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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei
Autoren: King Stephen
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Schritt nach dem anderen zurück, bis er den Grasrand des Strandes erreichte. Dort setzte er sich und erledigte alles, was ihm einfiel: Er bestreute die Stummel seiner Finger und Zehen mit dem letzten Rest seines Tabaks, um die Blutung zu stillen, und er trug ihn dick auf, obwohl das Brennen erneut begann (sein fehlender großer Zeh hatte sich zu dem Chor gesellt). Danach saß er nur noch da, schwitzte trotz der Kälte, machte sich Gedanken wegen Infektionen, fragte sich, wie er ohne die beiden fehlenden Finger seiner rechten Hand in dieser Welt bestehen wollte (was die Waffen anbetraf, so waren beide Hände gleichwertig gewesen, aber bei allem anderen regierte seine rechte Hand), fragte sich, ob der Biß des Dinges ein Gift enthalten haben mochte, das sich bereits in ihm ausbreitete, und fragte sich, ob der Morgen jemals kommen würde.

 
     
     
     
     
    DER GEFANGENE

 
    ERSTES KAPITEL
    Die Tür

    1
     
    Drei. Das ist deine Schicksalszahl.
    Drei?
    Ja, drei ist mystisch. Drei ist im Herzen des Mantras.
    Welche drei?
    Der erste ist jung und dunkelhaarig. Er steht am Rand von Raub und Mord. Ein Dämon hat von ihm Besitz ergriffen. Der Name des Dämons heißt HEROIN.
    Was ist das für ein Dämon? Ich kenne ihn nicht, nicht einmal aus Kindergeschichten.
    Er versuchte zu sprechen, aber seine Stimme war dahin, die Stimme des Orakels, Sternendirne, Hure der Wende, beide waren dahin; er sah eine Karte vom Nichts ins Nichts flattern, die sich in der trägen Dunkelheit drehte und drehte. Auf ihr grinste ein Pavian über die Schulter eines jungen Mannes mit dunklem Haar; seine beunruhigend menschlichen Finger waren so tief im Nacken des Mannes vergraben, daß ihre Spitzen im Fleisch versunken waren. Als er näher hinsah, erkannte der Revolvermann, daß der Pavian eine Peitsche in einer seiner klammernden, würgenden Hände hielt. Das Gesicht des gepeinigten Mannes schien sich in stummem Entsetzen zu verzerren.
    Der Gefangene, flüsterte der Mann in Schwarz (der einstmals ein Mann gewesen war, dem der Revolvermann vertraut hatte, ein Mann namens Walter) gesellig. Etwas beunruhigend, nicht? Etwas beunruhigend… etwas beunruhigend… etwas…
     
     

    2
     
    Der Revolvermann erwachte hochschreckend, winkte mit seiner verstümmelten Hand nach etwas und war überzeugt davon, daß sich binnen eines Augenblicks eines der monströsen Schalentiere aus dem Westlichen Meer auf ihn stürzen und verzweifelt in seiner fremden Sprache Fragen stellen würde, während es ihm das Gesicht vom Schädel riß.
    Statt dessen flatterte ein Meeresvogel, den das Glitzern der Morgensonne auf seinen Hemdknöpfen angelockt hatte, mit erschrockenem Krächzen davon.
    Roland setzte sich auf.
    Seine Hand pochte übel und unablässig. Sein rechter Fuß ebenso. Beide Finger und der Zeh beharrten darauf, daß sie noch da waren. Die untere Hälfte seines Hemds war fort; was übriggeblieben war, erinnerte an eine ausgerissene Unterjacke. Mit einem Stück hatte er seine Hand verbunden, mit dem anderen den Fuß.
    Geht weg, sagte er zu seinen fehlenden Körperteilen. Ihr seid jetzt Geister. Geht weg.
    Das half ein wenig. Nicht viel, aber ein wenig. Sie waren Geister, richtig, aber lebhafte Geister.
    Der Revolvermann aß ruckhaft. Sein Mund wollte wenig, sein Magen noch weniger, aber er bestand darauf. Als er es in sich hatte, fühlte er sich ein wenig kräftiger. Aber es war nicht mehr viel übrig; er war beinahe mittellos.
    Dennoch mußte verschiedenes getan werden.
    Er erhob sich unsicher auf die Beine und sah sich um. Vögel flogen und stießen hernieder, aber die Welt schien ausschließlich ihnen und ihm zu gehören. Die Monstrositäten waren verschwunden. Vielleicht waren sie Nachtlebewesen; vielleicht von den Gezeiten abhängig. Derzeit schien das einerlei zu sein.
    Das Meer war gewaltig, es verschmolz an einem nebelverhangenen blauen Punkt, der unmöglich zu bestimmen war, mit dem Horizont. Während er nachdachte, vergaß der Revolvermann lange Augenblicke seine Schmerzen. Er hatte noch niemals soviel Wasser gesehen. Er hatte natürlich in Kindergeschichten davon gehört; seine Lehrmeister – jedenfalls einige – hatten ihm versichert, daß es existierte – aber sie nach all den Jahren der Trockenheit tatsächlich zu sehen, diese Unermeßlichkeit, diese erstaunliche Wassermasse, war schwer zu akzeptieren… sogar schwer zu sehen.
    Er betrachtete es lange Zeit verzückt, zwang sich, es zu sehen, vergaß vorübergehend vor Staunen seine Schmerzen.
    Aber
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