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Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Titel: Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)
Autoren: Günter W. Hohenester
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auf den immer noch vorhandenen Schildern standen alle möglichen Stadtteile, nur nicht Senne. Zudem verlor der Himmel alle Hemmungen und weinte sich wie ein hysterisches Weib über mir aus. Ich drehte um und flüchtete unter eine Bushaltestelle. Es hörte nicht auf, zu schütten. Ich musste meinen Regenanzug überziehen. Nur war es dafür eigentlich zu warm.
    Wohngebiete sind an Werktagen meistens ziemlich menschenleer. Ich überzeugte mich, dass es hier genau so war. Dann vergaß ich alle anerzogene Scheu, zog mich bis auf die Unterwäsche aus und hüllte mich in das schützende Regenzeug.
    Jetzt konnte es weiter gehen. Ich fuhr zurück zur Baustelle. Anscheinend hatte irgendein Scherzbold die Schilder verdreht.
    Also wechselte ich die Straßenseite und nahm die ursprüngliche Richtung wieder auf. Eine gute Entscheidung, denn bald zeigte sich ein Straßenschild, auf dem »Gütersloh« stand und etwas kleiner darunter »Verl«. Auf einem Extraschild las ich dann sogar noch »Senne«. Damit war Bielefeld bald geschafft und ich erwischte auch richtig die Abfahrt nach Verl. Der Himmel liebt die Tüchtigen und die Erfolgreichen. Er freute sich mit mir und wischte die Wolken von seiner Stirn. Also zog ich die Regenklamotten aus und die Jeans wieder an.
    Verl zeigte sich als ansehnliche Kleinstadt mit ordentlichen, kleinen Läden, sauberen Häusern mit hübschen Vorgärten und noch hübscheren, blonden, gesunden, rotwangigen, ländlich frischen, jungen Frauen. Eine von ihnen die neben einem mageren, jungen Mann mit spätpubertären Pickeln und einem kleinen Bärtchen im Gesicht einherging, fragte ich, ob sie mir sagen könne, wie ich von hier aus über Kaunitz nach Delbrück käme.
    »Das ist ganz einfach«, meinte sie. »Sie müssen nur immer geradeaus fahren. Dann kommen Sie an eine Kreuzung mit einem Schild und schon sind Sie auf dem richtigen Weg.«
    Der Pickelige nickte bestätigend. Dann fügte sie etwas verwirrt von der Vorstellung jemand wolle mit dem Fahrrad dorthin gelangen erschrocken hinzu: »Das ist aber weiiit!«
    Der Pickelige nickte bedeutungsvoll und war nun auch erschrocken.
    »Das macht nichts«, versuchte ich sie mit heimlichem Stolz und äußerer Lässigkeit zu beruhigen. »Ich will noch viel weiter. Ich will zum Bodensee.«
    Staunen trat nun an die Stelle des Schreckens.
    »Cool«, urteilte sie dann. Und ich machte, dass ich weiter kam, bevor der Pickelige dazu kam, sich als Echo zu erweisen.
    Vor Delbrück konnte ich von einer Erhebung aus auf die Stadt hinab schauen. Sie hatte einen auffallend schräg stehenden Kirchturm. Zwar norddeutsch kantig gebaut und in einer Spitze endend, aber mindestens so schief, wie der Turm von Pisa. Im Glauben, einen funktionierenden Apparat dabei zu haben schoss ich ein Foto.
    Unterhalb der Erhebung gab es einen ALDI!
    Ich stellte mein Rad ab und versorgte mich mit Vorräten. Vor allem aber kaufte ich anderthalb Liter Zitronentee, denn meine Wasserflasche war längst leer und ich fast verdurstet. Ich füllte die Flasche auf. Den Rest des Tees trank ich gleich auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt. Dann fragte ich eine dieser sympathischen, selbstsicheren Frauen, die ihre Taille gegen Wohlbehagen und ein freundliches Wesen eingetauscht haben, wie ich von hier aus am Besten nach Salzkotten-Verne käme.
    »Sie haben Glück, dass Sie mich fragen«, behauptete sie. »Durch Delbrück können Sie nicht. Delbrück ist gesperrt. Da wird gebaut. Ich zeige Ihnen, wie sie außen herumkommen.«
    Ihre Angaben waren präzise und ich erreichte den Stadtrand von Salzkotten nach einer guten halben Stunde. Das heißt, genau genommen war ich bei dem Versuch nach Salzkotten- Verne zu gelangen, im daneben liegenden Klein-Verne gelandet. Wieder war ich den verführerischen Fähigkeiten eines Schildes erlegen.
    Jetzt stand ich neben einer betäubend duftenden, wunderhübsch rot blühenden Hecke, vor einem Platz, von dem aus der Weg nach rechts ins Unbekannte führte, nach links, wenn ich dem in diese Richtung zeigenden Schild glauben wollte, nach Salzkotten und geradeaus in ein Neubaugebiet mit unbefestigter, breiter Straße.
    Aus dem Unbekannten trottete ein Mann heran. Er trug ein weißes Hemd, helle Hosen und ein zum Boden gerichtetes sorgenvolles Gesicht. An seinem rechten Arm schlenkerte eine altmodische Aktentasche. Ich beschloss, ihn zu fragen.
    »Nach Büren?«
    Er zögerte nachdenklich. »Nach Büren? Ich weiß mit Auto!« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. »Aber geht auch mit
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