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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer
Autoren: Michael Moorcock
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auf, als die Musik abbrach. »Irre.« Die Landschaft gefiel ihm. »Wahnsinnig irre.« Er kurbelte das Fenster runter. »Das erste Mal, daß ich in Schottland bin.« »Is’ wahr?« sagte Mo. »Wann sind wir wohl in Fort William, Mann?«
    »Ein paar Stunden noch. Was hast du da eigentlich vor?«
    »Ich kenn ‘ne Braut. Die kommt von da. Ihr Alter ist Chemiker oder so.«
    Mo sagte plötzlich geheimnisvoll, ohne lange zu überlegen:
»Rat mal, wer hinten drin ist.«
»‘ne Braut?«
»Nein.«
»Wer denn?«
»Jimi Hendrix.«
    Chris ließ den Kiefer herunterfallen. Er gaffte Mo grunzend an und ließ sich auf den Witz ein. »Nein. Wirklich? Hendrix, eh? Was ist das hier, ein Kühlwagen?« Die Vorstellung begeisterte ihn. »Glaubst du, er spielt uns was vor, wenn wir ihn auftauen?« Grinsend schüttelte er den Kopf.
    »Er sitzt da hinten. Lebendig. Ich bin sein Roadie.«
»Im Ernst?«
»Yeah.«
    »Phantastisch.« Chris schien fast überzeugt zu sein. Mo lachte. Chris drehte sich zur Tür um. Danach war er eine Zeitlang ruhig.
    Etwa eine halbe Stunde später sagte er: »Hendrix war der Beste, Mann. The King. Nicht nur was die Musik angeht … sein ganzer Stil … alles. Ich wollt’s einfach nicht glauben, als ich hörte, daß er tot ist. Ich kann’s immer noch nicht glauben, Mann.« »Verstehe«, sagte Mo. »Tja, er ist wieder da.«
    »Echt?« Chris lachte irritiert. »Da drin? Kann ich ihn se
hen?«
»Er ist noch nicht soweit.«
»Klar«, sagte Chris.
    Es war schon dunkel, als sie Fort William erreichten. Chris kletterte aus dem Wagen. »Besten Dank, Mann. War nett von dir. Wo bleibst du die Nacht?« »Ich fahre weiter«, sagte Mo. »Mach’s gut.«
    »Yeah. Du auch.« Chris hatte immer noch den verblüfften Ausdruck im Gesicht.
    Mo grinste, als er den Camper startete und in Richtung Oban

    losfuhr. Kurz darauf öffnete sich die Verbindungstür, und Jimi
kletterte über die Bank, um sich neben ihn zu setzen.
»Du hast dem Knaben von mir erzählt?«
»Er glaubt’s ja doch nicht«, sagte Mo.
Jimi zuckte die Achseln.
Es hatte zu regnen angefangen.

    5. Kapitel

    Sie lagen beide im feuchten Heidekraut und schauten über die Berge. Meilenweit war keine Menschenseele, weder Straße, Stadt noch Haus in Sicht. Kein Lüftchen rührte sich; weit oben am Himmel, kaum auszumachen, segelte ein Falke.
    »Genau das richtige, eh?« sagte Mo. »Einfach phantastisch.« Jimi lächelte. »Hübsch hier«, sagte er.
    Mo zog einen Marsriegel aus der Tasche und bot ihn Jimi an. Aber er schüttelte den Kopf. Mo aß ihn selber. »Was, glaubst du, bin ich, Mann?« fragte Jimi. »Wie meinst du das?« »Engel oder Teufel? Du weißt schon.«
    »Du bist Jimi«, sagte Mo. »Mehr will ich nicht wissen, Mann.«
    »Oder bloß ein Gespenst«, sagte Jimi. »Vielleicht bin ich
bloß ein Gespenst.«
Mo fing an zu zucken. »Nein«, sagte er.
    »Oder ein Killer?« Jimi stand auf und ging in Positur. »The Sonic Assassin. Oder der Messias vielleicht.« Er lachte. »Willst du ein paar kluge Worte von mir hören?«
    »Darum geht’s nicht«, sagte Mo mit gerunzelter Stirn. »Worte. Du mußt einfach da sein, Jimi. Auf der Bühne. Mit deiner Gitarre. Du steht doch über all dem Zeugs … all dem Schmu. Was du auch machst … es ist richtig, verstehst du?«
    »Wenn du es sagst, Mo.« Jimi war auf irgendeinem schlech
    ten Trip. Er hockte sich mit verschränkten Beinen auf das Heidekraut, strich über die weißen Jeans und klaubte Lehm von den schwarzen, maßgeschusterten Stiefeln. »Was soll eigentlich dieser ganze Easy-Rider Scheiß? Warum sind wir ausgerechnet hier?«
    »Hast du Easy Rider etwa nicht gemocht?« Mo war erstaunt. »Nur Lassie, komm nach Haus war besser«, brummte Jimi. »Die Nummer hat doch bloß bewiesen, da sich Hollywood auch das unter den Nagel reißen kann. Die haben ein paar Pseudofreaks tanzen lassen und ‘ne Menge Knete gemacht. Ein großer Schwindel, Mann. Und alle Typen sind drauf reingefallen. Wie find ich denn das?« »Du hast niemanden reingelegt, Jimi.« »Meinst du? Woher weißt du das?« »So isses eben.«
    »Jeder hat ‘ne Leiche im Keller. So isses, nicht anders.«
    Jimi wechselte das Thema, und zwar so abrupt, daß Mo nicht folgen konnte. »Überall wird wieder die Scheiße der fünfziger Jahre verzapft … Simon und Garfunkel. Herrjemine! Wo steckt der Sinn dahinter?«
    »Es läuft eben alles in Wellen. Man kann nicht immer ganz oben sein.«
    »Klar.« Jimi verzog den Mund. »An alle Soldaten, die in Chikago kämpfen. Und in
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