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Der Engländer

Der Engländer

Titel: Der Engländer
Autoren: Daniel Silva
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fangen allmählich an, wieder wie frühe r auszusehen«, behauptete der Alte.
    »Sie haben schon besser gelogen.«
    »Die Schwellungen gehen irgendwann von selbst zurück.
    Erinnern Sie sich an Baruch? Den die Hisbollah mißhandelt hatte, bevor wir ihn rausholen konnten? Nach ein paar Monaten hat er fast wie früher ausgesehen.«
    »Baruch war von Anfang an häßlich.«
    »Richtig. Sie haben früher gut ausgesehen. Was mich betrifft, ich könnte eine kräftige Abreibung brauchen. Vielleicht sähe ich danach besser aus.«
    Gabriel setzte sich Schamron gegenüber und goß ihnen Kaffee ein.
    »Haben wir's geschafft, alles geheimzuhalten?«
    »Am King Saul Boulevard hat's eine Menge Gerüchte gegeben - Gerüchte über ungeklärte Personalverschiebungen und merkwürdige Spesenabrechnungen aus Zürich und Venedig.
    Irgendwie sind diese Gerüchte bis zum Premierminister vorgedrungen.«
    »Weiß er Bescheid?«
    »Er vermutet einiges und ist sehr zufrieden. Sollte das stimmen, sagt er, will er's lieber nicht wissen.«
    »Und die Gemälde?«
    »Wir haben sehr diskret mit mehreren Vereinigungen zur Rückführung geraubter Kunstwerke und dem US-Justiz-ministerium zusammengearbeitet. Von den sechzehn Gemälden, die Sie in Rolfes Bankschließfach entdeckt haben, sind neun den Erben ihrer rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben worden, darunter auch der Renoir, der Julians Vater gehört hat.«
    »Und der Rest?«
    »Der wird im israelischen Museum ausgestellt, bis man die rechtmäßigen Besitzer gefunden hat. Können sie nicht ermittelt werden, erhalten sie dort einen festen Platz.«
    »Wie geht's Anna?«
    »Wir lassen sie weiter von einem Team bewachen. Rami ist dicht davor, durchzudrehen. Er sagt, er würde alles tun, um abgelöst zu werden. Er wäre bereit, sich zum Patrouillendienst im Gazastreifen zu melden.«
    »Irgendwelche Drohungen?«
    »Bisher nicht.«
    »Wie lange sollten wir sie beschützen lassen?«
    »Solange Sie wollen. Das war Ihr Unternehmen. Diese Entscheidung überlasse ich Ihnen.«

    »Mindestens ein Jahr.«
    »Einverstanden.«
    Schamron goß sich Kaffee nach und zündete sich eine seiner üblen türkischen Zigaretten an. »Sie kommt nächste Woche nach England, wissen Sie. Sie spielt in der Londoner Albert Hall. Das ist die letzte Station ihrer Europatournee.«
    »Ich weiß, Ari. Ich kann auch Zeitung lesen.«
    »Sie hat mich gebeten, Ihnen das hier zu geben.« Er schob einen kleinen Umschlag über den Tisch. »Eine Karte für dieses Konzert. Sie möchte, daß Sie nach dem Konzert zu ihr in die Garderobe kommen, um hallo zu sagen.«
    »Ich stecke gerade mitten in einer Restaurierung.«
    »Wen restaurieren Sie - sich selbst oder ein Gemälde?«
    »Ein Gemälde.«
    »Eine Pause täte Ihnen bestimmt gut.«
    »Ich habe wirklich keine Zeit, nach London zu fahren.«
    »Der Prinz von Wales nimmt sich die Zeit, Anna Rolfe zu hören, aber Sie sind zu beschäftigt.«
    »Genau.«
    »Ich werde nie begreifen, warum Sie immer wieder zulassen, daß schöne, talent ierte Frauen Ihnen durch die Finger schlüpfen.«
    »Wer sagt, daß ich sie durch meine Finger schlüpfen lassen will?«
    »Glauben Sie, daß sie ewig auf Sie wartet?«
    »Nein, nur bis die Schwellungen abgeklungen sind.«
    Schamron winkte mit seiner breiten Pranke ab. »Sie benützen Ihr Gesicht nur als gute Ausrede, um sich von ihr fernhalten zu können. Aber ich kenne den wahren Grund. Das Leben ist für die Lebenden, Gabriel, und dieses hübsche kleine Gefängnis, das Sie sich selbst eingerichtet haben, ist kein Leben. Es wird Zeit, daß Sie aufhören, sich die Schuld an den Ereignissen in Wien zu geben. Brauchen Sie einen Sündenbock, machen Sie meinetwegen mich dafür verantwortlich.«
    »So wie ich jetzt aussehe, fahre ich nicht nach London.«
    »Wenn Sie nicht nach London wollen, darf ich Ihnen dann einen anderen Vorschlag machen?«
    Gabriel stieß einen langen, verärgerten Atemzug aus. Aber er hatte nicht mehr die Kraft, dem Alten noch länger Widerstand zu leisten.
    »Gut, ich höre«, sagte er.

49 - KORSIKA
    Am selben Tag lud der Engländer Antonio Orsati zum Mittagessen in seine Villa ein. Es war kalt und windig, daher aßen sie am Küchentisch und besprachen ein paar mäßig dringende Fragen, die mit der Firma zusammenhingen. Der Engländer hatte sich vor kurzem einen Vertrag zur Belieferung einer Lokalkette, die zwischen Cóte d'Azur und Normandie zwei Dutzend Bistros betrieb, mit Olivenöl gesichert. Jetzt wollte eine amerikanische
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