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Der Engländer

Der Engländer

Titel: Der Engländer
Autoren: Daniel Silva
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Import-Export-Firma das Öl in ausgewählten Feinkostgeschäften in den Vereinigten Staaten vertreiben. Die Nachfrage überstieg allmählich die Produktion. Orsati würde mehr Land und mehr Olivenbäume brauchen. Aber würde die gesamte Ernte seinen hohen Anforderungen entsprechen?
    Würde die Qualität unter der Ausweitung der Produktion leiden?
    Das waren die Fragen, über die sie beim Mittagessen diskutierten.
    Nach dem Essen saßen sie im Wohnzimmer am Kamin und tranken Rotwein, der aus einem Tonkrug eingeschenkt wurde.
    Dann kam der Augenblick, in dem der Engländer eingestand, er habe sich im Fall Rolfe unehrenhaft betragen.
    Orsati schenkte sich etwas Wein nach und lächelte. »Als die signadora mir erzählt hat, daß du aus Venedig ohne deinen Talisman zurückgekommen bist, habe ich gewußt, daß sich etwas Außergewöhnliches ereignet haben mußte. Was ist übrigens mit ihm passiert?«
    »Ich habe ihn Anna Rolfe geschenkt.«
    »Wie?«
    Der Engländer erzählte es ihm.
    Orsati war beeindruckt. »Die Begegnung hast du nach Punkten gewonnen, finde ich. Wie bist du an den Blazer

    gekommen?«
    »Den habe ich mir von einem Mann vom Wachpersonal in der scuola geliehen.«
    »Was ist mit ihm passiert?«
    Der Engländer sah ins Feuer.
    »Armer Teufel«, murmelte Orsati.
    »Ich hab ihn einmal höflich darum gebeten.«
    »Die Frage ist nur: Warum? Warum hast du mich hintergangen, Christopher? Habe ich dich nicht immer gut behandelt?«
    Der Engländer spielte ihm das Tonband vor, das er aus Emil Jacobis Wohnung in Lyon mitgenommen hatte. Dann gab er Orsati ein Dossier, das er auf der Grundlage eigener Ermittlungen zusammengestellt hatte. Orsati setzte seine Lesebrille auf. Der Engländer ging in die Küche, spülte ihr Geschirr ab und räumte es ein. Der Korse war als langsamer Leser berüchtigt.
    Als er zurückkam, war Orsati eben mit dem Dossier fertig. Er klappte den Ordner zu und starrte den Engländer mit seinen dunklen Augen an. »Professor Jacobi war ein guter, anständiger Mann, aber wir werden dafür bezahlt, daß wir Leute beseitigen.
    Würden wir ständig nur über Recht und Unrecht, über die moralische Seite unseres Tuns nachdenken, kämen wir nie dazu, unsere Aufträge auszuführen.«
    »Hat dein Vater etwa nach diesem Prinzip gehandelt? Und sein Vater? Und seiner?«
    Orsati deutete mit seinem dicken Zeigefinger wie mit einer Waffe auf das Gesicht des Engländers. »Meine Familie geht dich nichts an, Christopher. Du arbeitest für mich. Vergiß das nie!«
    Dies war das erste Mal, daß Antonio Orsati im Zorn mit ihm gesprochen hatte.

    »Ich wollte nicht respektlos sein, Don Orsati.«
    Der Korse ließ den Zeigefinger sinken. »Schon vergessen.«
    »Kennst du die Geschichte der signadora, weißt du, was ihrem Mann zugestoßen ist?«
    »Du kennst dich mit unserer Lokalgeschichte aus, aber du weißt längst nicht alles. Wie schafft es die signadora, ein Dach über dem Kopf zu haben? Glaubst du, daß sie von dem bißchen Geld leben kann, das sie damit verdient, daß sie mit Zauberöl und Wasser böse Geister vertreibt?«
    »Du unterstützt sie?«
    Orsati nickte langsam.
    »Sie hat mir erzählt, daß ein taddunaghiu manchmal nicht nur Rache üben, sondern auch der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen kann.«
    »Das ist wahr. Don Tomasi hatte den Tod jedenfalls verdient.«
    »Ich kenne einen Mann, der ebenfalls den Tod verdient hat.«
    »Der Mann in deinem Dossier?«
    »Ja.«
    »Er scheint aber sehr gut beschützt zu werden.«
    »Ich bin besser als seine Leute.«
    Orsati hielt sein Glas vor dem Feuer hoch und beobachtete die Lichtreflexe in dem rubinroten Wein. »Du bist sehr gut, das stimmt, aber diesen Mann zu liquidieren, wird nicht einfach sein. Du wirst mich brauchen, damit ich dir helfe.«
    »Dich?«
    Orsati trank den Rest seines Weins aus. »Wer ist deiner Meinung nach damals in Don Tomasis Bergfestung eingedrungen und hat dem Schwein die Kehle durchgeschnitten?«

50 - COSTA DE PRATA, PORTUGAL
    Der Gärtner Carlos war der erste, der ihn ankommen sah. Als der Wagen auf der kiesbestreuten Auffahrt hielt, blickte er von seiner Arbeit im Weinberg auf und beobachtete, wie Rami, der das Sicherheitsteam leitete, den Restaurator namens Gabriel begrüßte. Die beiden wechselten ein paar Worte; Rami berührte die Narben im Gesicht des Restaurators. Das alles konnte Carlos von seinem Beobachtungsposten im Weinberg aus sehen. Er war nie beim Militär gewesen, aber er erkannte eine Wachablösung, wenn er eine sah. Rami
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