, dass ein Vibrieren durch die Erdschicht zu spüren war.
    Und dann war er weg.
    Ich wusste, dass er weg war. Ich spürte es.
    Das war alles... falsch oder schiefgelaufen oder... ich konnte nicht denken, mein Kopf schmerzte und das ständige Auf- und Abblenden hinderte mich daran, meine Gedanken zu ordnen. Was hatte ich falsch gemacht? Ich hatte alles durchschaut... Ich wusste, was ich ...
    Oh Scheiße.
    Ich war es teilweise richtig angegangen. Ich hatte ihn überzeugt, dass das eigentliche Problem nur vertuscht wurde, wenn er mich begrub. Und wenn das Problem vertuscht wurde, man es nie ans Licht kommen ließ, kam seine Mutter damit davon, dass sie David mit ihren Worten so lange verletzt hatte, bis er ausgeblutet war.
    Aber ich hätte Kyle deutlich machen müssen, dass seine Mutter immer dafür sorgte, dass jemand anderes für ihre Unzulänglichkeiten, für ihre Fehler bezahlte. Kyle hätte mich ausgraben müssen, damit nicht ich für das starb, was seine Mutter David angetan hatte. Ich hätte ihn überzeugen müssen, dass seine Mutter David ermordet hat.
    Und dass sie Kyle nicht dafür verantwortlich machen durfte, mich
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