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Der erste Tod der Cass McBride

Der erste Tod der Cass McBride

Titel: Der erste Tod der Cass McBride
Autoren: Gail Giles
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erzähl mir nicht den Mist von David und meinem Zettel. Das ist ein Vorwand, kein Grund. Warum wollte sich David mit mir verabreden? Mit mir! Ich wette, er ist nicht allein auf mich gekommen.« Ich schraubte meinen Ton wieder auf bedauernd und traurig zurück. Ich wollte Kyle nicht in die Defensive treiben. »Also, hast du den Mut, aufrichtig zu sein und mir die Wahrheit zu sagen, bevor du mich umbringst?«
    Das Schweigen dauerte so lange, dass ich mich fragte, ob er weggegangen war. Was, wenn ich die falschen Register gezogen hatte, zu weit gegangen war?
    »Er ist nicht von allein auf dich gekommen. Ich habe ihn gelenkt.«
    Ich konnte ihn kaum verstehen. Es klang, als hätte er sich das gerade selbst gestanden.
    Ich musste die Augen schließen, um mich zu konzentrieren. Wenn ich sie öffnete, tanzten seltsame Dinge vor mir. Keine Lichter, eher gedämpfte Farbschleier, schattenhafte Flecken, die aufflackerten und herumflatterten.
    Er hatte das Funkgerät abgestellt und ich spürte ihn über mir auf und ab gehen. Ich musste ihm wieder einen Schubs geben.
    Die Zeit, die ich benötigte, um das Funkgerät an meinen Mund heranzuziehen und den Knopf zu drücken, kam mir wie ein Jahr vor. Alles wirbelte herum und drehte sich und ich hämmerte wieder mit den Fersen auf das Holz, damit mich der Schmerz daran hinderte, das Bewusstsein zu verlieren. »Was meinst du?«
    Mit einem Klicken schaltete er sein Funkgerät wieder an, aber es dauerte noch lange, bis er etwas sagte. Oder spielte die Zeit verrückt?
    »Dieses Jahr begann Mom, auf David wegen der Schwulensache einzuhacken. >Warum verabredest du dich nicht mit Mädchen? Du hattest noch nie eine Freundin. Du hast noch kein einziges Date gehabt. Ich glaube, du bist andersrum. Das muss es sein. Ich habe ein Mädchen zum Sohn. Ein kleiner Perversling hat mein ganzes Leben ruiniert.<
    David rief mich ständig an, um zu fragen, was er tun solle. Ich gebe es zu, ich war die Anrufe leid. Durfte ich nicht mein eigenes Leben führen, ohne dass David mich dauernd in diese Horrorshow zurückholte? Ich sagte ihm, er solle sie Dampf ablassen lassen, ihr einfach aus dem Weg gehen. Hör auf, dich zu so einer einfachen Zielscheibe zu machen, habe ich ihm gesagt.
    Aber er erzählte, dass sie ihm auf Schritt und Tritt folgte, wenn er zu Hause war, wie eine Irre herumschrie, an ihm herumnörgelte und ihn attackierte. Sie war wütend, weil er schlechte Noten hatte. Sie warf ihm an den Kopf, er sei schwul, es sei nicht normal, dass er nie Dates habe, und dass er ihr Leben ruiniere. Immer und immer wieder.
    Und hier kamst du ins Spiel«, fügte Kyle hinzu.
    Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Stimmte ganz und gar nicht. Meine Beine zuckten und Kyles Stimme blendete sich ein und aus, synchron mit den Lichtern hinter meinen geschlossenen Augenlidern, die matter wurden, dann wieder grell. Das Hämmern in meinem Kopf lieferte im Hintergrund den Takt dazu. Ich konnte mich noch so sehr um eine Zen-Gelassenheit bemühen, meine Atemzüge waren hastig, flach, aber schnell. In den Krankenhausserien im Fernsehen war das nie ein gutes Zeichen.
    »Hey, was ist los mit dir?«
    »Entschuldige.« Ich hörte mich an wie ein kranker Frosch. Ich bemühte mich, die Zunge über meine Lippen zu schieben. Sie fühlte sich an wie eine Nagelfeile, die über Felsen schabte.
    »Wie bin ich in die Sache hineingeraten?«
    »Wenn David ein Date mit einem Mädchen hätte - nicht mit irgendjemandem, aber mit einem Mädchen, das Mom billigte -, würde sie ihn in Ruhe lassen, dachten wir. Wie sollte sie ihn heruntermachen, wenn er ihr ein hübsches Mädchen präsentierte?«
    Ich hörte ihn durch das Funkgerät ausatmen. Das Geräusch schmerzte in meinen Ohren und wurde zu einem Tosen in meinem Kopf.
    »Ich habe ihm erklärt, nach was für einem Typ Mädchen er suchen solle. Es musste wie Mom sein. Es musste ... es musste ihr so ähnlich sein, dass sie zu der Überzeugung kommen würde, er sei endlich kein Weichei mehr. Er würde ihre Hochachtung gewinnen, wenn er mit ihrem Klon ein Date hätte. Mein Gott, was war ich für ein Idiot.«
    Ich brauchte eine Minute. Weil meine Synapsen allmählich abstarben oder weil niemand seine hässliche Seite wahrhaben möchte?
    »Deshalb hat er mich ausgewählt«, flüsterte ich. Meine Augen brannten, aber ich hatte keine Tränen.
    »Ich bin sie. Ich bin deine Mutter.«

BEN
    Bens erster Eindruck von der Frau, die die Tür öffnete, war, dass sie früher unter Umständen hübsch war. Bevor die
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