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Der erotische Fremde

Der erotische Fremde

Titel: Der erotische Fremde
Autoren: Alexandra Sellers
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sie lässig einen winzigen Lederrucksack. Er musste immer lächeln, wenn er sie sah. „Bonsoir, ma petite" , rief er.
    „Bonsoir, Henri", erwiderte sie fröhlich und ging zu der The ke, hinter der er stand und schon den Schlüssel zu ihrem Zimmer hochhielt.
    Sie war die einzige der Mädchen, die ihm immer noch ein Rätsel war. Bei den anderen war es klar, was sie tagsüber trieben, aber was Emma betraf, da hatte er keine Ahnung.
    Aber das war es nicht, was sie so ungewöhnlich machte. Sie benutzte auch immer das gleiche Zimmer, hatte immer den gleichen Kunden, und das nur freitags.
    Emma kam nicht stundenweise wie die anderen Mädchen und nicht jeden Tag, aber freitagabends war sie da, immer um elf, bei jedem Wetter. Henri reservierte ihr immer das gleiche Zimmer für zwei ganze Stunden. Und wenn sie einmal nicht kam, was selten der Fall war, bezahlte sie in der darauf folgenden Woche dafür.
    Sie hatte es so arrangiert, um ihren Kunden zu schützen, der stets getrennt von ihr das Hotel durch den Hintereingang be trat. Henri hatte ihn nie gesehen. Er nahm an, dass es sich um eine bekannte Persönlichkeit handelte - sicher ein Aus länder. Denn welcher Franzose würde sich beim Lieben Gedanken um die Geheimhaltung seiner Identität machen? Dagegen hatten Ausländer häufig seltsame Ansichten über die schönste Sache der Welt.
    Henri hatte schließlich seine Einwilligung gegeben. Sollte der gute Mann den Hintereingang benutzen, wenn er es unbedingt wollte, aber normalerweise gestattete er so etwas nicht. Henri war es lieber, die Kunden der Mädchen in Augenschein nehmen zu können, so konnte er, falls es Probleme gab, den Flies besser Auskunft geben. Er war stolz darauf, niemals Geld von den Mädchen zu nehmen.
    Die Zimmermiete berechnete er stets den Kunden der Mädchen. Was auch immer für geschäftliche Beziehungen zwischen den Mädchen und ihren Kunden bestehen mochten, ging ihn nichts an. Er war Hotelier, kein Zuhälter.
    Doch Emma bezahlte ihr Zimmer immer selbst. Gerade legte sie das Geld auf den Tresen und nahm den Schlüssel. Angesichts ihres Lächelns dachte Henri einmal mehr, wie schade es war, dass sie ihren wundervollen Mund größer schminkte. Ihre Lip pen waren von Natur aus voll genug, und er hatte oft daran gedacht, ihr das zu sagen. Aber sie war nicht wie die anderen Mädchen. Sie war nett und freundlich, aber doch distanziert. Irgendwie hatte er nie gewagt, ihr so vertrauliche Ratschläge zu geben wie den anderen.
    Wie immer ließ sie den Aufzug links liegen und lief leichtfüßig die Treppe hinauf. Henri sah ihr mit einem wehmütigen Lächeln nach.
    Mariel schob den Schlüssel ins Schloss. Kurz darauf betrat sie das Zimmer Nummer 302. Es war völlig still, und nur ein kleines Nachtlicht brannte.
    Mariel verriegelte die Tür hinter sich, ließ den Schlüssel im Schloss stecken und ging zum Fenster.
    Sie zog den Vorhang auf, löste den Riegel und schob das Fenster nach oben. Genüsslich atmete sie die Pariser Nachtluft ein. Dann schob sie den Arm durch den anderen Schulterriemen ihres kleinen Rucksacks, setzte sich auf das Fenstersims, schwang die Beine nach draußen und sprang.
    Fast geräuschlos landete sie auf der alten, wackligen Feuerleiter. Sie blickte nach oben. Über ihr waren die Sterne, die am Himmel funkelten. Unter ihr lag der enge, schmale Innenhof, der nur spärlich von dem Lichtschein aus ein oder zwei Fenstern erhellt wurde.
    Mariel begann vorsichtig die Stufen hinaufzuklettern. Der Innenhof, eigentlich mehr ein Schacht, war auf allen vier Seiten von Hauswänden umgeben. Das Hotel war vier Stockwerke hoch. Die Feuerleiter, Überbleibsel einer Konstruktion, die einstmals die gesamte rückwärtige Fassade in Rechtecke unterteilt hatte, führte erst ein Stockwerk weit nach oben, dann nach rechts und entlang der Fassade des angrenzenden Hauses.
    Mariel hielt sich eng an der Wand, als sie über den Metallsteg ging. Schließlich stand sie vor der Rückseite eines dritten Ge bäudes, das parallel zu dem Hotel auf der gegenüberliegenden Seite stand.
    Ein Fenster war einen winzigen Spaltbreit geöffnet. Mariel griff hinein, schob das Fenster nach oben und schlüpfte rasch über das Sims. Mit den Füßen tastete sie in der Dunkelheit nach dem Klodeckel.
    Einen Moment später schlich sie auf Zehenspitzen an den Waschbecken vorbei und öffnete die Tür zum Korridor. Sie blickte nach rechts und nach links und trat dann hinaus. Ihr Blick war hellwach und konzentriert und jeder Muskel ihres
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