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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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mich auf die Brüstung des Balkons. Sollte ich nun ganz harmlos hinübergehen, oder sollte ich lieber hier abwarten, was geschah? Ich hatte Andrea gesagt, ich würde gleich wiederkommen, und wenn ich das nicht tat, sah es sehr merkwürdig aus; ich hatte ja, von ihr aus gesehen, von der Polizei nichts zu befürchten.
    Ich rollte meine Badehose in den Bademantel, zog ein frisches Hemd an und schlüpfte in meine weiße Leinenjacke. Dann schlenderte ich pfeifend hinüber und steckte mir unterwegs noch eine zartrosa Kamelie ins Knopfloch. Ich sah damit sicher ziemlich affig aus.
    Sie waren mit einer ganzen Streitmacht erschienen: drei Wagen standen um den Engel herum. Zwei waren aus Palos Verdes Estates, einer aus Los Angeles. Also war es doch eine ernste Sache, und sie waren nicht nur etwa gekommen, weil sie Collins Wagen drunten gefunden hatten. An dem Wagen, der dem Haus am nächsten stand, lehnte ein kleiner dicker Polizist, der eine Zigarre rauchte und sich ununterbrochen mit einem roten Taschentuch den Schweiß abwischte. Und an der Haustür stand ein Sergeant, der Gummi kaute und mich gelangweilt anschaute.
    „Na“, fragte ich, „was ist denn hier kaputt?“
    „Weiß ich nicht“, sagte er, „aber ‘rein können Sie da jetzt nicht.“
    „Auch gut; dann kann ich ja wieder gehen.“
    „Nee“, sagte er, „das auch nicht. Bleiben Sie mal lieber da!“
    „Ist mir zu heiß hier in der Sonne. Ich wohne dort drüben. Wenn jemand was von mir will, kann er mich dort finden. Ich bin übrigens erst vor einer Stunde hier angekommen, zu Besuch.“
    „Nee“, sagte er wieder, „bleiben Sie ruhig da. Dort drüben ist’s genauso heiß.“
    Ich zündete mir eine Zigarette an und bot ihm auch eine an. Er klebte seinen Kaugummi an den Türpfosten, rauchte und schwieg.
    „Na sag’ schon, Kumpel, — was ist denn los da drin?“
    „Und wenn ich’s wüßte, tat’ ich den Mund halten.“
    „Der Wagen da —“,ich deutete auf den weißen Chevrolet, „der ist doch von Los Angeles? Muß ja ‘ne ganz dicke Sache sein.“
    Er spuckte aus und knurrte: „Ach die! Die ganz Gescheiten sind das. Als ob wir das nicht allein hätten erledigen können. Aber nein, — die müssen sich gleich ‘reinhängen.“
    „Morddezernat?“
    Er nickte. „Scheint so.“
    Aus einer der Türen in der Halle kam ein anderer Polizist und rief:
    „Eh — Mac! Da drüben soll einer...“ Er brach ab, als er mich entdeckte, und kam rasch auf mich zu. „Sind Sie Mr. Manning?“
    „Ja und nein.“
    „Was heißt ja und nein? Sind Sie’s oder nicht?“
    „Sagen wir mal: ,ja’.“
    „Sie wohnen dort drüben?“
    „Ja, seit einer Stunde.“
    „Los Mann“, sagte er, „kommen Sie mit ‘rüber! Sie sollen dort warten.“
    Er hatte plötzlich seine Kanone in der Hand und tätschelte mit der anderen an mir herum.
    „Nichts“, sagte ich. „Wenn ich zum Baden gehe, schieße ich nur selten.“
    „Geben Sie her!“ befahl er und zeigte auf meinen Bademantel. Ich gab ihn hin, und er untersuchte ihn; dann bekam ich ihn zurück.
    „Also marsch“, erklärte er, „und machen Sie mir keinen Kummer!“
    Wir marschierten zum Bürohaus hinüber. Als er meinen Wagen sah, wurden seine Augen groß wie Untertassen.
    „Ist das Ihr Wagen?“
    „Ja.“
    Er schaute scharf hin; aber er sagte nichts.
    „Warum“, fragte ich, „hätte ich zu Fuß kommen sollen?“
    „Hätte Ihnen auch nichts genützt“, sagte er. „Den suchen wir nämlich schon seit heute morgen.“
    Er ging hinter mir die Treppe hinauf, und ich wußte, daß er tatsächlich schießen würde, falls ich eine ihm verdächtige Bewegung machen sollte. In meinem Zimmer setzte ich mich aufs Bett. Er setzte sich auf den Stuhl und ließ mich keine Sekunde aus den Augen.
    „Darf ich einmal klingeln?“ fragte ich und deutete auf die Klingel neben der Tür.
    „Wozu?“
    „Ich möchte etwas zu trinken haben.“
    Er zuckte mit den Schultern. Ich stand auf und klingelte. Als Mrs. Arillaga erschien, bat ich sie, mir irgend etwas Trinkbares zu holen.
    Sie starrte erschrocken auf den Polizisten.
    „Machen Sie sich nichts draus“, sagte ich zu ihr. „Ein paar wildgewordene Polizisten sind drüben im Haus; ich weiß nicht, warum.“
    Sie nickte nur und kam nach wenigen Augenblicken mit Whisky und Eis zurück. Während sie alles vor mich hinstellte, meinte sie: „Mr. Collins trinkt ja keinen Alkohol; aber für Gäste hat er immer eine Flasche da. — So, bitte schön!“
    Sie ging hinaus, und ich
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