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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk
Autoren: Eric Ambler
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Sorgen um mich. Ich hoffe, daß ich in Paris ein paar Tage mit meinem Freund, dem Chef de la Sûreté, verbringen kann. Er ist ein netter Kerl. Auf Wiedersehen, mein Freund. Ich glaube zwar nicht, daß wir einander wiedersehen werden, aber wer weiß? Vergessen Sie mich nicht.
    Conway Carruthers
     
    Das war das letzte, was ich von dem Mann gehört habe, der sich Carruthers nannte. Zwei Tage später meldete Agence Havas, daß der bekannte englische Wissenschaftler Professor Barstow im Expreß Basel-Paris das Opfer eines Überfalls geworden sei.

17. Kapitel
    Oktober
     
    Es vergingen einige Monate, bevor ich Zeit hatte, mich dem Problem zu widmen, über das ich schon so manche fruchtlose Stunde gegrübelt hatte: dem der Identität Carruthers. Im September jedoch hatten Tumachin und seine Regierung sich in den maßgebenden Kreisen in London, Paris und New York politisch und finanziell so beliebt gemacht, daß meine Dienste nicht länger benötigt wurden. Anfang Oktober kehrte ich nach Paris zurück und nahm meine Arbeit wieder auf, die Hansen in meiner Abwesenheit tadellos erledigt hatte.
    Das erste, was ich nach meiner Ankunft tat, war in alten französischen Zeitungen zu blättern, um etwas über jenes Vorkommnis im Expreß Basel-Paris zu erfahren.
    Kurioserweise fand ich nur sehr wenig. Professor Barstow war zwischen Mulheim und Belfort gefunden worden und hatte offensichtlich eine schwere Gehirnerschütterung erlitten. Eine große Beule ließ darauf schließen, daß ihm ein Zugdieb mit einem Sandsack eins über den Kopf gegeben hatte. Die Reisenden in den benachbarten Coupés hatten keine Auskunft geben können. Der Dieb war offensichtlich gestört worden, denn in der Brieftasche des Professors befand sich noch Geld. Über Professor Barstows mysteriöses Verschwinden aus England fünf Wochen zuvor wurde nichts erwähnt. Noch auffälliger war das Fehlen einer Notiz über dieses Ereignis in den vielen direkt oder indirekt von der französischen Waffenindustrie kontrollierten Zeitungen. Der einzige Kommentar zu diesem Vorfall stand in einem linksextremen Blatt, das sich bitter über die Freimaurer beschwerte, die schon wieder ungestraft ein Verbrechen begehen durften.
    Zwei Tage später rief ich im Büro der Chemins de Fer de L’Est an und erkundigte mich, ob und wann ich den Schaffner des fraglichen Zugs interviewen könne. Man antwortete mir, daß Monsieur Abadis am nächsten Tag aus Basel in Paris eintreffen werde.
    Ich fing Monsieur Abadis also am Gare de l’Est ab und fragte ihn, nachdem ich mich vorgestellt und ausgewiesen hatte, ob er sich noch an die Geschehnisse vom 26. Mai dieses Jahres erinnere. Zuerst war er sehr zurückhaltend. Als er aber merkte, daß mein Interesse nicht so sehr dem Überfallenen Professor galt als den Reisenden, die im selben Wagen gewesen waren, taute er etwas auf. Ich hatte gewisse Vermutungen und wollte wissen, ob sie der Wahrheit entsprachen. War damals, so fragte ich, noch ein anderer Mann mit einem englischen Paß im Wagen? Er beantwortete die Frage mit ja. Er selber hatte die Mitreisenden verhört in der Hoffnung, einer von ihnen könnte den Täter gesehen haben. Konnte Monsieur Abadis diesen Engländer beschreiben? Er lächelte nachsichtig. Er sah so viele Leute mit englischen Pässen, und es war ja schon so lange her … Er zuckte die Achseln. Ich beschrieb Groom, und seine Augen leuchteten auf. Si, si, si , jetzt erinnere er sich an den Herrn. Sein Name? Ah, das war zuviel verlangt. Groom? Er schüttelte langsam den Kopf. Grindley-Jones? Nein, er wußte es nicht mehr. Coltington? Si, si, si , Mr. Coltington, das war der Name. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Der Gentleman hatte den Zug in Belfort verlassen, als die Polizei kam. Denis, der Schlafwagenschaffner hatte noch gesagt, es sei doch sonderbar, daß jemand seinen Landsmann im Unglück im Stiche lasse.
    Ich stellte eine letzte Frage.
    »Was sagte Monsieur Barstow, als er wieder zu sich kam?«
    Monsieur Abadis gab keine Antwort, aber ich konnte aus seinem Gesicht lesen, daß er seine Anweisungen bekommen hatte.
    Ich drang nicht weiter in ihn. Ich hatte erfahren, was ich wissen wollte. Groom war offensichtlich der Meinung gewesen, Carruthers habe die Kassensche Formel für sich behalten, und hatte einen letzten verzweifelten Versuch gemacht, sie in die Hände zu kriegen. Ich verabschiedete mich von dem diskreten Chef, nachdem ich ihm einen Hunderter zugesteckt hatte.
    Vierzehn Tage später war ich für einen oder zwei Tage
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