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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel
Autoren: Ueberreuter
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wickelte dabei seine Leine um die wohlgeformten Beine seiner Besitzerin. Hastig schob Kaeo seinen Besuch in Richtung des Haupthauses und versuchte ein wenig leichtes Geplauder.
    Khanom blickte ihnen einen Moment nach, verlor dann das Interesse an den Aktivitäten seines Mahouts und begann mit dem Fuß Sand zusammenzuschieben. Er rollte den Rüssel darum und warf sich die ganze Ladung als Staubdusche über den Rücken.
    Etwas davon traf eine zweite fremde Frau, die in einen bunten Wickelrock und eine grüne Bluse gekleidet war. Mit einem strafenden Blick auf den Bullen, den dieser unbeeindruckt erwiderte, klopfte sie sichden Dreck ab. Dann lehnte sie ihr Fahrrad an einen Baum und sah sich suchend auf dem Gelände des Refuge um. »Kaeo?«
    »Oje«, japste Ricarda. »Ich glaube, das ist Kaeos zweite Freundin.«
    Nuan erlaubte sich ein kurzes Grinsen. »Als er’s mir erzählt hat, habe ich ihm gleich gesagt, das gibt irgendwann Ärger.«
    Aha, er neigte also ein wenig zur Schadenfreude!
    »Besser, wir halten sie auf und warnen Kaeo«, meinte Ricarda, der ihr Ausbilder leidtat.
    Zu spät! Die beiden Frauen hatten sich schon gesehen, und die Neue marschierte resolut wie ein Soldat auf das Pärchen unter den Stelzen des Haupthauses zu. Kaeo blickte drein wie ein Kaninchen, das eine Schlange erspäht hat.
    Doch dies war Thailand, das Land der Harmonie. Es gab keine Schlägerei mit Handtaschen. Wohl aber, wie aus der Entfernung zu ahnen war, mit süßem Lächeln vorgetragene giftige Bemerkungen. Kurz darauf dampfte die Frau mit dem weißen Minirock ab und zerrte ihren Schrumpfhund hinter sich her. Trotzig versuchte er das Bein an dem Feigenbaum zu heben, was ihm einen kräftigen Ruck an der Leine und eine kurze Flugphase einbrachte. Kurz darauf knallte eine Autotür, die dem satten Sound nach zu einem teuren Auto gehörte.
    Kaeo sah so aus, als würde er noch eine Weile mit Erklärungen beschäftigt sein.
    Einen Moment lang beobachtete Nuan ihn, dann stieß er sich von den Holzstangen des Pferchs ab. »Ich muss noch meine Sachen packen«, sagte er. Seine Stimme war ausdruckslos.
    Doch diesmal war Ricarda nicht bereit, ihn gehen zu lassen. Ihnen blieb nur noch so wenig Zeit miteinander! »Ich komme mit.«
    »Okay.« Er wandte sich zu ihr um und sein Blick war so zärtlich wie eine Berührung. »Ich habe gar nicht gefragt, wie es dir geht.«
    »Zu viel Abschied in meinen Gedanken«, sagte Ricarda und die Kehle wurde ihr eng dabei. »Ich wünschte, wir säßen noch unten am Fluss.«
    Nuan nickte und trat einen Schritt auf sie zu. Einen Moment lang strich seine Hand über ihre Wange, ganz langsam und zärtlich. Als sie sich umarmten, war es Ricarda egal, ob die anderen Mahouts zuschauten, ob so etwas in Thailand üblich war oder nicht, ob sich jemand darüber aufregen würde. Sie genoss es einfach nur. Doch etwas war anders geworden, er roch jetzt nach frischem Holz und dem Rauch des abendlichen Feuers, nicht mehr nach Elefant.
    »Lass uns gehen«, sagte Nuan leise und sie machten sich auf den Weg.
    Weit kamen sie nicht. Auf halbem Weg zu der Hütte, in der Nuan mit drei anderen Mahouts wohnte, fingen Sofia und Ruang sie ab. »Ach, hier seid ihr«, rief Sofia. »Wir haben euch schon gesucht. Ruang hat etwas über Laona herausgefunden!«
    Ein kleiner Funken von Interesse bei Nuan. Er hob den Kopf, hörte zu.
    »Sie hatte ein Kalb«, sprudelte Sofia heraus. »Aber es riss aus und wurde überfahren. Vor dem Tempel.«
    »Elefanten haben wirklich ein so gutes Gedächtnis, wie man sagt«, ergänzte Ruang. »Laona wird sich wahrscheinlich ihr Leben lang daran erinnern, dass dort ihr Kind den Tod gefunden hat.«
    Also hatte Nuan recht gehabt. Der Tempel war für Laona ein Ort der Trauer.
    Nachdenklich betrachtete Ricarda die Elefantin. »Kein Wunder, dass sie in Panik geraten ist, als das Auto auf sie zuraste.«
    Nuan nickte nur und schwieg. Schwieg, als ginge ihn das Leben nichts mehr an. Sofia und Ricarda tauschten einen besorgten Blick.
    Ricarda überließ Nuan einen Moment lang seinen Gedanken und ging ein paar Schritte mit Ruang. »Was ist eigentlich aus Phra Chan geworden? Dem todkranken Elefanten?«
    Ruang nickte. »Ah ja. Neuigkeiten gibt es hier. Anscheinend ist er auf dem Weg der Besserung. Aber es wird noch Monate dauern, bis er wieder arbeiten kann. Deshalb hat sein Besitzer doch noch zugestimmt, ihn uns günstig zu verkaufen. Und Geld ist da. Seit gestern.«
    »Gestern? Ist eine neue Spende reingekommen oder so was?« Sofia
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