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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich heraus, daß Herr Tsching schon vor Stunden gegangen war. Das war Anlaß genug, sofort zur Polizei zu fahren, denn das sei doch nicht normal.
    »Das kann man wohl sagen!« meinte Ting Tse-tung. »War Herr Tsching nach solchen Besuchen betrunken?«
    »Nie!« sagte der Mongole. »Er war nur besonders fröhlich.«
    »Natürlich! Aber gestern muß eine Ausnahme gewesen sein. Vielleicht ist er mit einem Taxi …«
    »Zu Hause ist er nicht. Wir haben angerufen.« Der Chauffeur schüttelte den Kopf. »Herr Tsching würde nie mit einem Taxi fahren. Nie! Es muß etwas Schreckliches passiert sein.«
    »Bloß das nicht!« sagte der Polizeichef leise. »Ausgerechnet Tsching Hao-jih! Das stellt ganz Hongkong auf den Kopf!«
    »Hier scheint sich in letzter Zeit einiges verändert zu haben«, sagte Ting nachdenklich. »Bei McLindlay wird auf Yang geschossen – etwas, was bisher undenkbar war –, und jetzt verschwindet Tsching, sein bester Freund und Geschäftspartner, spurlos aus einem Puff!«
    »Sehen Sie da einen Zusammenhang?« fragte der Chef erschrocken.
    »Ich werde es recherchieren, Sir.«
    »Aber bitte mit Fingerspitzengefühl, Ting!«
    »Ob ich damit weiterkomme …«
    »Es handelt sich um die höchste Prominenz von Hongkong! Ihr Einfluß ist überall …«
    »Der hört auf, wenn der Körper im Meer treibt«, sagte Ting trocken. »Ich sehe mich um.«
    Madame Yo, die aus dem Bett geholt wurde, berief sich auf ihre weitbekannte Diskretion. Doch als Ting drohte, ihr Lokal zu schließen, sagte sie aus, daß Herr Tsching sehr lebendig und erfreut von den guten Diensten des Hauses gegen ein Uhr nachts gegangen sei. Mehr könne sie nicht wissen. Ihr Interesse höre an der Haustür auf.
    Ting sah das ein und verließ das Bordell mit der Ahnung, daß der mächtige Tsching – falls er noch lebte – in großen Schwierigkeiten war. Sollte es eine Erpressung werden, würde man bald davon hören.
    Ting irrte nicht: Tsching war in großen Schwierigkeiten.
    Kapitän Koon Lung-tse hatte seinen Fährbetrieb eingestellt und dem Hafenamt von Kowloon telegrafisch gemeldet, daß er mit einem Maschinenschaden fest liege. Der Fahrplan müßte geändert werden. Da so etwas manchmal vorkam, wunderte sich niemand. Man überlud lediglich die anderen Fährdschunken und hoffte, daß sie das aushielten und nicht sanken. Das Meer spielte mit. Es war glatt, ruhig und friedlich.
    Tsching Hao-jih hatte angesichts der angespitzten Bambusstäbchen und des glühenden Kohlebeckens noch viel zu erzählen gehabt. Dr. Mei und Koon hörten mit erstarrten Mienen zu, und je mehr Tsching berichtete und glaubte, damit seinen Kopf zu retten, um so mehr starb er.
    »Wieviel Jungen und Mädchen habt ihr mit dem Rauschgas vergiftet?« fragte Mei.
    »Ich weiß es nicht. Es können Hunderte sein.«
    »Was geschah mit ihnen?«
    »Sie starben alle an dem Leberleiden. Wir brauchen doch für unsere umfangreichen Untersuchungen viele Kontaktpersonen. So konnte im Laufe von vier Jahren das Gas so verbessert werden, daß es seine heute bekannte Wirkung bekam.«
    »Wer hat die Unterlagen über das Gas?«
    »Mr. McLindlay und der Chefchemiker. Ja, und Dr. Wang An-tse.«
    »Er auch?«
    »Er ist über alles unterrichtet und war immer als ärztlicher Ratgeber dabei.«
    »Warum ist auf Yang geschossen worden?«
    »McLindlay liebt sie wahnsinnig, aber sie lachte ihn nur aus. Er schwor, jeden umzubringen, den Yang lieben würde.«
    »Den Bauingenieur …« sagte Mei hart.
    »Ja. McLindlay ließ ihn vom Gerüst stoßen.«
    »Und jetzt schießt er auf Yang selbst.«
    »Nein.« Tsching grinste breit. »Das war Betty Harpers. Er weiß es noch nicht. Sie hat von einem kleinen Balkon über der Terrasse aus geschossen und war schnell wieder bei den Gästen, als die Panik voll ausbrach. Das habe ich herausgefunden.«
    »Was wolltet ihr mit Dr. Merker?«
    »McLindlay wollte ihn lebend, um zu erfahren, ob es wirklich ein Gegenmittel gegen das Gas gibt. Er wollte das auf zweierlei Art erreichen: Einmal als Freund, dem er sogar seine Betty opfert … einmal als Feind, der Dr. Merker kaltstellt und ihn zur Preisgabe des Geheimnisses zwingt.«
    Tsching blickte auf die Bambusstäbchen. Das ist nur der erste Grad, dachte er. Es gibt viel wirksamere Fragemethoden. »Dr. Merker hätte unsere Fragen nicht ausgehalten und hätte geredet …«
    »Das glaube ich sofort!« sagte Dr. Mei angewidert. »Weiß McLindlay, daß Yang und Dr. Merker ein Paar sind?«
    »Jetzt ja. Das änderte plötzlich alles.
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