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Der Engel Schwieg.

Der Engel Schwieg.

Titel: Der Engel Schwieg.
Autoren: Heinrich Böll
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und empfehlend hinzugefügt, er halte es für wichtig, daß Böll »thematisch über das Kriegserlebnis hinaus zu neuen Themen« komme, zu »ebenso ›engagierten Themen‹, nur aus dem Kriegserlebnis hinaus in Gegenwart und Zukunft«. Die große ›Chance‹ sei »natürlich immer ein Roman«.
    Diese Überlegungen sind in den folgenden Monaten weiter Gegenstand von Diskussionen und münden schließlich ein in die Nebenabsprachen zu einer im August 1949 getroffenen vertrag- lichen Vereinbarung. Um dem Autor aus seiner chronischen Geldnot herauszuhelfen, setzt der Verlag Middelhauve ihm ein monatliches Fixum aus – von September bis Dezember 1949
    zunächst 200 Mark, im folgenden Jahr 100 Mark –, das mit noch
    zu erzielenden Honoraren verrechnet werden soll. Was Middel- hauve dafür erwartet, »als Gegenleistung«, wie der Geschäfts- führer des Verlages später formuliert, ergibt sich aus einer brief- lichen Mitteilung Bölls an seinen Freund Ernst-Adolf (genannt Ada) Kunz: »Immerhin ist das Fixum eine tolle Errungenschaft in der heutigen Krise und ich will wirklich dankbar sein. Dahin- ter steht natürlich die leise und stetige Forderung nach einem neuen Roman. Eben damit hapert es sehr.« Dieser Brief datiert vom 7. September 1949.
    Am 5. September hat Böll die auf Wunsch des Verlages umge- arbeitete Erzählung Das Vermächtnis abgeliefert. Vier Tage danach, also am 9. September, entsteht der mehrseitige Entwurf eines Prosatextes mit der Überschrift Folgen einer Postkarte (beginnend: »Die Postkarte kam morgens, als er noch schlief…«; endend: »… wieder grinste der Posten, ließ ihn ein- treten und er war Soldat.«). Obwohl dieser Erzähltext später in modifizierter Form in Kapitel II des Romans integriert wird, hat ihn Böll offensichtlich zunächst als eigenständige Kurzgeschich- te konzipiert. Dafür spricht nicht nur die früheste der überliefer- ten Planungsskizzen, in der die Postkarten-Episode nicht er- scheint, sondern auch der Umstand, daß der erste auf den Roman bezogene Eintrag im Notiz-Kalender unter dem Datum 13. Sep- tember 1949 erfolgt. Wenige Tage danach charakterisiert Böll gegenüber Paul Schaaf das in Angriff genommene Projekt als
    »Roman der verlorenen Generation«; in diesem Schreiben be- richtet er auch über den Stand seiner Überlegungen und Bemü- hungen: »Ich kann Ihnen schlecht Teile des Manuskripts schik-
    ken, sie sind unleserlich und nehmen erst wirklich Gestalt an,
    wenn ich mit der ersten Ausarbeitung beginnen kann; also nach- dem das Konzept im Rohen fertig ist. Ich weiß nicht, wie lange das dauert; manchmal geht es schnell, einiges hat lange Zeit erfordert. Ich habe sehr viel Zeit und Ruhe, das ist herrlich; an- dererseits spüre ich und merke ich, was es bedeutet, einen Ro- man zu schreiben. Ich plane etwa 180-200 Schreibmaschinensei- ten, das entspräche 250 Druckseiten.« Erinnernd an das bei Der
    Zug war pünktlich und anderen Erzählungen praktizierte Vorge-
    hen, bietet Böll an, »einige Partien« vorzulesen und zur Diskus- sion zu stellen. Eine Gelegenheit dazu ergibt sich Anfang Okto- ber, als der im Schwarzwald lebende Schaaf nach Köln kommt. Über das Treffen, das am 4. Oktober stattfindet und bei dem auch der Geschäftsführer des Verlages zugegen ist, berichtet Böll dem Freund Kunz: »Ich mußte ihnen zwei Kapitel meines neuen Romans vorlesen, sie waren – Gott sei Dank! – davon ehrlich begeistert und ich denke mir, daß diese Begeisterung eine Verlängerung des Fixums bedeutet.« Die positive Resonanz bewirkt Ermutigung und löst einen Motivationsschub aus. Böll, der im zitierten Brief angibt, es fehlten »immerhin noch minde- stens drei Viertel«, setzt seine Ende September kurzfristig unter- brochene Arbeit fort; im Mittelpunkt der Bemühungen steht dabei, wie Aufzeichnungen belegen, vor allem das vierte Kapitel mit einem ›Dialog über die Armut‹, der einen zentralen Platz haben soll. Ab Mitte Oktober erfolgt dann jedoch eine Verlage- rung des Arbeitsschwerpunkts auf andere Projekte. In den Vordergrund treten zunehmend Sichtung, Auswahl und Bearbeitung der Texte für die geplante Erzählsammlung, deren spätere Titelgeschichte Wanderer, kommst du nach Spa … im Dezember entsteht.
    Eintragungen im Notiz-Kalender signalisieren, daß Böll sich Ende des Jahres seinem Roman erneut intensiv zuwendet. Bestä- tigt wird dies auch durch einen am 4. Dezember an Paul Schaaf
    gerichteten Brief, in dem er berichtet: »Mit meinem Roman geht
    es
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