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Der dunklen Tugend (German Edition)

Der dunklen Tugend (German Edition)

Titel: Der dunklen Tugend (German Edition)
Autoren: Constanze O Wild
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verleugnen, dass ich es mag, wenn ich begehrt werde. Das sagt mehr als tausend Worte.
    Die Erektion eines Mannes sagt in dieser unmissverständlichen, archaischen Sprache: Ich will dich! Ich will mich mit dir vereinen, mit dir schlafen, verbotene Dinge tun.
    Ja, das erregt mich.
    Einige Tage später, bei einem Telefonat, gestand ich ihm, dass ich gerne beherrscht werden möchte. Durch kleine Geschichten hatten wir versucht, den anderen heiß zu machen und dann passierte es:
    Ich will beherrscht werden!
    Damit wies ich ihm einen Weg aus seiner suchen-
    den Dunkelheit. Zeigte ihm, wo ich auf ihn wartete.
    Seine Neugierde, sein Verlangen und seine Triebe ebneten ihm schließlich den Weg in meine Arme.
    Nein, das Lächeln auf meinen Lippen ist lediglich Zeichen der Gewissheit, in ihm jemanden gefunden zu haben, der mich erwecken kann aus meinem Dornröschenschlaf. Er wird mich benutzen, mich hinter den Schleier führen, der ein ganzes Reich und tausende Leben vor mir verbarg.
    Ich wünsche mir im Spiel der Liebe zwei Dinge: Sicherheit und Grenzenlosigkeit. Ich habe erkannt, dass den Menschen nur ein Motiv wahrlich zu neuen Ufern treibt: Die Gier. In mir ist die Gier sehr stark, die Gier nach Neuem, nach unbekannten Ufern.
    Auf diese Weise kann ich auch mein Interesse am Laster, an der Unreinheit erklären. Vielleicht.
    Das soll nicht bedeuten, dass ich mich von Dreck angezogen fühle, sondern ich fühle mich von allem angezogen, was neu und nach den allgemein gültigen Werten der Gesellschaft unrein ist. Doch als Mädchen fehlt einem oft der Mut, dies von sich aus zu tun. Es braucht einen Fackelträger, der einem den Weg in den Abgrund weist.
    Und wenn mein Herr und Meister mich fragt, ob ich ihm folge, wo auch immer seine Schritte mich hinführen, so antworte ich jedes Mal mit Stolz und Aufrichtigkeit: Ich will!
    Er fühlt sich von der Neugier getrieben, von der Suche nach Vergessen. Auf viele wirkt er kühl, hart und kalkulierend. Aber um ihn wirklich zu kennen, muss man sich ihm hingegeben haben. Muss man seine Lanze mit dem eigenen Mund aufgerichtet und im Arsch gespürt haben.
    Dann ist er ein anderer Mensch. Mein Meister, der mir sagt, ich solle in den Abgrund springen! Denn er ist da und fängt mich auf!
    Wenn er mich schlägt, mich fesselt, mir Schmerz zufügt, wenn er mich fickt, dann ist er ein anderer. Wenn er mich demütigt, seinen Samen über mich ergießt, mir mein Halsband anlegt, mich küsst, dann ist er ein anderer. Wenn er Dinge tut, die nur wenige offen als sexuell erregend angeben, dann ist er ein anderer. Dann liebt er. Dann liebt er mich, sein Spielzeug, seine Puppe, seine Dienerin.
    Und er liebt, wie ich keinen anderen Menschen je lieben erlebt habe. Mit Hingabe, mit einer Opferbereitschaft und einer nie versiegenden Lust, die viele überfordern würde. In ihm ist die Lust das verzehrende Feuer, das ständig mehr verlangt, um nicht zu verlöschen. Ein Leben, das vielen wie getrieben erscheint.
    Aber das trifft es nicht. Er ist sich dieses Feuers durchaus bewusst. Er hat sich damals bewusst für diese flammende Liebe entschieden, ist ihm die andere Form doch zu langweilig.
    Wer stärker lieben will, muss auch bereit sein, stärker zu leiden. Und wer Schmerzen als einen Teil der Liebe und der Zuneigung erfahren hat, weiß, wie tief und innig eine Liebe sein kann. Wenn die liebende Hand über die von Striemen rot gefärbte Haut gleitet, der Schmerz sich mit der sanften Berührung zu einem Crescendo der Liebe steigert und alle rationalen Gedanken einer Naturkatastrophe gleich einreißt ...
    Das ist Liebe! Ich spüre meinen Körper, spüre die Schmerzen, die Lust, die Geilheit, will immer mehr und mehr. Würde ich denken, meine Ratio würde schreien: Du bewegst dich zu nah am Abgrund!
    Aber ich denke nicht. Ich gebe mich hin, ich liebe.
    Aber so ist er, mein Herr und mein Meister. Mein Gebieter und Geliebter. Was wäre ich ohne ihn? Nur eine Frau auf der Suche nach Unterwerfung und Freiheit.
    Was wäre er ohne mich? Ein Mann auf der Suche nach Herrschaft und Gefangenschaft. Ein Brennender, der verzweifelt nach Nahrung für die Flammen sucht.
    Gibt es etwas Schöneres, als die Geliebte, die Freundin, die Hure, die Göttin, Königin und die Sklavin eines Mannes sein zu dürfen?
    An jenem Regentag, als wir Arm in Arm beieinander standen, beschwor er mich, stark zu sein. Ihm Einhalt zu gebieten, um des Friedens willen. Beide lebten wir noch in den Ketten einer Beziehung, doch benahm er sich bereits für
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