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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code
Autoren: Ilkka Remes
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wütende, schnappende Geräusch einer echten Kugel war wesentlich bedrohlicher und tödlicher, als es die prallen Toneffekte aus Hollywood vermittelten. Aaro duckte sich tiefer, um nicht von einem Querschläger getroffen zu werden.
    Eine fremde Stimme rief mit italienischem Akzent: »He, Gruber, du glaubst, du bist schlauer als Achim, aber weißt du was? Er ist schlauer als du.« Der Mann blieb hinter der Biegung des Ganges verborgen. »Deine Idee, uns bei der Polizei anzuzeigen, gefällt uns gar nicht. Du hast dein Versprechen gebrochen. Wirf den Revolver weg und komm mit erhobenen Händen runter!«
    Der Deutsche antwortete mit zwei Schüssen, die quälend lange mit dumpfem Widerhall und scharfen Pfiffen zwischen den Wänden hin und her sprangen. Aaro hörte, wie Gruber seinen Revolver nachlud. Die alten Hülsen fielen neben Niko zu Boden und verbreiteten das scharfe Aroma einer wirklich brenzligen Situation.
    Die anderen erwiderten das Feuer aus der Deckung einer Säule heraus. Die Schüsse hallten ohrenbetäubend von den Wänden der Felsenhalle wider und die Querschläger verursachten kleine Funken, die sich in den Goldbarren spiegelten.
    Gruber feuerte pausenlos mit seinem massiven Revolver und duckte sich zwischendurch, um sich vor den Querschlägern seiner eigenen Schüsse zu schützen. Ein wahrer Hülsenhagel regnete auf die Jungen herab. Allmählich wurde die Lage fatal.
     
    Achim versuchte, auf das Licht zu zielen, das auf der Ladefläche des Lkw umhertanzte, auf Grubers Stirnlampe, aber der alte Mann war ständig in Bewegung. Der Wechsel ins Lager der Italiener war wohlüberlegt gewesen – zwar schmerzhaft, da er Gruber eigentlich nicht hintergehen wollte, aber unvermeidlich, weil er mit Lorenzo und Giuliano die Möglichkeit hatte, wesentlich besser an der Aktion zu verdienen. Gruber war sein Mentor gewesen. Indem er ihn jetzt bezwang, zeigte er da nicht, dass er über seinen Lehrer und Wohltäter hinausgewachsen war? Ihm daher sogar zur Ehre gereichte? Achim musste lachen. Normalerweise war Gruber derjenige, der solches Zeug von sich gab.
    Außerdem hatte der Alte eindeutig nicht mehr alles im Griff. Die Tatsache, dass er die finnischen Rotznasen an der Beute beteiligen wollte, hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Achim hatte aus dem Kunstraub nicht einen Cent gewonnen und jetzt sollte er das Gold mit neugierigen Schlaumeiern teilen! Die Entscheidung zum Seitenwechsel hatte er zwar schon wesentlich früher getroffen, die Ereignisse dieses Tages hatten sie aber besiegelt. Es versetzte ihm einen Stich, dass Gruber den Jungen für voll nahm und ihn für einen holzköpfigen Muskelprotz hielt, ungefährlich und berechenbar …
     
    Aaros Gehirn surrte auf Hochtouren. Wie konnten sie nach draußen kommen? Wie viele Männer warteten vor der Eichentür? Entsetzt sah er Niko an, der zum Glück bei Bewusstsein, aber immer noch total gelähmt war.
    Plötzlich trat eine Feuerpause ein und die Tür flog krachend zu. Grabesstille breitete sich im Felsensaal aus. Sie waren eingesperrt, es gab keinen zweiten Ausgang, nur die Felswände, die zum Teil mit Backstein ausgemauert waren. Die Beklemmung nahm zu, Aaro sehnte sich immer stärker nach frischer, kühlender Alpenluft.
    Er schaute nach oben, sah an der Decke aber nichts als einen schmalen Belüftungskanal von einem halben Meter Durchmesser. Nur ein Zirkusakrobat käme auf diesem Weg ins Freie, außerdem wusste man nicht, worauf man oben stoßen würde. Wohl kaum auf ein Loch, durch das ein Mensch passte.
    Aaro hörte Gruber auf dem Lkw im Befehlston nach ihm rufen, aber er wagte nicht, sich zu bewegen, denn er konnte die Tür nicht richtig sehen. Der Lkw stand mit dem Heck zur hinteren Wand. In seinem Schutz stieg Gruber von der Ladefläche.
    Wenig später stand er neben Aaro und Niko. Er atmete schwer und hielt eine Smith & Wesson Police Special in der Hand. Aaro nahm den stechenden Schweißgeruch des Deutschen wahr, der auf den zu Bewusstsein gekommenen Niko schaute, dessen Nacken betastete und dann mit einer schnellen Bewegung die Betäubungsnadel herausriss. Niko stöhnte auf.
    »Ein Elektropfeil, wie ihn die Polizei benutzt. Der ist jetzt nicht mehr gefährlich«, sagte Gruber. Seine Stimme klang ruhig, sein Blick ging zur Tür. Dort war niemand zu sehen.
    »Wer sind die Leute?«, fragte Aaro außer Atem und mit leicht zitternder Stimme. Durch den Lärm der Schüsse waren seine Ohren zugegangen, er riss weit den Mund auf und schluckte mehrmals, um sie
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