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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds
Autoren: Rosa Zapato
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den Resten des Morgenmahls in meinem Magen. Rasender Schmerz durchfuhr meine Eingeweide, ich krümmte mich und blieb als wimmerndes Bündel auf dem Boden liegen. Die Schriftzeichen an den Wänden verschwammen. Ich erkannte Gesichter über mir. Janaab Pakals Blick durchbohrte mich, während die Priester entsetzt flüsterten.
    Ich hatte das Ritual verdorben.
    »Steh auf!«, herrschte mein Gemahl mich an. »Geh nach draußen!«
    Ich gehorchte, obwohl ich die Strecke zum Ausgang kriechend zurücklegen musste. Das Sonnenlicht blendete mich, und mein Kopf drohte zu zerspringen, als ich endlich die Tempelstufen erreichte.
    »Herrin!«, rief meine treue Ix Chel und kam mir auf den hohen Stufen entgegengelaufen, obwohl sie auch das nicht durfte, und richtete mich auf.
    »Dein Körper ist glühend heiß«, flüsterte sie ängstlich. »Ich glaube, du fieberst.«
    Ich lehnte mich an ihre Schulter, ohne etwas zu erwidern. Wir wussten beide, dass die Krankheit nun auch in mir tobte.
    Ix Chel half mir, wieder in mein Gemach zu gelangen, wo wir warteten, bis zum Aufbruch gerufen wurde. Drei weitere Becher Kakaw und einer jener Kräutersude, die meine Magd zubereiten kann, stärkten mich und beruhigten meinen Magen. Für eine Weile hoffte ich, dass ich wieder genesen würde, sobald wir Lakamha’ verlassen hatten, denn die Götter hatten diese Stadt verflucht.
    Meine Habseligkeiten waren zu Bündeln gepackt. Ich half Ix Chel, sie zu tragen, denn es waren nicht genug Diener zurückgeblieben. Zusammen mit den Nebenfrauen Janaab Pakals wartete ich schließlich am Eingangstor des Palastes, während die Sklaven alle Tragestühle in den Innenhof trugen. Ich beobachtete erstaunt, dass sie alle Hunde, die in Lakamha’ noch aufzufinden waren, unter den Eingangsstufen zusammentrieben, dann begriff ich, dass Säcke sich auch an den größeren Tieren festbinden ließen. Für die Edlen würden die Tragestühle bleiben, von denen mein Gemahl recht viele besitzt. Doch als ich meinen Blick über die emsig herumeilenden Diener schweifen ließ, wurde mir klar, warum unsere Lage trotzdem sehr unerfreulich war. Selbst wenn die Tragestühle für Janaab Pakal, seine Gemahlinnen und die Höchsten unter den Priestern reichen würden, denn Rangniedere hatten ohnehin zu Fuß zu gehen, so mangelte es uns an den nötigen Trägern. Meine versammelten Gefährtinnen mussten dies noch schneller erfasst haben, denn ich sah sie schubsend und schreiend zu den Tragestühlen rennen und sogleich alle kräftigen Diener, die sich zufällig in der Nähe aufhielten, zum Bleiben auffordern. Die Männer gehorchten, denn sie hatten ihr Leben lang gelernt, welch unerfreuliche Dinge jenen widerfuhren, die es nicht taten. Dies hatte zur Folge, dass einige Säcke, Tontöpfe und Kisten einfach liegen blieben, da sich niemand mehr um sie kümmerte. Aber es wäre ohnehin zu viel Gepäck gewesen. Bald schon waren die Sänften mit Menschen gefüllt. Manche meiner Gefährtinnen waren klug genug, sich eine zu teilen, was den Trägern die Arbeit erschweren würde, aber über solche Dinge hatten wir Palastdamen uns kaum jemals den Kopf zerbrochen. Ich staunte, wie friedlich sie auf dem beengten Raum nebeneinanderzusitzen vermochten, hatte doch all die Jahre im Palast erbarmungslose Rivalität unter uns geherrscht. Nun sah ich nichts als angespannte Gesichter von Menschen, die wussten, dass sie ein vielleicht nicht geliebtes, aber dennoch vertrautes Leben für immer hinter sich lassen mussten.
    Ich beobachtete all dies, als fände es in weiter Ferne statt, denn das Fieber hatte mich langsam und träge werden lassen. Erst als Ix Chel mich am Arm zupfte, wurde mir klar, dass ich als Einzige der Ranghöheren noch auf dem Boden stand. Meine Magd versuchte gerade, Janaab Pakals letzte Lieblingsfrau zu überreden, mich noch mit in ihre recht breite Sänfte aufzunehmen, doch die geschmeidige Schöne wehrte ab. Ich fürchte, sie mochte mich nie besonders leiden. Vielleicht hat sie auch die Krankheit in meinen Augen glänzen sehen.
    »Wir müssen deinen Gemahl um Hilfe bitten«, riet Ix Chel. »Du bist seine erste Frau, die Herrin in dieser Stadt. Er kann dich nicht einfach hier stehen lassen.«
    Ich hielt weiter zwei große Bündel im Arm und wartete.
    Mein Gemahl saß in der größten aller Sänften, wie es seinem Rang gebührte. Die Vorhänge waren mit leuchtenden Quetzalfedern verziert, und Schlangenleiber wickelten sich um die Tragestäbe. Ich dachte, dass darin sicher auch genug Platz für
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