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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code
Autoren: Ilkka Remes
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Kiste.
    »Tempo! Ich will den Schatz nicht hier zurücklassen.« Alle Schwärmerei war einem kalten Unterton gewichen. »Weißt du, wie viele Leute im Lauf der Jahrzehnte hinter diesem Gold her gewesen sind? Achim, wir gehen.«
    Gruber schloss den Deckel der Kiste und sagte noch einmal: »Achim …«
    Er sah sich um und ließ den Kegel seiner Lampe durch den Raum hüpfen. Plötzlich richtete er sich auf. Er wirkte sehr ernst. »Achim, wo bist du?«
    Sein Handlanger war nirgendwo zu sehen.
    »Was ist?«, fragte Aaro, nun selbst besorgt.
    Er sprang von der Ladefläche des Lkw. Die steinernen Säulen, die die Decke stützten, warfen gespenstische Schatten an die Wände. Wo war Niko? Gerade noch hatte er auf dem Trittbrett des einen Lasters gestanden und bewundernd ins Fahrerhaus geschaut. Aaro fragte sich, wie lange er zusammen mit Gruber vom Zauber des Goldes gebannt auf der Ladefläche gesessen hatte. Und wo steckte Achim, der die Pistole mit dem langen Lauf bei sich trug?
    »Niko!«, schrie Aaro, aber seine Stimme hallte von den Wänden und der Decke wider, ohne eine Antwort zu erhalten.
    »Achim! Wo bist du?«, brüllte Gruber, nun bereits äußerst angespannt.
    Keine Antwort.

31
    Aaro ging um den Laster herum. In der zwei Meter breiten Lücke zwischen Fahrzeug und Wand wäre er fast über Niko gestolpert, der dort auf dem Bauch lag. Sein Freund sah aus, als würde er schlafen. Panisch drehte Aaro ihn auf die Seite, bemerkte erleichtert, dass Niko atmete, und schaute sich um. Es war niemand zu sehen. Niko wies auch keine Spuren von Gewalt auf.
    Etwas ging hier vor. Niko hatte nicht die Angewohnheit, plötzlich einzuschlafen, auch wenn er ein außergewöhnlicher Morgen- und Abendmuffel war. Aaro betastete Hals und Nacken seines Freundes, dann glitten seine Finger über die Stelle, wo der Nacken in den Schultermuskel überging. Da war etwas Hartes.
    Aaro zog sein Schlüsselbund aus der Tasche und knipste die LED-Lampe an. In Nikos Nacken steckte eine Metallnadel, kaum größer als der Dorn einer Rose, aber mit einem winzigen Plastikschweif versehen.
    Aaro erschrak.
    Genau so ein Ding hatte er vor einem Jahr auf einer Waffenausstellung von Europol gesehen, zu der ihn sein Vater mitgenommen hatte. Es stammte aus einem Betäubungsapparat, mit dem man kleine Nadeln auf den Gegner schoss, die lähmende Elektroschocks abgaben. Sie sollten eigentlich nur kurz lähmen und der Polizei Zeit zum Handeln geben. Aber Niko hatte komplett das Bewusstsein verloren. Aaro fuhr mit dem Finger über Nikos Hinterkopf. Genau – dort war eine große Beule zu spüren. Aber zum Glück kein Blut. Plötzlich gab Niko einen Ton von sich und versuchte, den Kopf zu drehen. Er kam zu Bewusstsein. Karate nützte also offenbar nichts, wenn man die Wachsamkeit vergaß.
    Auf der anderen Seite des Lastwagens knirschte der Kies. Aaro hörte, wie Gruber nach Achim rief. Immer deutlicher war Besorgnis und sogar Angst aus der Stimme des Mannes herauszuhören. Das war neu bei dem Deutschen.
    Aaro spähte hinter dem Tank hervor und sah zwei Beine. Das musste Achim sein. Aaro erkannte die schwarzen Jeans und die hellen Schuhe. Achim stand unbeweglich auf der Stelle, er schien auf etwas zu warten. Gruber rief von der Pritsche des Lastwagens nach ihm, aber Achim antwortete nicht. Was hatte das zu bedeuten?
    Vom Gang her näherten sich die schnellen Schritte von zwei Personen. Gruber fluchte. Aaro spähte hinter einem Rad des Lkw hervor. In der Tür standen zwei dunkelhaarige, italienisch aussehende Männer. Achim lief zu ihnen.
    Dann fiel ein Schuss, prallte von einer der Wände ab, sirrte wie ein wütendes Insekt und ließ Steinbröckchen von einem Pfeiler rieseln. Die drei Männer verschwanden hinter der Türöffnung. Aaro hörte Gruber ein weiteres Mal auf der Ladefläche schimpfen.
    »Achim … Lorenzo und Giuliano! Verdammt! Was für Verräter!«
    Aaro versuchte zu begreifen, was hier vorging, während er dem langsam zu sich kommenden Niko half, sich aufzusetzen.
    »Kommt raus, ihr Ratten!«, brüllte Gruber und feuerte noch einen Schuss ab. »Hier ist Gift für euch!« Der dumpfe Knall hallte durch das Gewölbe und die Kugel schlug irgendwo in der Dunkelheit ein, ohne ihr Ziel zu treffen. Falls es überhaupt eines gegeben hatte. Aaro wunderte sich, wieso Waffen in Wirklichkeit nicht genauso Feuer spuckten wie in Actionfilmen. Der Lauf der Pistole zuckte nur durch die Kraft des Rückstoßes und eine kleine Rauchsäule begleitete die Kugel. Nur das
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